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Melodie der Leidenschaft

Melodie der Leidenschaft

Titel: Melodie der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chantelle Shaw
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absagte. Aber wenn er sie für eine Frau hielt, die sich klaglos herumkommandieren ließ, dann hatte er sich getäuscht. Das lasse ich mir von keinem Mann gefallen, dachte Ella und ignorierte die innere Stimme, die sie daran erinnerte, wie fürsorglich Nicolaj sie bei ihrem Migräneanfall nach Hause und ins Bett gebracht hatte. Doch dann dachte sie daran, wie er ihr das Kleid ausgezogen hatte. Er hatte ihre Wehrlosigkeit nicht ausgenutzt, sondern sich wie ein echter Gentleman verhalten.
    Aber warum, verdammt noch mal, begreift er einfach nicht, dass ich nichts mit ihm zu tun haben will? fragte Ella sich aufgebracht, als sie die roten Rosen in eine Vase stellte. Sie brachte es nicht übers Herz, den wunderschönen Strauß wegzuwerfen. Die meisten Frauen wären sicher hocherfreut, wenn ihnen ein attraktiver Milliardär Rosen schickt, dachte sie reuevoll. Aber Ella war nun einmal nicht wie die meisten Frauen. Jenny gegenüber hatte sie es zwar abgestritten, aber die Angst- und Hassgefühle für ihren Vater hatten noch immer Einfluss auf ihre Haltung gegenüber Männern.
    Wie immer, wenn sie sehr angespannt war, erwies sich die Musik als Rettung. Ella war zwar als Geigerin sehr erfolgreich, doch sie spielte auch Klavier, wenn auch nur zum eigenen Vergnügen. Als ihre Finger über die glatten Elfenbeintasten glitten, wurde sie in eine andere Welt versetzt. Mit ihren Lieblingsstücken von Chopin und Tschaikowski konnte sie endlich ihre aufgestauten Gefühle herauslassen.
    Die eindringliche Melodie von Beethovens Mondscheinsonate empfing Nicolaj, als er aus dem Wagen stieg und die Auffahrt von Kingfisher House entlangging. Er blieb stehen, um zu lauschen. Ella war wirklich unglaublich begabt. Ihr musikalisches Talent faszinierte ihn ebenso sehr, wie ihre zerbrechliche Schönheit seine Leidenschaft weckte. Um sie nicht durch Klopfen zu stören, ging er ums Haus herum. Durch die weit offen stehenden Terrassentüren drang die wunderschöne Melodie in den Garten.
    Ella war so in ihre Musik vertieft, dass sie Nicolaj gar nicht bemerkte. Er setzte sich auf einen der Stühle auf der Terrasse, lehnte sich zurück und schloss die Augen, um sich ganz auf die betörenden Klänge zu konzentrieren. Er selbst hatte nie ein Instrument gespielt. Musikunterricht war in seiner Kindheit in der UdSSR ein unbezahlbarer Luxus gewesen. Sein Vater hatte als Fabrikarbeiter kaum genug verdient, um die winzige Mietwohnung zu bezahlen, die sie sich mit Nicolajs Großmutter teilten. Ihr Leben war von dem ständigen Kampf geprägt gewesen, in Zeiten häufiger Lebensmittelknappheit genug zu essen zu haben. Nicolaj wusste nicht viel über die großen Komponisten, aber aus irgendeinem Grund konnte Musik seine rastlose Seele trösten und beruhigen. Sie berührte etwas tief in seinem Innern und sprengte einen kleinen Riss in die Mauer aus Granit, die sein Herz umgab.
    Als die letzten Töne verklungen waren, dehnte und streckte Ella ihre Finger. Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Raum nicht mehr von Sonnenlicht durchflutet war, sondern im Halbdunkel der Abenddämmerung lag.
    „Du spielst wie ein Engel.“
    Beim Klang der tiefen Stimme mit dem erotischen Akzent blickte sie zu den Terrassentüren. Ihr Herz schlug wie verrückt, als sie aufsprang und Nicolaj anstarrte. „Wie lange bist du schon da?“, fragte sie ein wenig zu scharf, weil sein unerwartetes Auftauchen sie durcheinandergebracht hatte. Klavierspielen war für sie etwas sehr Persönliches, eine Verbindung zu ihrer Mutter. Ella hatte ihre ganze Seele in die Musik gelegt. Und nun kam es ihr vor, als hätte sie ihre geheimsten Gefühle vor Nicolaj offenbart.
    „Vielleicht zwanzig Minuten.“ Er stand von dem Stuhl auf und trat in das Zimmer. Dabei ließ er den Blick über ihr T-Shirt, die ausgeblichene Jeans und das Haar gleiten, das ihr wie ein seidiger, blassgoldener Vorhang auf die Schultern fiel. Sie sah viel jünger aus als auf den Fotos ihrer zahlreichen CDs, und ihre grauen Augen hatten einen verletzlichen Ausdruck.
    Gütiger wäre es, sie in Frieden zu lassen, das wusste Nicolaj. Denn er spürte deutlich die emotionale Zerbrechlichkeit hinter der kühlen Fassade. Er wollte unkomplizierte, unverbindliche Affären und legte Wert darauf, dass seine jeweilige Geliebte wusste: Ihm ging es um beiderseitiges körperliches Vergnügen, sonst nichts.
    Ella wirkte merkwürdig unschuldig, doch für eine moderne, erfolgreiche Frau Mitte zwanzig war das natürlich sehr unwahrscheinlich. Ihre Jeans

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