Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
gemütlich machen. Die Alpakas würden heute natürlich auch eine besondere Leckerei bekommen: Haselnusszweige zum Knabbern. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, welch Überraschung heute noch auf mich wartete. Als wir dann wohlgesättigt und gewärmt die Bescherung im Wohnzimmer machten, und die kleine Tanne Kerzenlicht und Honigduft verströmte, überreichte Robert mir eine kleine längliche Schachtel als Geschenk, nachdem er sich aufrichtig und herzlich für das Buch von mir bedankt hatte. Ich sah in seinen Augen, dass er mit großer Vorfreude erfüllt war. Verwundert musterte ich die Schachtel, denn eigentlich hatte ich mir von ihm eine Waldwächterfigur aus grauem Steinguss gewünscht.
„ Frohe Weihnachten, Liebes. Mach auf!“, ermunterte er mich.
Gespannt nestelte ich an der roten Kordel, der Knoten war ziemlich fest. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass meine Mädchen sich verstohlen anschauten und über beide Ohren grinsten. Aha. Die beiden wussten also, was in der Schachtel ist. Interessant, eine Weihnachtsverschwörung. Vorsichtig öffnete ich schließlich den Deckel und spähte hinein. Ein Schlüssel! „Schatz, warum schenkst du mir einen Schlüssel?“
Robert sagte lachend „Du Dummchen“, und nahm mich bei der Hand. „Komm, ich führe dich zu deinem eigentlichen Geschenk. Das hier ist nur die Vorhut, ein Hinweis. Hast du schon eine Idee?“
Ich schüttelte den Kopf. Folgsam ließ ich mich die Treppe hinaufführen und war sehr gespannt, denn ich hatte keinen blassen Schimmer, wozu der antike Schlüssel passen könnte! Vor unserer Schlafzimmertür blieb mein Mann stehen und befahl mir lächelnd, meine Augen zu schließen und sie erst dann zu öffnen, wenn er es mir erlaubte. „Nicht schummeln“, ermahnte er mich noch, dann öffnete er die Tür und führte mich durch den Raum. Seine Handinnenfläche war doch tatsächlich feucht, er war also auch aufgeregt! Was für ein Geschenk konnte das nur sein?
„ Jetzt sieh hin!“
„ Eine Frisierkommode! Oh, Robert, die sieht ja so ähnlich wie meine alte Kommode aus, die ich als Kind hatte. Da waren auch geschnitzte Vögelchen, Beeren und Blätter um den Spiegel herum gewesen. So als wäre nicht nur der Baum, sondern der ganze Wald in der Kommode verewigt worden. Sie ist wunderschön, ich danke dir!“
Mit großer Selbstzufriedenheit, er strömte sie förmlich aus allen Poren aus, schüttelte er leicht den Kopf und sagte: „Nicht so ähnlich…!“ Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Bei Gott, das war sie! Das war tatsächlich meine eigene, alte Frisierkommode. Jetzt erst sah ich den Kratzer an der Tür, ich erinnerte mich, wie das damals beim wilden Spielen passiert war.
„ Oh, wie bist du denn nur darangekommen, die stand doch im Heimatmuseum. Komm her, lass dich umarmen, du glaubst ja nicht, wie ich mich freue. Danke, danke, danke…!“ Ich fiel ihm um den Hals und küsste ihn freudetrunken. Als wir Luftholen mussten, forderte Robert mich auf, den Schlüssel zu benutzen. Wahrhaftig, ich hatte ihn immer noch in der Hand. Ich schloss also die linke Tür auf, denn in der rechten steckte ein Schlüssel. Begeistert griff ich in das große Fach und holte mit leichtem Ächzen den schweren, steinernen Waldwächter hinaus.
„ Du bist wirklich ein Schatz, ich liebe dich so sehr!“
„ Ich dich ja auch. Aber nun lass uns wieder zu den Mädels runtergehen. Ich habe jetzt großen Hunger.“
„ Aber wir haben doch erst Stollen gegessen, du kleiner Vielfraß“, sagte ich amüsiert.
„ Egal, ich habe heute viele Kalorien verbraucht beim Hochtragen, das kann ich dir versichern.“
„ Hast du die etwa alleine hochgeschleppt?“
„ Nein, ich bin ja nicht Superman. Matthias hat mir geholfen. Ich habe sie auch mit ihm zusammen aus dem Heimatmuseum geholt.“
„ Und die haben dir die Kommode einfach so mitgegeben?“, staunte ich.
„ Nein, natürlich nicht, ich hatte mir eine Vollmacht von deiner Mutter geben lassen. Ich habe sie geschrieben und der Heimleiter hat als Zeuge mitunterschrieben, neben der Unterschrift von Johanna. Das habe ich schon vor Wochen gemacht, als es ihr noch besser ging. Die Kommode war der Grund, warum ich heute nicht zum Besuch ins Heim mitgefahren bin.“
„ Hey, ihr da oben! Kommt ihr auch mal wieder runter? Die Kerzen brennen sonst ohne euch ab!“, rief Miri lautstark.
Hand in Hand gingen wir die Treppe hinab, um Weihnachten zu genießen.
Aus Melissas Tagebuch
Irgendwie tut es mir leid, dass ich Mama
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