Melodie der Liebe
verärgert den Kopf. „Ich kann nicht spielen. Ich war schon zu alt, als ich mit dem Lernen anfing.“
„Wenn Sie wollen, bringe ich es Ihnen bei.“
„Mir wäre es lieber, wenn Sie etwas komponierten.“ Es war mehr als ein spontaner Einfall. Er sah aus, als brauche er heute Abend so etwas wie Freundschaft. Lächelnd streckte sie ihm die Hand entgegen. „Hier, mit mir.“
Er sah auf, als Vera ein Tablett hereintrug. „Stellen Sie es dort ab, Vera. Danke.“
„Brauchen Sie sonst noch etwas?“
Sein Blick wanderte zu Natasha hinüber. Ja, er brauchte noch etwas. Sehr sogar. „Nein. Gute Nacht.“ Er lauschte den schlurfenden Schritten der Haushälterin. „Warum tun Sie das?“
„Weil Sie lachen müssen. Kommen Sie, schreiben Sie mir einen Song. Er muss nicht gut sein.“
Jetzt lachte er tatsächlich. „Sie wollen, dass ich Ihnen einen schlechten Song schreibe?“
„Er kann sogar schrecklich sein. Wenn Sie ihn Freddie vorspielen, wird sie sich kichernd die Ohren zuhalten.“
„Ein missratener Song ist so ungefähr das Einzige, was ich in diesen Tagen zu Stande bringe. Aber Sie müssen mir hoch und heilig versprechen, ihn vor keinem meiner Studenten zu wiederholen.“
„Großes Ehrenwort.“
Er begann mit den Tasten herumzuexperimentieren. Natasha ließ sich inspirieren und fügte hin und wieder einige Tonfolgen hinzu. Gar nicht mal übel, dachte Spence, als er die Takte nochmals durchging. Niemand würde die Komposition brillant nennen, aber sie besaß einen gewissen simplen Charme.
„Lassen Sie mich mal versuchen.“ Natasha warf das Haar zurück und kämpfte mit den Tasten.
„Hier.“ Wie er es manchmal bei seiner Tochter tat, legte er seine Hände auf Natashas, um sie zu führen. „Entspannen Sie sich“, murmelte er ihr ins Ohr.
Genau das konnte sie nicht. „Ich blamiere mich äußerst ungern“, erwiderte sie, ohne den Blick von den Tasten zu nehmen. Es fiel ihr schwer, sich auf die Musik zu konzentrieren.
„Das tun Sie nicht.“ Ihr Haar strich ihm weich und duftend über die Wange.
Seit Jahren hatte er nicht mehr auf dem Flügel herumgespielt. Sicher, er hatte gespielt – Beethoven, Gershwin, Mozart und Bernstein. Aber nie einfach so, aus Spaß. Es war viel zu lange her, dass er sich aus Vergnügen an die Tasten gesetzt hatte.
„Nein, nein. Vielleicht lieber a-Moll.“Trotzig spielte Natasha erneut B-Dur. „So gefällt es mir besser.“
„Aber es passt nicht zur Melodie.“
„Genau darum geht es mir.“
Er grinste. „Wollen Sie mir Konkurrenz machen?“
„Ich glaube, Sie können es besser ohne mich.“
„Das glaube ich nicht.“ Sein Gesicht wurde ernst. Er legte ihr eine Hand unters Kinn. „Das glaube ich ganz und gar nicht.“
„Der Tee wird kalt.“ Aber sie wich nicht zurück, stand nicht auf. Als er sich vorbeugte, um seine Lippen auf ihren Mund zu legen, schloss sie nur die Augen. „Dies kann doch zu nichts führen.“
„Das hat es bereits.“ Seine Hand glitt ihren Rücken hinauf. „Ich denke die ganze Zeit an dich, daran, mit dir zusammen zu sein, dich zu berühren. Ich habe noch nie jemanden so gewollt, wie ich dich will.“ Langsam ließ er die Hand über ihren Hals wandern, über die Schulter, den Arm hinab, bis ihre Finger sich über den Tasten verschränkten. „Es ist wie Durst, Natasha. Ein andauernder Durst. Und wenn ich wie jetzt mit dir zusammen bin, weiß ich, dass es dir ebenso geht.“
Ihre Hände gruben sich wie von selbst in sein Haar und zogen seinen Kopf hinab. Sie küsste ihn mit einer Intensität, die sie sich niemals zugetraut hätte. Es war, als ob er ihr erster Mann wäre, aberdas war er nicht. Sie wünschte sich verzweifelt, ihr Leben wieder von vorn beginnen zu können. Mit ihm, in genau diesem Moment.
In ihr war mehr als Leidenschaft, das spürte er. Da gab es zudem Verzweiflung, Angst und eine uneingeschränkte Großzügigkeit, die ihn benommen machte.
„Warte.“ Erstmals gestattete sie es sich, ihre Schwäche einzugestehen, und legte den Kopf an seine Schulter. „Es geht mir alles zu schnell.“
„Nein.“ Mit den Fingern kämmte er ihr das Haar. „Wir haben beide Jahre gebraucht, bis wir so weit waren.“
„Spence …“ Sie richtete sich wieder auf. „Ich weiß nicht, was ich tun soll“, sagte sie langsam und sah ihn an. „Und es ist wichtig für mich, dass ich das weiß.“
„Ich glaube, das finden wir schon heraus.“ Aber als er nach ihr griff, sprang sie auf und trat einen Schritt zurück.
„Für
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