Meleons magische Schokoladen
politischen Entwicklungen bekannt machen. Das wird die Laune nicht heben.“
Unerwartet ließ er seinen Kopf auf ihre Schulter sinken.
„Willst du in all dieser Wirrnis mein Halt und meine Stütze sein?“, fragte er.
Isabell fühlte sich ungeschützt getroffen. Sie kannte Meleon als drängend, stark und eingenommen von sich selbst, und war nun unerwartet gerührt von der Hilflosigkeit, die in seinem Ton mitschwang.
Leider war ihm zuzutrauen, dass der Effekt aufs Genauste berechnet war.
„Wie könnte ich das?“, fragte sie leise. „Ich verstehe so wenig von alldem.“
Er nahm ihre Hand.
„Indem ich dich neben mir weiß“, sagte er.
„Ich bin neben dir“, erwiderte sie schroff.
„Für immer?“, fragte er mit einem Augenaufschlag, der wirklich nicht zu ertragen war.
Isabell seufzte. Sie kam sich vor, als wolle ihr das Korsett die Luft abschnüren.
„Es ist ungebührlich, wie du deine Kräfte einsetzt“, sagte sie vorwurfsvoll.
Meleon streifte ihren Handrücken mit den Lippen.
„Diese Kräfte sind ganz und gar keine Zauberei“, behauptete er. „Sie stehen grundsätzlich allen Liebenden zur Verfügung.“
„Hast du deine erste Frau auch so umworben?“
Sie hoffte, ihn damit aus dem Konzept zu bringen, doch er lächelte.
„Ich bin froh, dass du es so formulierst, denn es lässt hoffen, dass du dich mit dem Gedanken anzufreunden beginnst, Meleons zweite Frau zu werden. Im Übrigen habe nicht ich um sie geworben, sondern sie hat es sich in den Kopf gesetzt, mich zu heiraten. Der König war davon anfangs wenig entzückt, hat dann aber sein Einverständnis gegeben, weil Lilya am Ende immer bekam, was sie wollte.“
„Und du? Du wolltest sie nicht? Eine Prinzessin?“
Er sah sie an.
„Uh, ich war nicht verliebt. Lilya war nicht die hübschere der beiden älteren Prinzessinnen, dazu von sehr bestimmendem Wesen und berühmt für ihren kostspieligen Lebenswandel. Drei Monate lang war unsere Ehe eher eine Reihe von Scharmützeln. Eines Abends standen wir am offenen Fenster, wollten uns wie üblich angiften, der Mond schien, Grillen zirpten und die Wiesen wirkten bläulich und da wurde aus dem Streit etwas anderes. Danach haben wir eine siebenjährige Ehe ohne ein böses Wort geführt, drei Kinder gehabt, und die Zukunft schien auf goldverbrämten Wolken heranzuziehen. Aber innerlich waren diese Wolken schwarz wie Ruß und Asche.“ Er hielt Isabells Hand so fest, dass es weh tat. „Ich werde nicht erzählen, wie ich in eine Halle hastete, in der alles brannte und… Lilya fand. Die Wiege…“
Er senkte den Kopf und Tränen fielen auf Isabells Hand.
Bestürzt schlang sie die Arme um ihn.
Er stand ganz still, das Gesicht gegen ihre Schulter gepresst. Nach einer Weile machte er einen Schritt rückwärts, wischte sich mit dem Ärmel die Tränen fort und fragte: „Ist Schokolade im Haus?“
Sie nahm ihn an der Hand und führte ihn in die Küche. Dort gab es handelsübliche Blockschokolade, die Meleon mit sichtlichem Grausen betrachtete.
„Das nennst du Schokolade?“
„Das ist eben das, was unsere Köchin vorrätig hält.“
„Erinnere mich daran, dir einige Pfund von meiner Schokolade für euren Haushalt mitzugeben! Und nun lass uns das Beste daraus machen!“
Er schmolz die Schokolade im Wasserbad und bearbeitete sie dann lange mit dem Schneebesen, jedoch ohne zu schlagen. Vielmehr bewegte er den Schneebesen sacht und gleichmäßig, zog ihn in einem Bogen nach oben, ließ ihn wieder eintauchen und wiederholte das unermüdlich, bis er endlich zufrieden war. Dann trennte er Eier, schlug Eiweiß steif, bestreute es mit ein wenig Mehl und Salz, arbeitete Zucker unter, dann die geschmolzene und nun fast erkaltete Schokolade und goss alles in Ramequinförmchen. Als sie nebeneinander in einer mit Wasser zur Hälfte gefüllten Backform im Herd standen, fragte Isabell: „Wie kommen deine Schokoladen denn nun zu ihrem Schmelz? Indem du sie rührst und rührst?“
Meleon nickte.
„Gewissermaßen. Aber die Prozedur verlangt viel Geduld, die richtigen Schaufelblätter, eine gleichmäßige Temperatur und natürlich Zeit. Schneebesen eignen sich eigentlich recht wenig dazu. Die Schokolade muss mit Luft in Berührung kommen und dabei unermüdlich bewegt werden. Keinesfalls darf die Masse schaumig werden. Geht man zu hastig vor, entstehen Bläschen. Das darf nicht geschehen.“
„Du erzählst es mir also?“
Meleon nickte. Dann küsste er sie ganz vorsichtig auf den Mund.
„Wirst du mich
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