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Melmoth der Wanderer

Melmoth der Wanderer

Titel: Melmoth der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles R. Maturin
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dir, so laß es auch, ich bitte dich, an Worten dir gebrechen! Laß Himmel und Natur dies Werk vollenden, – laß Gott zum Herzen unsres Kindes sprechen, und meine Seele wird im Paradies nur unter Zittern solchem Kampfe folgen und lauter jubiüeren als die Engel, sobald der schwere Sieg errungen ist! Versprich mir dies, gelob es, schwör es mir!‹ Diese letzten Worte hatte sie mit der äußersten Kraft der Seelenpein hervorgestoßen. ›Sei’s drum!‹ sagte Melmoth.«

ZWEIUNDDREISSIGSTES KAPITEL
    – Verschon mich Grimbald!
    Dann führ’ ich in der Zelle dir den Klausner,
    Im Traume dir die Jungfrau in Versuchung.
    Drydens König Arthur

     
    »Es ist eine merkwürdige, doch genugsam erwiesene Tatsache, daß Frauen, wenn sie gezwungen sind, all die Unzukömmlichkeiten und Beschwernisse der herannahenden Mutterschaft zu verheimlichen, dieselben oft weit besser ertragen als unter der ängstlichen Fürsorge zärtlich besorgter Anverwandter, und daß die verhehlten oder außerehelichen Geburten gegen alle vernünftige Erwartung mit weniger Gefahren und Leiden verbunden sind, als jene anderen, welche unter aller Hilfeleistung vor sich gehen, die Erfahrung und Liebe gewähren können. Ganz ähnlich schien es nun mit Isidora gehen zu wollen. Die Zurückgezogenheit, darin ihre Familie lebte, sowie Donna Claras Wesensart, deren Arglosigkeit sich ebensosehr der Dummheit verdankte wie ihre Hartnäckigkeit in der Verfolgung eines einmal entdeckten Geheimnisses, – diese Umstände, im Verein mit der Frauenmode jener Tage, deren enorme Reifröcke ja alles verhüllten, hatten zur Folge, daß Isidora sich bis zum Eintritt der Geburtswehen hinlänglich sicher fühlen konnte. Nun läßt sich leicht denken, mit welcher zitternden Geheimniskrämerei all die Zurüstungen zu solcher Niederkunft getroffen wurden, unter welchen Schwierigkeiten die so wichtige Amme – stolzgeschwellt ob des in sie gesetzten Vertrauens –, die verschwiegene Zofe sowie der verläßliche und diskrete Doktor bestochen werden mußten. Zu solchem Zweck stellte Melmoth die reichlichsten Geldmittel zur Verfügung, welcher Umstand Isidora in Ansehung der unscheinbaren Schlichtheit, mit welcher der Gatte sich sonst zu tragen pflegte, gewißlich in Erstaunen versetzt hätte, wäre nicht ihr gesamtes Sinnen und Trachten in dieser Zeit angstvoller Erwartung einzig auf die Schwere Stunde gerichtet gewesen.
    Am vermutlichen Vorabend des so bangen Herzens erwarteten Ereignisses war Melmoth in seiner ganzen Aufführung von einer ungewöhnüchen Zartheit. Oftmals hing sein Auge mit dem Ausdruck einer stummen Besorgnis und Zärtlichkeit an Isidora, so als hätte er etwas auf dem Herzen, das über die Lippen zu bringen er nicht wagte. Isidora, nur zu wohl vertraut mit der Sprache des Mienenspiels, welche ja weit häufiger als alle Worte diejenige des Herzens ist, drang alsbald in den Gatten, er möge ihr doch anvertrauen, was ihm da so beredt aus den Augen sehe.
    ›Dein Vater ist auf dem Weg hierher‹, sagte Melmoth widerstrebend. ›Er wird vielleicht schon in wenigen Stunden, gewißlich aber in wenigen Tagen hier erscheinen.‹
    Isidora vernahm dies mit entsetztem Schweigen. Erst nach einer Weile rief sie aus: ›Mein Vater, sagst du? Ich habe meinen Vater nie gesehen, – und nun – ach, wie soll ich ihm nur unter die Augen treten? Und meine Mutter – weiß sie nichts davon? Weshalb hat sie mir nichts gesagt?‹
    ›Noch weiß sie’s nicht – doch bald wird sie es wissen.‹
    ›Wie aber kommt’s, daß du es weißt, und sie noch nicht?‹
    Melmoth bedachte sich eine Weile. Seine Miene wurde von einer angespannteren Düsternis überschattet, als dies in der letzten Zeit der Fall gewesen, und nur zögernd, ja widerwillig kam schließlich seine Antwort: ›Nie wieder sollst du solche Frage stellen! – Was zählt, es ist die Nachricht ganz allein. – Dir sei genug, daß ich die Wahrheit sage, – so brauchst nach dem Woher du nicht zu forschen.‹
    ›Verzeih, Geliebter‹, sagte Isidora ›es ist ja nur zu wahrscheinlich, daß ich dich nie mehr erzürnen werde. So vergib mir denn dieses letzte Ärgernis!‹
    Allein, Melmoth schien zu sehr in seine eigenen Gedanken versunken, als daß er auch nur der Tränen seines Weibes hätte achten mögen. So fügte er dem bereits Gesagten nach einer kurzen, verdrossenen Pause bloß hinzu: ›Mit deinem Vater kommt auch dein Verlobter – Montillas Vater ist dahingefahren – schon ist zur Hochzeit alles vorbereitet – der

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