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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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mit, er bekam das Bein nicht hoch genug. Er brauchte etwas, um sich darauf zu stellen. Der Nachttisch! Zum Glück war er nicht fest mit dem Bett verbunden, sondern ließ sich quietschend und knarrend vor das Fenster zerren.
    „Der Hund“, röchelte Lentje. „Der Hund ist … ein … ein …“
    Gebhard kletterte mit einem Stöhnen auf den Tisch.
    „Wo willst du denn hin, mein Sohn?“, fragte der alte Eike ungerührt. „Du kommst ja doch nicht weit.“
    Und ob er weit kommen würde! Der Professor warf einen letzten Blick nach hinten, sah Lentje, die schon wirkte wie tot, und den Bauern, der sich ihm in gemächlichem Tempo näherte. Während Gebhard sich aus dem Fenster wuchtete, stieß er gleichzeitig mit den Füßen den Nachttisch um. Dieser kippte und prallte dem Bauern gegen die Knie.
    „Auauau!“, heulte dieser. „Junge, so was kann ich aber gar nicht ab.“
    Der Professor war frei. Ungeschickt rutschte er aus dem Fenster, fiel auf eine Drahtspule, schlug sich den Ellbogen an und rappelte sich auf. Mittlerweile war die Dämmerung weiter fortgeschritten, und im ersten Moment fehlte ihm jede Orientierung. Dann erhaschte er am Ende eines schmalen Durchgangs zwischen Haus und Schuppen einen Blick auf das Auto. Ganz bestimmt würde der Schlüssel nicht stecken, nie im Leben würde er das, aber der Professor würde es sich nie verzeihen, wenn er nicht wenigstens nachsah. Beim ersten Versuch war er von benzingefüllten Wellensittichen davon abgehalten worden – jetzt würde ihn nichts abhalten, was ihn nicht umbrachte!
    Er fiel über eine rostige Stange, fing sich wieder, preschte auf den Lieferwagen zu. Ein schmutziggraues Ding, abweisend und kalt, voller Schrammen. Den Türgriff zu probieren bedeutete, an das Gute in der Welt zu glauben, an Gott und an die Gerechtigkeit oder wenigstens an ein bisschen Glück. Noch während er nach dem Griff tastete, warf er einen Blick in die Runde und überlegte, in welche Richtung er rennen sollte. Rennen, nicht fahren.
    Und rennen würde er.
    Der Griff ließ sich nicht drücken, die Tür schwang nicht auf. Es wäre auch zu schön gewesen.
    Gebhard lief zum Zaun, und anstatt sich noch einmal darüber zu hieven, verpasste er den morschen Latten ein paar kräftige Tritte. Sie barsten, wie sie sollten, und es war eine unbeschreibliche Genugtuung, wenigstens eine Handvoll Dinge auf diesem Hof kaputtzumachen. Professor Gebhard Schlier als tobender Vandale – seine Studenten hätten Augen gemacht!
    Zwei Dinge konnte er jetzt tun: entweder querfeldein ins Nichts laufen und einen weiteren Hof suchen oder zum Flugzeugwrack zurückkehren. Die erste Möglichkeit wäre unter normalen Umständen vielleicht die vernünftigere gewesen. Doch ihn beschäftigte nicht nur die Ungewissheit, ob im Umkreis von einigen Kilometern überhaupt Menschen siedelten. Falls es da draußen irgendwo einen nächsten Hof gab – was würde ihn dort erwarten? Wieder etwas, worüber er gar nicht, aber andere umso mehr lachen konnten? Unter diesen Umständen schien es sinnvoller, es noch einmal mit dem Wrack zu versuchen. Wenn es bisher nicht in Flammen aufgegangen war, würde es das wohl auch in den nächsten Stunden nicht tun. Es bestand zumindest eine theoretische Chance, dass von den Handys der Fluggäste eines weder abgeschaltet noch defekt war. Wenn er die Tür zum Cockpit öffnen konnte, würde er vielleicht sogar mit dem Funkgerät klarkommen.
    Ein Lichtpunkt am Himmel zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er wanderte in einer krummen Linie übers Firmament. Ein Suchhubschrauber? Es war ihm, als könne er in der Ferne Motorengeräusche ausmachen.
    Als der Lichtpunkt abdrehte, ging Gebhard zügig los. Den Weg zur Absturzstelle würde er finden, auch wenn die Nacht sich mit Riesenschritten näherte. Ein paar einzelne Bäume dienten ihm als Landmarken. Während er lief, wandte er sich immer wieder um. Niemand schien ihn zu verfolgen. Zu Fuß hatte das liebenswerte Bauernpaar auch keine Chance, mit dem Lieferwagen jedoch würden Eike und Antje ihn bald eingeholt haben.
    Immer vorausgesetzt, die Wellensittiche hatten ihnen nicht das ganze Benzin weggetrunken …
    War das hier noch seine Welt? Wohl kaum. Irgendwo auf dem Weg hierher hatte er eine falsche Abzweigung genommen, in eine fremde Realität hinein, wahrscheinlich nicht erst beim Besteigen des Flugzeugs nach Amsterdam, sondern schon bei seinem Abstecher nach Falkengrund. Ja, vielleicht hatte er von Anfang an die falschen Schlüsse gezogen! Was, wenn es

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