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Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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später eine Existenz aufbauen. In den Ferien sollte sie zu Sebastians Familie fahren und dort das nötige Handwerk des Scherens, die Tierpflege und das Verarbeiten von Alpakawolle erlernen. Robert wollte ihr auch noch einen Webstuhl anschaffen, ebenfalls ein Spinnrad. Im Gegenzug hatte Miri sich verpflichtet, alles Nötige zu tun, den Hauptschulabschluss zu erreichen und die Verantwortung für die kleine Herde zu tragen. Mein Kind war Feuer und Flamme. Doch würde ihre Begeisterung tragfähig sein? Über Jahre hinweg? Andererseits … ihr Geschick mit Tieren war ihre hervorstechendste Fähigkeit.
    Sebastian erläuterte mir, dass Alpakas ein hervorragendes Investment wären. Eine trächtige, hochwertige Stute würde auf dem Markt zwischen 5000 und 10.000 € einbringen. Weibliche Jungtiere würden 3000 bis 5000 € einbringen, wenn sie gesund und zur Zucht geeignet wären und keine Makel wie zum Beispiel einen Knickschwanz hätten. Erstklassige Deckhengste wären noch wesentlich teurer als Zuchtstuten, und nur schwer zu bekommen. Wenn wir tatsächlich züchten wollten, dann würde er uns einen passenden Deckhengst gegen Gebühr vermitteln. Dann referierte er noch über die Unterschiede zwischen den Rassen Suri und Huakaya, über die Farben der Vliese, über das Scheren der Tiere und ihre Eigenschaften und Verhaltensweisen, Wörter wie „crimp“ und „curl“ fielen und irgendwann war mein Fassungsvermögen für diesen Abend restlos erschöpft. Ich winkte ab und sagte: „Ich sehe, ihr habt euch das alles sehr genau überlegt. Trotzdem ist mir nicht ganz wohl dabei, es kommt alles so plötzlich. Was brauchen die Tiere denn als Futter und müssen wir ihnen jetzt einen Stall bauen?“
    „ Mama, nein. Keinen echten Stall, nur einen Unterstand als Winterschutz. Sie kommen ursprünglich aus den Anden, weißt du? Da ist es sehr kalt, viel kälter als hier. Richtig hohe Berge! Die Alpakas fressen Gras, und im Winter bekommen sie Heu. Also, im Sommer auch, jeden Tag sogar zum Gras dazu, weil sie von Natur aus an trockene, karge Nahrung gewöhnt sind. Aber im Winter dann nur Heu, verstehst du? Sie brauchen auch Mineralstoffe und Selen. Mama, ich muss mich jeden Tag um sie kümmern und ihnen auch Wasser bringen. Papa sagt, ich wäre allein dafür verantwortlich. Wir müssen aber noch einen Sachkundenachweis erbringen, sonst dürfen wir sie nicht züchten oder halten. Sebastian sagte aber, das sei kein Problem. Ich weiß schon fast alles über sie! Mama, hast du gewusst, dass Alpakafohlen zu 95 % vormittags geboren werden? Das hat die Natur so eingerichtet, weil es nachts in den Anden so furchtbar kalt ist. Und sie können auch am ersten Tag schon laufen!“
    So lebendig hatte ich mein Mädchen lang nicht mehr gesehen. Sie hörte gar nicht mehr auf, mir ihr neues Wissen zu zeigen und redete ohne Punkt und Komma. Ich sollte meine Bedenken beiseiteschieben, dachte ich. Robert bemerkte, wie ich nun langsam meine Anspannung verlor, und er lächelte mich an.
    „ Es war ein langer Tag für uns alle, glaube ich. Miri, gehst du bitte nach oben und beziehst schon mal für Sebastian das Bett?“
    „ Ja, klar, Papa, mach ich gern. Und danach gehe ich noch zu meinen Tieren raus, ich will lieber noch einmal nach dem Rechten schauen. Und Mama, weißt du was? Es gab früher mal einen Spanier, der hieß Bernabe Cobo. Er hat gesagt Alpakas sind ein Geschenk der Wärme von Gott an den Menschen. Ist das nicht schön? Ich werde für dich eine Decke weben und einen Pullover stricken und später habe ich mein eigenes Geschäft und verkaufe Alpakakleidung. Hannah kann doch mitmachen, meinst du nicht auch?“
    „ Liebes, das klingt alles wunderbar.“ Ich drückte fest ihre Hand, als sie an mir vorbeiging. Während die Männer sich mit einem Bier in der Hand auf die Bank unter der Linde zurückzogen, räumte ich die Küche auf und befüllte den Geschirrspüler. Mit langsamen Bewegungen zerriss ich die Pizzapappen und entsorgte sie im Restmüll. Ich hatte wieder Kopfweh, und mir war auch irgendwie zum Heulen zumute. Ich hasste diese weinerliche Seite an mir mittlerweile, früher war ich nicht so empfindlich und irritierbar gewesen. Ob das schon die Wechseljahre waren? Vielleicht sollte ich wirklich mal einen Hormonstatus machen lassen. Schwindelig war mir auch öfter mal gewesen in letzter Zeit. Hm … ob das was zu bedeuten hatte?
    Ich sah durchs vordere Fenster, dass Robert und sein Freund, von dem ich bisher ja auch nichts gewusst hatte, was

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