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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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etwas von dieser Welt in sich tragen, immer damit verbunden sein würde, selbst wenn sie die Erinnerung daran vollkommen verlieren sollte.
    Sie merkte, dass sie bisher die Augen geschlossen gehabt hatte. Seit ihrem Unfall, die ganze Zeit über. Was sie gesehen hatte, war wie ein Film abgelaufen, den jemand auf die Innenseiten ihrer Lider projizierte.
    Jetzt öffnete sie die Augen.
    Es gab viel Weiß. Geschwungene Muster und harte Muster. Die geschwungenen stellten offenbar Schläuche dar. Sie folgte ihnen, und sie reichten bis in ihre Arme hinein. Das war schön, irgendwie, aber kein Vergleich zu dem, was sie in dem letzten Zimmer auf Schloss Falkengrund gesehen hatte.
    Zwei Männer beugten sich über sie. Sie schwitzten. Ihre Mienen waren ernst. Aber in ihren Augen blitzte etwas wie Erleichterung auf.
    „Herztöne regelmäßig“, sagte der eine mit belegter Stimme. Er hatte hübsche blonde Augenbrauen. „Ich glaube, sie ist wieder ganz da.“
    „Ich bin da“, wollte sie sagen. Es blieb nur ein undeutliches Brummeln hinter ihren geschlossenen Lippen, wie wenn man im Schlaf redet. Aber die Männer schienen es zu verstehen, denn sie lächelten beide. Dann konnte Melanie sehen, wie sie ein Gerät zur Seite stellten, das sie offenbar eben noch benutzt hatten.
    Sie kannte es. So etwas hatte sie schon in Filmen gesehen. In Krimis und in Krankenhaus-Dramen.
    Es war eine Wiederbelebungsmaschine. Ein Defibrillator.
    Wissend sah sie auf ihre Brust. Sie war nackt, und erst jetzt deckten die Männer sie zu.
    Ihr Herz hatte für eine gewisse Zeit aufgehört zu schlagen.
    Melanie war tot gewesen. Und nun lebte sie wieder.
    Ein schwaches Lächeln war auf ihren Lippen, als sie, erschöpft von der Anstrengung, einschlief.

    ENDE DER EPISODE

    - - - - - - -

Nr. 28 -

Insider Joke

1
    Kaum saß er im Taxi, begann Professor Dr. Gebhard Schlier in seiner kleinen Reisetasche zu kramen. Zuerst bekam er seinen Sony PRS 350 in die Hand – er lag ganz oben, weil er ihn auf der Zugfahrt ausgiebig genutzt hatte. Erstaunlich, wie schnell man sich auch in fortgeschrittenem Alter noch an diese seltsame, holzfreie Art des Lesens gewöhnte …
    „Ihr Smartphone ist aber ein Hammer“, bemerkte der Taxifahrer mit einem Seitenblick, die Augenbrauen hochziehend. Er war ein südländischer Typ, freundlich, wenn auch für den Geschmack des Fahrgastes ein wenig zu nervös mit dem Gaspedal.
    „Das ist kein Smartphone“, korrigierte Schlier. „Ein eBook-Reader ist das.“ Es bereitete ihm sichtliche Genugtuung, den dreißig Jahre jüngeren Mann aufs Laufende zu bringen. Der Lehrer in ihm ergriff sofort die Kontrolle: „Sehen Sie … Hier wählt man den Text aus, hier kann man die Schriftgröße verstellen, und ich zeige Ihnen gleich noch, wie man ein Lesezeichen setzt. Moment, das müsste … gerade hat’s noch funktioniert … Wo ist jetzt das … meine Finger sind zu dick für dieses …“
    Da der Fahrer kein Interesse zeigte, steckte der Professor das Gerät wieder ein. Eigentlich hatte er etwas anderes gesucht – die Digitalkamera. Ja, da war sie, allzeit bereit für ein paar Fotos. Belanglose Landschaftsaufnahmen würden es werden, sicher, aber sie waren ohnehin eher als Scherz gedacht und würden seine Vorlesung auf ihre Weise bereichern.
    Seine letzte Vorlesung.
    Anfang des nächsten Jahres würde er seinen 65. Geburtstag begehen und mit einer angemessenen kleinen Feier aus dem Universitätsbetrieb ausscheiden. Dem Termin sah er mit Unsicherheit entgegen, denn Perspektiven für die Zeit danach hatte er noch keine entwickelt. Er war alleinstehend, kinderlos, und das Beenden seiner Lehrtätigkeit würde ihn mit einem Schlag von einem aktiven Akademiker im besten Alter in einen einsamen alten Pensionär verwandeln. Da halfen alle gut gemeinten Euphemismen wie „Best Ager“ oder „Generation Gold“ nichts. Er wusste, ihm würde nichts Klügeres einfallen als zu lesen und zu lesen, dabei hatte er in den letzten Jahren immer öfter das Gefühl, schon mehr als genug gelesen zu haben. Bücher, die ihn noch überraschen konnten, gab es auf diesem Planeten keine mehr.
    Auch diese Serie, für die er sich eigens dieses moderne Lesegerät gekauft hatte, riss ihn nicht vom Hocker. Dass er sie überhaupt über mehr als zwanzig Nummer hinweg verfolgte, lag ausschließlich an seinem trotzigen Vorhaben, die letzte Lehrveranstaltung seines Lebens einmal nicht mit den großen Klassikern zu füllen. „Phantastische Literatur im 21. Jahrhundert“

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