Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
aufwachte, musste ich stark an meinen Kumpel Sebastian denken. Er schuldet mir noch einen Gefallen. Wecke bitte Miranda auf, wir müssen jetzt frühstücken und dann fahren wir beide los.“
„ Ich verstehe nicht. Wo fahren wir beide hin?“
„ Nicht du, Miri und ich!“
„ Aber sie muss doch zur Schule.“
„ Hol´ sie bitte und dann sprechen wir beim Frühstück darüber.“
Nun war ich doch etwas beunruhigt und spürte ein leises Ziehen in der Magengegend. Was hatte er vor? Ich ging nach oben, weckte unsere Tochter und zog mich im Bad an.
„ Mama, wieso ist Papa noch zuhause?“, fragte Miri mich durch die Badezimmertür.
„ Das sagt er uns gleich beim Frühstück.“
„ Mama?“
„ Ja, mein Schatz?“
„ Danke, dass ihr mich gestern aufgehalten habt.“
Halbangezogen wie ich war, schloss ich eilig die Badezimmertür auf und zog Miri in meine Arme. Ein ganz warmes Gefühl durchströmte mich und ich wiegte meine Tochter sanft hin und her. „Liebes, bitte versuche so was nie wieder. Weglaufen ist keine Lösung. Du hast uns eine Heidenangst gemacht, es wäre so furchtbar, dich zu verlieren. Wo wolltest du eigentlich hin, und auch noch mitten in der Nacht?“
„ Ich wusste es selber nicht“, flüsterte sie, gab mir einen Kuss auf die Wange und entzog sich dann behutsam meiner Umarmung.
Als ich bald darauf in die Küche kam, saß Miri mit strubbeligen Haaren und entspannt am Tisch. Sie ließ es sich gut schmecken und beträufelte ihren Pfannkuchen dick mit Ahornsirup. Robert schenkte uns allen Kaffee ein, schlang zwei große Pfannkuchen herunter und legte sich seine Worte zurecht. Ich konnte richtig sehen, wie es in ihm arbeitete und war gespannt auf seinen Plan. Er trank einen großen Schluck Kaffee, räusperte sich und legte die Hände verschränkt auf den Tisch.
„ Ich werde euch jetzt etwas sagen. Melissa, bei dir entschuldige ich mich gleich vorneweg, denn ich habe diese Entscheidung ohne dich getroffen. Doch ich bitte dich um dein Vertrauen und Verständnis. Miri, hör gut zu. Wir haben jetzt gesehen und verstanden, wie groß deine innere Not ist und wollen dir helfen. Aber damit wir dir helfen können, musst du uns vertrauen und darfst keine Geheimnisse mehr vor uns haben. Mir ist klar geworden, dass du so nicht mehr weitermachen kannst. Und du musst auch heute nicht zur Schule und die nächsten Tage auch nicht.“
Ich holte tief Luft und wollte widersprechen, aber Robert winkte energisch ab und fuhr fort.
„ Heute werden wir beide wegfahren, du und ich. Ich will dir etwas zeigen, wovon ich glaube, dass es dich glücklich machen wird. Dein Leben soll eine neue Richtung einschlagen, aber es ist wichtig, dass du mitmachst und es selber willst. Eins ist sonnenklar, und ich will, dass du das verinnerlichst: Du ziehst kein Unglück an, und du trägst keine Schuld am Unfall deiner Großmutter und auch nicht am Streit deiner Eltern. Das haben alles die Erwachsenen zu verantworten.“
„ Aber wohin fahren wir?“, wollte sie wissen.
Robert setzte eine selbstzufriedene Miene auf und sagte: „Das ist eine Überraschung. Wenn du mit Frühstück fertig bist, dann bring deine gepackte Tasche von gestern zum Wagen. Meinetwegen pack noch mehr ein. Wir werden etwa eine Woche unterwegs sein.“
„ Cool!“
Sofort flitzte sie nach oben in ihr Zimmer und klaubte ihre Sachen zusammen.
„ Eine Woche? Wie soll ich das Herrn Reimann erklären?“
„ Schatz, was das angeht, vertraue ich deinem Einfallsreichtum. Und sag Matthias heute Abend bitte, er soll morgen gleich die Umzäunung der großen Obststreuwiese überprüfen und zur Not auch reparieren. Ansonsten weiß er, was er zu tun hat und kommt ohne mich klar.“
„ Ist dir nicht klar, welches Signal wir ihr geben? Nämlich, dass es in Ordnung ist, die Schule zu schwänzen? Schon wieder! Und dann soll ich auch noch den Lehrer anlügen. Bist du noch ganz bei Trost?“, fragte ich leise, in der Hoffnung, dass unsere Tochter mich nicht hörte.
„ Weißt du, auf dieses eine Mal kommt es nun auch nicht mehr an. Du hast doch gesehen, wie verzweifelt sie ist. Vielleicht sollten wir ihr sogar eine andere Schule suchen für das letzte Jahr. Denk mal drüber nach, ob nicht…“
„ Still, sie kommt.“
Miri kam mit ihrer Tasche die Treppe runtergesprungen und flitzte zum Auto. Dann lief sie noch einmal zurück, umarmte mich, dass mir die Luft wegblieb und flüsterte: Ich liebe euch.
Ich ging in den Vorgarten und winkte den Beiden hinterher, als
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