Melodie der Liebe
und hinterließen eine Leere, die danach verlangte, ausgefüllt zu werden. Und wenn das geschah, würde die Angst nur noch stärker werden.
„Spence.“ Ihre Finger gruben sich in seine Schultern. Sie trug in sich einen Krieg aus, zwischen dem Bedürfnis, ihn aufzuhalten, und demunmöglichen Wunsch, einfach weiterzumachen. „Bitte.“
Seine Knie waren so weich wie ihre, und er atmete den Duft ihres Haars ein, bis er die Fassung wiedergefunden hatte. „Wenn wir zusammen sind, passiert mit mir etwas. Ich kann es nicht erklären.“
Sie wollte ihn festhalten, an sich pressen, aber sie ließ die Arme nach unten sinken. „Es darf aber nicht mehr passieren.“
Er wich zurück, gerade so weit, dass er ihr Gesicht noch in beide Hände nehmen konnte. Die Kühle des Abends und die Hitze der Erregung hatten Farbe auf ihre Wangen gezaubert. „Selbst wenn ich es verhindern wollte – und ich will es nicht –, könnte ich es nicht.“
Sie sah ihm direkt in die Augen. Der zärtliche, fürsorgliche Druck seiner Hände an ihrem Gesicht durfte sie nicht beeinflussen. „Sie wollen mit mir schlafen.“
„Ja.“ Er wusste nicht, ob er ihre sachliche Art amüsant oder irritierend finden sollte. „Aber das klingt simpler, als es ist.“
„Sex ist niemals simpel.“
„An Sex bin ich nicht interessiert.“
„Aber Sie haben gerade …“
„Ich möchte mit Ihnen Liebe machen. Das ist ein Unterschied.“
„Mir liegt nichts daran, es zu romantisieren.“
Die Verärgerung verschwand so schnell aus seinenAugen, wie sie darin aufgetaucht war. „Dann tut es mir Leid, Sie enttäuschen zu müssen. Wenn wir Liebe machen, wo und wann auch immer, wird es sehr romantisch sein.“ Bevor sie ihm ausweichen konnte, küsste er sie. „Das ist ein Versprechen, das ich zu halten beabsichtige.“
5. KAPITEL
„N atasha! He, äh, Natasha!“
Aus nicht sonderlich produktiven Gedanken gerissen, sah Natasha auf und erkannte Terry. Er kam auf sie zugerannt, und sein gelb-weiß gestreifter Schal flatterte hinter ihm her. Als er sie erreichte, war ihm die Brille bis zur sich rötenden Nasenspitze gerutscht.
„Hi, Terry.“
Der Dreißig-Meter-Sprint hatte ihm den Atem geraubt. Er hoffte inständig, dass sich sein Asthma durch die Anstrengung nicht verschlimmern würde. „Hi. Ich war … Ich habe dich zufällig gesehen.“ Seit zwanzig Minuten hatte er auf sie gewartet.
Natasha kam sich ein bisschen wie die Mutter eines unbeholfenen Kindes vor, als sie ihm die Brille zurechtrückte und den Schal fester um seinen dünnen Hals wickelte. „Du solltest Handschuhe tragen. Es ist kalt geworden“, sagte sie und rieb ihm die kalte Hand, bevor sie die Stufen hinaufging.
Er folgte ihr überwältigt, wollte etwas sagen, brachte aber nur einen erstickten Laut heraus.
„Du wirst dich doch nicht etwa erkälten?“ Sie suchte in ihrer Tasche nach einem Papiertaschentuch, fand eins und reichte es ihm.
Er räusperte sich geräuschvoll. „Nein, nein.“ Er nahm das Taschentuch und schwor sich, es sein Leben lang zu behalten. „Ich habe mich nur gefragt, ob wir heute Abend, nach dem Kurs … Natürlich nur, wenn du sonst nichts vorhast … Wahrscheinlich hast du das längst, aber wenn nicht … Wir könnten eine Tasse Kaffee trinken. Zwei natürlich“, fügte er verzweifelt hinzu. „Eine für dich und eine für mich, meine ich.“ Sein Gesicht war inzwischen glutrot.
Der arme Junge ist einsam, dachte Natasha mitfühlend und lächelte ihn automatisch an. „Gern.“ Warum sollte sie ihm nicht eine Stunde oder zwei Gesellschaft leisten? Es wird mich ablenken, überlegte sie, als sie den Unterrichtsraum betrat.
Und zwar von dem Mann, der vor der Klasse stand. Von dem Mann, der ihr vor zwei Wochen mit einem Kuss fast die Sinne geraubt hatte und der jetzt gerade lachte und die flotte Blondine anstrahlte, die garantiert keinen Tag älter als zwanzig war.
Spence hatte ihr Hereinkommen sofort bemerkt. Und auch der Anflug von Eifersucht war ihm nicht entgangen, bevor sie ihr Gesicht hinter einem Buch verbarg. Offenbar war ihm das Schicksal wohl gewogen gewesen, während er bis über beide Ohren in privaten und beruflichen Problemen steckte. Zwischen der leckenden Wasserleitung, dem Elternbeirat in der Schule, der Pfadfinderversammlung und der Fachbereichskonferenz war ihm kaum eine freieStunde geblieben. Aber jetzt lief alles etwas ruhiger ab. Er würde die verlorene Zeit wieder aufholen.
Auf der Schreibtischkante sitzend, eröffnete er eine
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