Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Mann, ein rothaariger Hüne, der wie ein direkter Nachkomme eines Wikingers aussah, ergriff charmant meine Hand und deutete einen Handkuss an.
„ Gestatten, mein Name ist Sebastian Becker. Es freut mich, Sie kennenzulernen. Rob und Miri haben mir und meiner Frau viel von Ihnen erzählt.“
„ Ich freue mich auch, Sie kennenzulernen, Herr Becker. Möchten Sie hereinkommen und mit uns zu Abend essen?“ Ich machte eine einladende Geste und ging voran. „Sagen Sie, sind das ihre Lamas? Und warum sind die Tiere hier?“ Bevor er antworten konnte, platzte meine Tochter damit heraus: „Mama, keine Lamas, Alpakas! Und es sind nicht seine, sondern meine.“
Abrupt blieb ich stehen und Sebastian wäre mir fast auf die Hacken getreten. Geistesgegenwärtig und leichtfüßig sprang er beiseite und fand das alles anscheinend sehr amüsant, denn er grinste bis über beide Ohren und ging dann Robert entgegen, der auf uns zuschlenderte.
„ Miri, was soll das heißen? Ich bin verwirrt. Wieso deine Alpakas? Und warum habt ihr tagelang nichts von euch hören lassen?“
„ Ach, das kann Papa dir erklären. Ich bin am Verhungern. Hast du was Schönes zu essen heute Abend?“
Mein Magen knurrte auch, denn ich hatte das Mittagessen vergessen. Oh je, und das Einkaufen auch! Es war kaum was im Haus, außer Gemüse. Inzwischen hatte mein Mann zu uns aufgeschlossen und umarmte mich zur Begrüßung. „Schatz, schön dich wiederzusehen. Geht es dir gut?“
Die ehrliche Antwort hätte Nein gelautet, denn es ging mir alles andere als gut. Ich war irgendwie verärgert und fühlte mich überrumpelt. Aber ich war auch froh, Mann und Tochter wohlauf zu sehen und ich wollte nicht vor seinem Freund mein Innerstes offenbaren. In Roberts Augen las ich eine stumme Bitte um Verständnis, er hatte in der Tat ein schlechtes Gewissen mir gegenüber.
„ Ja, alles bestens. Lasst uns rein gehen. Möchte jemand Kaffee oder Tee?“
Während ich eine Kanne Kaffee kochte, bestellte Robert Pizza für alle, ich sollte nicht an diesem Abend kochen müssen, meinte er. Miri plauderte mit unserem Gast fachmännisch über die Tiere, die nun friedlich auf unserer Wiese grasten. Lebende Rasenmäher, schoss mir der Gedanke durch den Kopf.
„ Miri, holst du bitte Becher aus dem Schrank und Teller und Besteck für die Pizzen? Ich muss kurz was mit deinem Vater besprechen. Entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment, Herr Becker.“
Innerlich leise brodelnd verließ ich die Küche und fing Robert ab, der aus dem Wohnzimmer zurückkam. Ich hielt ihn auf und zog ihn in die Stube zurück. „Kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen, mein Liebster?“, knurrte ich leise. „Was hat das alles zu bedeuten? Warum hast du mich nicht angerufen? Kannst du dir vorstellen, wie das für mich war, nichts von euch zu hören? Tagelang nicht?“
„ Schatz, Liebling, sei nicht sauer. Bitte. Es tut mir ja auch leid, ich …“
„ Das sollte dir auch leidtun“, unterbrach ich ihn. „Ich hatte wirklich Angst. Selbst wenn du dein Handy zuhause vergessen hast, so hat doch sicher dein Freund Sebastian eines, mal ganz zu schweigen von öffentlichen Telefonen, die es gerüchteweise ja immer noch geben soll!“
Oh, ich glaubte es nicht. Er sah doch tatsächlich zerknirscht aus, in dem Moment als ich zuhause vergessen gesagt hatte!
„ Du hast es doch vergessen? Oder war das etwa Absicht?“
Robert blickte unfassbarer Weise beschämt zu Boden. „Das war Absicht, ich hatte Angst, du würdest mir meinen Plan ausreden.“
Ich holte tief Luft, und schwieg dann aber doch. Es verschlug mir regelrecht die Sprache, was nicht oft vorkommt.
„ Melissa, lass uns in die Küche zurückgehen, bitte. Ich brauche jetzt Kaffee und wir sollten Sebastian nicht allein lassen, das wäre unhöflich. Er hat so viel für Miri getan. Komm, wir erzählen dir alles.“
Eine dreiviertel Stunde später war ich voll im Bilde und pizzagesättigt, somit auch friedlicher gestimmt. Aber dennoch. Ob das alles so richtig war? Robert und Sebastian waren einen Deal eingegangen. Tausche Grundstück gegen Alpakaherde, könnte man zusammenfassend sagen. Er hatte ihm das alte Firmengrundstück, das wir als Lagerplatz nutzten, überschrieben. Es sollte verkauft werden und der Erlös mit dem Preis der Herde verrechnet werden. Roberts Idee bei der ganzen Sache war, Miri einen Lebensinhalt zu verschaffen, ihr eine echte Verantwortung zu geben. Die Tiere sollten ganz die ihren sein. Damit könnte sie sich für
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