Meleons magische Schokoladen
klappte. Dann stand Prinz Florindel auch schon mitten im Zimmer.
„Ich bedauere die Störung“, sagte er. „Aber ich glaube, ich habe eben durchs Fenster eine Raubkatze gesehen.“
Meleon ließ Isabell los.
„Seid Ihr sicher?“
„Nun, es war eine Katze, so groß, wie sie hier nicht vorkommen, jedenfalls nicht auf diesen Breitengraden. Und sie war schwarz.“
Meleon atmete konzentriert ein, riss die Faust hoch und kurz darauf zischte einer der Lichtsphären am Fenster vorbei.
„Wenn es so sein sollte, wird dieser Sekoy seine Keckheit bereuen. Leider ist er nicht erste, den wir hier zu Gesicht bekommen. Man scheint entschlossen, uns auch aus unserem Exil zu vertreiben, vielleicht sogar zu stellen.“
Florindel nickte.
„Und genau das sage ich meinem Vater bereits seit sieben Monaten.“
„Und was erwidert Euer Vater, wenn Ihr dieses Thema anschneidet?“
Prinz Florindel war Isabell einen schnellen, abschätzenden Blick zu.
„Nun, wir sprachen ja schon einmal darüber, dass wir gedenken, uns hier dauerhaft niederzulassen, fürs Erste den deutschen Kaiserthron zu besteigen …“
Isabell starrte ihn an.
„Natürlich erst, wenn wir gewissermaßen etabliert sind“, ergänzte der Prinz liebenswürdig.
Meleon schüttelte den Kopf.
„Davon kann bisher keine Rede sein, Hoheit. Außerdem habe ich meine diesbezüglichen Bedenken bereits vorgetragen.“
„Meine Idee war es ja nicht“, sagte Prinz Florindel. „Mir wäre eher danach, mein Glück auf den südlichen Kontinenten zu suchen. Kaffeeanbau könnte mich reizen. Und ich meine, auch Kokosnüsse könnten langfristig durchaus einige Gedanken wert sein. Dann wäre da natürlich auch die Möglichkeiten, Kakaoplantagen aufzukaufen…“
„Man kann diese Welt nicht beherrschen, indem man den Nachschub an Schokolade kontrolliert“, sagte Meleon. „Habe ich Euch darauf nicht das eine oder andere Mal hingewiesen?“
Der Prinz lächelte schlau.
„Ich habe mich kundig gemacht. Diese Welt besitzt eigentlich gar keine Monarchien im eigentlichen Sinne mehr. Die Staaten sind Plutokatien. Kurz gesagt: Wer Geld hat, der hat die Macht. Ich will die Macht. Folglich werde ich Geld anhäufen. Soweit könnt Ihr mir gewiss folgen.“
Meleons Spott war nicht zu überhören, als er fragte: „Und womit gedenkt Ihr dieses Geld zu machen, Hoheit?“
„Wirtschaft. Handel. Kaufmännische Eroberungen“, sagte Prinz Florindel lässig.
„Handel womit? Mit Dachsparren und Kanthölzern?“
„Nein. Ich denke, als Zimmermannsgeselle habe ich genügend Erfahrungen gesammelt. Ich werde mich vielmehr mit der Herstellung von Produkten und ihrem Vertrieb beschäftigen.“
„Wovon?“, fragte Meleon, der die Antwort anscheinend schon kannte und immer ungehaltener wirkte.
„Nun, von Schokolade eben“, sagte der Prinz. „Diese Welt kennt nur raue und wenig schmackhafte Schokoladen, doch mit geeigneten Walzwerken…“
„Nein“, sagte Meleon knapp.
„Und weshalb nicht?“, fragte der Prinz überfreundlich.
„Weil das magisches Wissen ist, das Euch nicht zusteht, und das nicht in einem Wirtschaftsbetrieb zur Anwendung kommen wird.“
„Und Euer eigener Laden?“, fragte Florindel, womöglich noch freundlicher.
„Das ist meine Sache.“
„Ist es nicht“, entgegnete der Prinz. „Ich erkläre hiermit, dass ich eine Handelsgesellschaft gründen werde, die sich mit dem Einkauf, der Verarbeitung…“
„Shediramach!“
„Na, na, nicht unhöflich werden! Immerhin bin ich ein Prinz und so weiter“, sagte Florindel, der aussah, wie jemand, der einen Sieg errungen hat.
Meleon ließ eine längere Bemerkung in seiner Sprache folgen, nach der Florindel nicht mehr so gelassen wirkte. Hocherhobenen Hauptes verließ er das Zimmer.
„Na, so ein kleines Luder!“, murmelte Meleon. „Aber warte, dir werde ich diese Flausen schon austreiben!“
Er sank in einen Sessel und brütete dort vor sich hin, bis Isabell sich neben ihm auf die breite Lehne setzte.
„Wie gefährlich ist das alles wirklich?“
Er sah zu ihr auf.
„Möchtest du schon von unserer Verlobung zurücktreten?“, fragte er und zog sie zu sich, sodass sie das Gleichgewicht verlor und in seinen Armen landete. Ehe sie sich aufrichten konnte, hatte er sie umschlungen und küsste ihren Hals. „Das wäre klug, weißt du“, murmelte er. „Denn du hast recht: Es ist gefährlich. Zwischen Fisary und Königshaus könnten wir leicht zerquetscht werden.“
Isabell entwand sich ihm, kam auf die Füße
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