Meleons magische Schokoladen
Luft war mild und roch angenehm herbstlich, genau richtig für einen gemütlichen Abendspaziergang.
Zwei Straßen weiter betrachtete sie eben einen hübsch dekorierten Hut in der Auslage, da sah sie eine Katze im Fenster gespiegelt. Eine sehr große Katze. Sie betrachtete die Spiegelung, ohne sich umzudrehen. Ein Kachmar konnte es nicht sein, denn das helle Fell hätte auch jetzt nach Sonnenuntergang nicht so dunkel gewirkt. Also war es wohl ein Dashân. Folgte ihr Meleon? Oder ließ er ihr folgen?
Die Raubkatze trat aus dem Schatten der gegenüberliegenden Gasse ins Laternenlicht hinaus.
Isabell drehte sich um.
Das Tier war schwarz.
Ein schwarzer Panther.
Sofort zog es ihr den Magen zusammen.
Meleon hatte niemals schwarze Sekoy gemacht. Sie waren alle entweder weiß, cremefarben oder trugen eine Braunschattierung.
Gelbe Katzenaugen leuchteten auf. Der Panther schlug angriffslustig mit dem Schweif.
Isabell machte einen Schritt zur Seite.
Der Panther duckte sich.
Jetzt nicht rennen!
Raubkatzen waren schneller als Menschen.
Aber würde das Tier sie in Ruhe lassen, wenn sie einfach ganz still stehen blieb?
Isabell bezweifelte es.
Geduckt kam der Panther näher.
Dann entdeckte Isabell eine zweite schwarze Raubkatze, die sich von der anderen Seite näherte.
Ihr Mund wurde trocken.
„Wenn Meleon sie schickt, reiße ich ihm den Kopf ab“, dachte sie, und dabei war sie vollkommen sicher, dass diese Sekoy nicht von Meleon kamen.
Sie bemühte sich, so wenig wie möglich den Kopf zu drehen, während sie ihre Umgebung musterte, um einen Fluchtweg zu finden. Hinter ihr war die abweisende Ladenfront. Neben ihr mündete ein Gässchen, in dem zwei Raubkatzen sie schnell einholen und stellen würden. Auf der anderen Seite verlief die mäßig beleuchtete, gerade Straße, die nicht die geringste Deckung bot. Und sie hatte nichts bei sich, was dazu dienen konnte, die Tiere von sich abzuhalten.
Ihr wurde kalt.
Als plötzlich etwas neben ihr aufleuchtete, hätte sie beinahe geschrien. Es flirrte und surrte wie eine höllische Konstruktion, drehte sich im Flug rasend schnell um die eigene Achse und schoss unvermittelt auf die nähere der beiden Raubkatzen zu.
Das Tier maunzte und machte einen Satz in die dunkle Gasse. Dann kamen zwei weitere Lichtbälle über das Dach, sanken an der Hausfront abwärts und machten sich gemeinschaftlich auf die Jagd nach dem zweiten Panther.
Isabell bekam vor Aufregung kaum Luft.
Sie überlegte noch, ob sie in die Gasse flüchten sollte, da kam von links etwas angezischt, das ihr Herz noch heftiger pochen ließ. Im ersten Augenblick hielt sie es für einen riesenhaften Vogel, denn sie meinte, große Schwingen schlagen zu sehen. Dann begriff sie, dass es ein weites Gewand war, das vom Wind gepeitscht wurde.
Obwohl sie Meleon erkannte, drückte sich Isabell gegen die Glasscheibe der Auslage, so unheimlich war sein Anblick. Er stand aufrecht, während es ihn schnell durch die Luft bewegte. Erst als er sacht neben ihr aufsetzte, sah sie, dass er auf einer Scheibe stand, in deren Mittelpunkt ein Stab mit kugeligem Ende aufragte.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er scharf.
Isabell nickte und zeigte in die Gasse gegenüber.
„Panther“, brachte sie heraus. „Zwei. Und Lichtkugeln…“
Meleon pfiff.
Darauf kam eine der Lichtkugeln zu ihm.
Er sagte etwas in seiner Sprache und die Kugel schaukelte vor Isabell in der Luft.
„Sie beschützt dich. Warte hier!“, sagte er, stieg wieder auf die metallisch glänzende Scheibe, fasste den Stab und es hob ihn in den Nachthimmel. Aufrecht stehend, aber drei Meter über dem Boden, so schoss er in die Gasse hinein.
Später, zu Hause in ihrem Bett, kam es ihr unwirklich vor. Meleon, der so zornig zurückgekehrt war, wie sie ihn nie gesehen hatte, und der gleichzeitig so sanft gefragt hatte, ob er sie nun wohl nach Hause bringen dürfe. Und dann die Fahrt – oder wie sollte sie es nennen? – auf der glänzenden Scheibe, die Hände um den Mittelstab gekrampft, während Meleon sie gehalten hatte. Der Wind auf ihrem Gesicht. Die Dächer unter ihr. Meleons wild tanzendes Gewand.
Schlaf fand Isabell nicht. Weit nach Mitternacht stand sie auf, schlich in die Küche hinunter und fachte das Feuer im Herd an. Gegen sechs Uhr morgens standen acht kleine Schokoladenpasteten auf einem Blech und Isabell schlief fest, den Kopf auf einem Küchenhandtuch und die Arme um die kupferne Rührschüssel geschlungen.
So fand sie am Morgen die Köchin und
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