Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
wüsste, mein Schatz, aber hast du gewusst, dass wir Babys bekommen?“, grinste ich, wahrscheinlich leicht debil wirkend. Nie wieder Rum am Morgen, Rum macht dumm.
„ Was? Aber Mama, dafür bist du doch schon viel zu alt! Papa, wie kannst du ihr das nur zumuten?“
Robert guckte verstört von den Briefen auf. „Was mute ich ihr zu? Entschuldige bitte, ich habe eben gar nicht wirklich zugehört, Hannah.“
„ Na, die Schwangerschaft! Und dann auch noch Zwillinge. Wann wolltet ihr uns das eigentlich sagen?“ Hannah wirkte wie eine streitsüchtige, vorwurfsvolle Schwiegermutter. Ich lachte vergnügt in mich hinein, als Robert in höchstem Maße verwirrt abwechselnd von einer zur anderen schaute.
„ Melissa“, sagte er mit dünner Stimme, „du bist schwanger?“
Jetzt gab es für mich kein Halten mehr und ich lachte und lachte, bis mir die Tränen kamen. Mühsam rang ich nach Luft und hielt mir den Bauch. Es war aber auch zu komisch. Beide schauten mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Naja, vielleicht hatte ich das sogar ein wenig. Mir sollte es recht sein, es fühlte sich toll an.
„ Nein, keine Angst, ich nicht, aber die Alpakadamen. Ihr beide solltet mal eure Gesichter sehen“, prustete ich.
Mit einem Eimerchen voll Pellets, angereichert mit Selen und Vitaminen für die Alpakas stapfte ich Tage später durch meinen verschneiten Kräutergarten. Gestern noch hatten die Schneekristalle eifrig gefunkelt und das Sonnenlicht reflektiert, dass es eine reine Wonne war für jeden, der Augen hatte zu sehen. Heute, am ersten Weihnachtsferientag, war es bitterkalt und der Himmel grau, schneeverhangen. Das herrliche Winterlicht drang nicht hinab zur Erde, was ich sehr bedauerte. Während ich mit einem Ruck das alte Holztor zur Streuobstwiese öffnete und hinter mir gewissenhaft schloss, flog mir unerwartet der Beginn einer kleinen Geschichte durch den Kopf, von einem neidischen Wolkengeist, der das Funkeln von Schneekristallen sah und auch so schön leuchten wollte, und deswegen dem Sonnenlicht den Weg versperrte. Vielleicht ließ sich daraus ein nettes Märchen spinnen? Ich musste jetzt nur noch wenige Cover und Illustrationen für den Verlagsauftrag anfertigen. Danach könnte ich mich wieder meinem eigenen Projekt einer Märchensammlung widmen. Ich sollte mal wieder mein Märchen vom Lavendelpferd und dem Roseneinhorn lesen, um in Stimmung zu kommen, weitere Märchen zu schreiben, dachte ich. Eigentlich könnte ich damit im neuen Jahr auch in den Kindergarten gehen und eine Vorlesestunde geben.
Für einen Moment blieb ich unter einem der alten Pflaumenbäume stehen und lauschte. Es war fast nichts zu hören, alle Geräusche wurden vom Schnee gedämpft. Es war, als wäre ich im Inneren einer Schneekugel gefangen. Längst hatten unsere Alpakamädels mich gesichtet, besser gesagt: den Eimer mit leckeren Pellets. Gemächlich gingen wir alle aufeinander zu und erfreuten uns an der Gegenwart des Anderen. Mensch und Tier, Tier und Mensch. Schön! Galadriel kam als erste zu mir und schnupperte zur Begrüßung an meinem Ohr, was sehr kitzelte. Sie fing an zu summen und machte diese herrlichen, typischen leisen Alpakalaute. Von meiner Hand nahm sie mit Begeisterung die Pellets und versuchte, mit ihrem Hinterteil die nachkommenden Huakayas wegzudrängen. Ihnen allen mit der nackten Hand durchs Fell zu streichen, war ein sensorischer Hochgenuss. Das Fell war trocken und weich, so herrlich weich und warm. Was hatte Miri am Tag der Ankunft noch gleich zitiert? Ich sann eine Weile nach und dann fiel es mir wieder ein: Alpakas sind ein Geschenk der Wärme Gottes an die Menschen. So, oder so ähnlich. Nein, das waren ihre Worte gewesen: …sind ein Geschenk der Wärme von Gott an den Menschen, korrigierte ich mich. Aber die erste Version gefiel mir auch. Warum sollte ich nicht „Gottes Wärme“ in dieser Wolle fühlen? Alle Tiere bekamen jetzt ihren gerechten Anteil an Pellets, darauf achtete ich gewissenhaft.
„ Und, Luna und Daisy, schon aufgeregt, weil ihr Mamas werdet?“ Ich kraulte ihnen kräftig den Nacken. „Hm, hmmh“, antworteten sie mir. „Na, dann ist es ja gut. Ich war auch sehr aufgeregt damals, wisst ihr? Das ist eine große Sache, dieses Mama-Werden. Es könnte ein wenig eng für euch alle werden, hier auf der Wiese. Vielleicht müssen wir euch ein wenig Land hinzukaufen. Ich werde mal den Nachbarn fragen, dem das Feld nebenan gehört. Was haltet ihr davon?“ Sie machten weiterhin ihre
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