Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Florimond genoss zwar einen gewissen Ruhm. Als dritter Sohn einer Familie von niedrigem Adel war er vom Reichtum oder gar Landbesitz jedoch noch weit entfernt.
Das Turnier am Hof des Herzogs von Aquitanien war alljährlich eine große und wichtige Veranstaltung. Der Herzog war reich, die Sachpreise entsprechend wertvoll, die Bewirtung der Ritter fulminant. Und da jeder teilnehmende Kämpfer entsprechend seinem Rang ein Nenngeld zahlte, stiegen die Preisgelder noch durch die hohen Einsätze. Ein Ritter konnte hier gutes Geld verdienen, und so kamen sie alle: Die hohen Herren um des Prestiges willen, die fahrenden Ritter in der Hoffnung auf Gewinn und vielleicht sogar eine Stellung bei Hofe. Natürlich reisten auch Gaukler und Troubadoure zu Dutzenden an. Die Herzogin galt als großzügige Gastgeberin, sie ließ sich auch die Unterhaltung der Menschen eine Menge kosten. Dabei feierte nicht nur das hohe Volk, sondern auch für die Bürger von Toulouse wurden Garküchen gerichtet und Bier im Überfluss ausgeschenkt. Niemand sollte während der Festtage hungrig oder traurig sein. Ein Jahrmarkt fand statt und ein Teil der Gaukler wurde nur dafür abgestellt, ihre Kunst in den Straßen zu zeigen und das Volk zu unterhalten.
Sabine freute sich nicht auf die Festlichkeiten. Nicht nur, dass sie durchaus wusste, dass sie ihre vorläufige Trennung von Florimond einleiteten. Sie machten ihr auch Angst, und sie führten sie mit einem alten Feind zusammen: Zum Herbstturnier kam François de Caresse an den Hof des Herzogs. Catherine hatte ihm seinen Fehltritt endlich vergeben.
Zu Sabines Erleichterung hielt Jules de Caresse nicht viel von Familienfeiern. Er bat seine Gattin nicht in seine Gemächer, um François willkommen zu heißen, erst recht nicht zu einem gemeinsamen Mahl, um etwa Neuigkeiten aus Caresse auszutauschen. Die Herzogin äußerte sich etwas befremdet darüber. Sie hätte Sabine bereitwillig dafür freigestellt.
»Es ist doch immerhin Euer Hof, meine Liebe! Natürlich freuen wir uns, Euch und Euren Gatten bei uns zu haben und würden Euch auch gern für immer an uns binden. Aber Caresse ist zweifellos das Lehen Eures Gatten, und Ihr habt den Haushalt geführt. Da sollte der junge Ritter doch Euch beiden Rechenschaft ablegen, oder findet Ihr nicht, Sabine?«
Sabine beeilte sich zu versichern, dass ihre Zeit in Caresse im Grunde zu kurz gewesen war, um den dortigen Hof wirklich zu gestalten. Die Herzogin nickte wissend.
»Ich verstehe schon, wir kennen den Herrn de Caresse. Wahrscheinlich beharrte er auf schmucklose Unterkünfte, Kohlköpfe statt Rosen in den Gärten und allabendliche – Lustbarkeiten – bei denen Frauen keinen Zugang hatten.
Und Ihr seid noch so ungeschickt darin, den Männern die Stirn zu bieten, meine liebe Sabine. Ihr dürft mir glauben, dass er mir keine Hofbeamten als Verwalter seines Lehens vor die Nase gesetzt hätte.«
Das glaubte Sabine nur zu gern – und setzte ein neues Steinchen in das Antwortmosaik zu ihrer Frage, warum Jules gerade um sie geworben hatte und nicht um die weltgewandte, im Bett sicher tausendmal interessantere Barbe de Richemonde. Er hatte ein Schäfchen gewollt. Keine Löwin, die seine gewohnte Haushaltsführung umkrempelte und die intriganten Hofschranzen in Stücke riss.
Die Begegnung mit François blieb ihr also zunächst erspart, aber natürlich machte der junge Ritter gleich am zweiten Tag seines Aufenthalts der Herzogin seine Aufwartung. Mit seinem altbekannten Lächeln, in dem die inzwischen etwas lebensklügere Sabine jetzt sofort die Verschlagenheit erkannte, verbeugte er sich auch vor seiner jungen Stiefmutter.
»Meine bewunderte Madame Mère! Wie erwartet seid Ihr eine Zierde dieses Hofes. Mein Vater hat mir schon allerhand berichtet.«
François’ Blicke streiften sie mit spöttischem Ausdruck. Sabine wurde heiß und kalt. Hatte Jules wirklich von seinem missglückten Versuch gesprochen, Sabine beim Ehebruch zu ertappen? Wohl kaum. Andererseits hatte der alte Ritter es vielleicht vorgezogen, die Sache aus seiner Warte darzustellen, bevor sein Sohn die Geschichte von anderer Seite hörte. Sie war sich sicher, dass darüber geklatscht und Spottlieder gesungen wurden. Jean Pierre jedenfalls bereitete letzteres eine gewisse Genugtuung, und er hatte Fleurette so manchen Vers kichernd wiederholt.
»Ich freue mich, der Herzogin aufwarten zu dürfen«, antwortete Sabine steif.
François grinste. »Und zur Unterhaltung des Hofes beizutragen, vermute
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