Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Bestätigung. „Gern, und würden Sie bitte Miranda einen Gruß ausrichten?“
Oh. So direkt! Er gab also offen zu, dass er sie kannte, zumindest beim Vornamen. Jetzt nickte ich bestätigend und hätte ihn fast gefragt, ob ich ihr auch einen Kuss „ausrichten sollte“, aber zum Glück konnte ich mich bremsen. „Ja, sicher doch. Das werde ich gerne tun.“
Mister Heuträger lächelte mich jetzt entwaffnend an und sagte doch tatsächlich: „Sie müssen Mirandas Mutter sein, ich sehe die Ähnlichkeit. Dasselbe schöne Lächeln.“
Oha. 5.) gefährlich charmant! Er war schon fast am Zaun angekommen, da rief ich ihm nach: „Und von wem genau soll ich ihr einen Gruß ausrichten?“
Er lachte und rief: „Von Ramon!“, und fuhr dann weg.
Ramon? Ein spanischer Name für den Prototyp eines Apollon? Da hatten die Eltern aber völlig danebengegriffen in ihrer Namenswahl. Bevor ich mir hier außer einigen Informationen über das Liebesleben meiner Jüngsten auch noch Eis-Füße und den sicheren Tod holte, drehte ich auf der Stelle um und stapfte über die Weide durch den Kräutergarten zum Hintereingang des Hauses. Ich ging, nachdem ich mir die Stiefel von meinen erstarrten Füßen gezerrt hatte, direkt in die Küche, um Kakao zu kochen. Da wir alle zuhause waren, kochte ich gleich zwei Liter, und schlug auch einen Becher Sahne steif, um das Getränk zu perfektionieren. Ach, ich mochte den Winter! Er gab mir Gelegenheit, in heißen, nahrhaften Getränken zu schwelgen. Es dauerte nur kurze Zeit, bis der köstliche Duft meine Familie in die Küche lockte.
Miri rief: „Ich hole uns die Becher raus.“ Hannah holte die Keksdose aus dem Schrank und stellte sie geöffnet auf den Tisch. Eine Familie von Schleckermäulern, es war nicht zu leugnen. Robert suchte die Schokoladenstreusel hervor, die auf die Sahnehaube gehörten. Ich goss die dampfende Azteken-Ambrosia in unsere glasierten Tonbecher und setzte mich mit an den Tisch. Beiläufig richtete ich Miri von Ramon einen Gruß aus und nahm sie ins Visier, wie sie wohl darauf reagieren würde. Sie schaute nicht mal von ihrem Becher auf und sagte nur: „Ah, schön. Hat er Heu gebracht, ja?“ Hm. Ich warf Robert einen bedeutungsvollen Blick zu und er verstand sofort.
„ Sag mal, Miri, was hältst du denn davon, wenn du uns deinen Freund mal vorstellen würdest? Du könntest ihn auch gern zum Essen einladen.“
Miranda blickte hoch und schaute uns alarmiert an. „Was, den? Einladen, zum Essen? Hier zu uns? Wieso denn das?“
Robert wischte sich etwas Sahne von der Oberlippe und meinte, dass das doch wohl so üblich wäre, dass Eltern die Freunde ihrer Töchter auch irgendwann mal kennenlernen möchten. „Immerhin küsst er dich“, brummelte er in seinen Kakao und nahm einen tiefen Schluck.
„ Waaas? Ihr habt sie wohl nicht mehr alle, er ist nicht mein Freund!“
„ Aber ich habe dich mit ihm gesehen, ihr habt euch in der Scheune geküsst. Er ist dein Lover, kleine Schwester“, grinste Hannah. „Und ich habe euch turteln hören, am Handy.“
Miranda lief rot an, aber nicht, weil der Kakao so heiß war. Sie war stinkwütend. „Du bist so bescheuert, Schwesterherz , Harald ist nicht mein Freund und wir haben auch nicht wirklich geturtelt und geküsst. Spionierst du mir nach und petzt bei den Eltern, oder wie?“
„ Jetzt mal langsam“, warf ich ein. „Wer ist denn nun bitte Harald?“
„ Na, Ramon ist Harald“, fauchte Miri. „Ich bin doch in der offenen Theatergruppe der Schule und Harald spielt den Ramon und ich die Ramira. Wir spielen nur ein Liebespaar und wir üben manchmal, und eben auch den Kuss, mit dem das Stück dann endet. Leute, habt ihr echt gedacht, ich hätte einen festen Freund? Ha! Ihr solltet mal eure dummen Gesichter sehen“, lachte sie eine Spur zu laut.
Robert räusperte sich peinlich berührt und sagte entschuldigend: „Dann ist das wohl ein Missverständnis, tut uns leid, Miranda“, und warf Hannah einen strafenden Blick zu, die ihn mit einem lässigen Schulterzucken quittierte.
Und dafür hatte ich mir in der Kälte die Beine in den Bauch gestanden!
Wenn Honigkerzen duften…
Es war Heiligabend. Hannah, Miranda und ich hatten meine Mutter besucht und am Gottesdienst im Pflegeheim teilgenommen. Es war einerseits eine schöne, stimmungsvolle Feier gewesen. Das Personal hatte sich alle erdenkliche Mühe gegeben, den großen Gemeinschaftsraum festlich zu schmücken. Unter dem traditionell geschmückten
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