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Melmoth der Wanderer

Melmoth der Wanderer

Titel: Melmoth der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles R. Maturin
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auch wenn sein Gebet, gleich jenem Tau, der auf die Wüste fällt, im Ewigen Feuerbrand verzischen sollte.
    Von dem Zeitpunkt jener Unterredung an nahm die Zärtlichkeit, die Melmoth seinem Weib entgegenbrachte, sichtbarlich zu.
    Durch sein verändertes Gehaben in ihrem Gemüt beschwichtigt, nahm Isidora ihr schweres Los in stiller Geduld auf sich und trug all dessen peinvolle Begleiterscheinungen, all die Unpäßlichkeiten und Bedrückungen, welche noch verschlimmert wurden durch die beständige Furcht vor der Entdeckung ihres Geheimnisses. Sie hoffte ja noch immer, er werde sie schließlich doch noch durch eine offene und ehrenhafte Erklärung belohnen, allein, sie verlieh solcher Hoffnung lediglich in ihrem Dulderlächeln Ausdruck. Je näher aber die bewußte Stunde heranrückte, desto schwerer überschatteten Isidoras Gemüt all die schrecklichen und unbestimmten Befürchtungen im Hinblick auf das Los des Kindes, welches unter so geheimnisvollen Umständen das Licht dieser Welt erblicken sollte.
    So kam’s, daß Melmoth sie bei seinem nächsten, nächtlichen Besuch in Tränen aufgelöst antraf.
    ›Ach!‹ rief sie in Beantwortung seines drängenden Fragens und kurzen Versuchs, ihr Trost zuzusprechen. ›Wie viele Gründe hab’ ich nicht für meine Tränen, – und wie wenig Tränen habe ich vergossen! Willst du sie aber hinweggewischt sehen, so sei gewiß, daß nur deine Hand dies zu tun vermag. Ich fühl’ es wohl‹, so setzte sie hinzu ›daß dies Ereignis mir zum Verderben ausschlagen wird, – ich weiß, daß ich diese Geburt nimmer überleben werde, – und so erbitte ich von dir das einzige Gelöbnis, welches mir solchen Tod doch noch zu erleichtern vermag.‹
    Melmoth fiel der Sprecherin mit der Versicherung ins Wort, derlei Befürchtungen wären dem gegenwärtigen Zustand ja nur zu eigentümlich, wie es ja nur zu viele Mütter gebe, welche, nunmehr von einer zahlreichen Nachkommenschaft umringt, lächeln müßten über die einstigen einer jeden Geburt voraufgegangenen Todesgedanken.
    Aber Isidora hatte dafür bloß eine stumme Verneinung. ›Die Vorahnungen, die mich heimsuchen‹, sagte sie schließlich ›überkommen uns Sterbliche niemals ohne Grund. Und es war stets mein fester Glaube, daß die Stimmen der unsichtbaren Welt um so vernehmlicher an unser Ohr dringen, je mehr wir uns derselben nahen. Kummer und Qual, sie sind ja die beredtesten Vermittler zwischen uns und der Ewigkeit! – Wie sehr unterscheidet sich doch von allen körperlichen Schmerzen, ja selbst von aller Seelenpein dies tiefe und unsagbare Wissen, welches sich weder mitteilen noch auslöschen läßt, ganz so, als hätte der Himmel selbst es uns anvertraut und uns befohlen, es im Busen zu bewahren, oder aber es preiszugeben auf die Gefahr hin, daß keine Menschenseele uns Glauben schenken werde! Ach, Melmoth! Laß ab, so fürchterlich zu lächeln, sobald ich vom Himmel rede, – Vielleicht dauert’s nicht mehr lange, und ich werde dort deine einzige Fürsprecherin sein!‹
    ›Geliebte Heilige‹, lachte Melmoth auf, dieweil er sich zum Hohne niederkniete, ›so halt’ ich denn beizeiten mich an dich und deine Mittlerschaft: was soll es kosten, wieviel Dukaten muß ich springen lassen, um deiner Heiligsprechung nachzuhelfen? Unzweifelhaft wirst du mich ja aufs reichste mit Wundertaten aller Art versorgen, wie man, pfui Teufel, sie allmonatlich dem Heiligen Stuhl geziemend unterbreitet!‹
    ›So laß denn deine eigene Bekehrung das erste all der vielen Wunder sein‹ , sprach Isidora mit einer Festigkeit, die Melmoth erbeben machte. Und obschon völlige Finsternis herrschte, fühlte das junge Weib doch dies Erbeben und nahm die Gelegenheit wahr, ihren vermeintlichen Triumph zu befestigen. ›Ach, Melmoth‹, rief sie aus ›ich hab’ wahrhaftig das Recht, dir dies Gelöbnis abzufordern, ich, die da alles für dich aufgeopfert, dir hingegeben wie kein andres Weib! Was aber habe ich in meiner schweren Stunde zu erwarten? In Stummheit muß ich leiden, im verborgnen, man wird mein Kind mir aus den Armen reißen, noch eh’ ich Zeit gefunden, es zu küssen, – sein Taufgewand wird jenes Dunkel sein und jenes Rätsel, welches du gewoben! So bitt’ ich dich um eins, um eines nur!‹ – die Flehende, sie rief s mit einem Drängen, das solchen Ernst schon fast zur Marter machte, – ›gelobe mir bei allem, was dir heilig, daß unser Kind das Heilige Sakrament der Taufe, wie’s die Heilige Kirche will, empfangen soll, – daß es

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