Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Abenteuers von sich zu waschen. Andererseits beunruhigte es sie. Zu Unrecht allerdings, wie sie gleich feststellte, als sie sich am Nachmittag wieder zum Gefolge Catherine d’Aquitaines gesellte. Sie ersetzte dabei Barbe de Richemonde als Zweite Hofdame der Herzogin. Catherine hatte die junge Frau streng gerügt und für einige Tage vom Hof verbannt. Durch die Intrige am Weiher hatte sie sich in den Augen der Herzogin eines der größten Vergehen schuldig gemacht, die an einem Minnehof möglich waren: Mangelnde Diskretion.
»Es tut mir sehr leid, Sabine, meine Liebe«, erklärte Catherine, nachdem sie Sabine ein paar Komplimente über ihr Kleid und ihr insgesamt blühendes Aussehen gemacht hatte. »Und dabei habe ich selbst dieses Mädchen erzogen! Unentschuldbar!«
Sabine lächelte verlegen. »Aber ich war nicht am Weiher, Madame, ich ...«
»Wo auch immer Ihr wart, Marquise de Richemonde ging das nichts an«, urteilte die Herzogin knapp. »Und nun setzt Euch zu mir. Unser Freund Florimond hat heute morgen mit den Rittern trainiert – aber ich hoffe, er wird uns gleich besuchen und mit ein paar Liedern unterhalten. Wobei es mich gar nicht überraschen würde, wenn sie von dunkelhaarigen Feen mit Traumaugen handelten ...« Sie zwinkerte Sabine zu, die sich dadurch einerseits getröstet, andererseits aber auch wieder beunruhigt fühlte. Die Herzogin schien die Sterne zwischen ihr und Florimond ebenso wahrgenommen zu haben wie Barbe – und sie billigte das Verhältnis. Allerdings sicher nur so lange, wie es auch Sabine gelang, absolute Diskretion aufrecht zu erhalten.
Immerhin machte die Dame es ihr leicht. Und auch Florimond, der die Regeln der Minnehöfe sehr gut kannte, schlug Vorteile aus der Situation.
»Wie ich hörte, beschuldigte man mich eines heimlichen Treffens mit der Dame Sabine«, bemerkte er am Abend, bevor er mit seinem Vortrag begann. »Das ehrt mich über alle Maßen. Nie hätte ich auch nur davon träumen können, dass sie mich begehrte. Aber nun, da dieser Gedanke in mir erwacht ist, beflügelt ihr Bild alle meine Lieder. Erlaubt mir, Herzogin, dass ich ihr in aller Reinheit huldige!«
Danach sang er für Sabine, und sie hatte die Lieder noch im Ohr, als sie sich schließlich verabschiedete, um Jules de Caresse zu empfangen. Sie hoffte und fürchtete zugleich, dass die Erinnerung an die Liebe Florimonds ihr den Besuch ihres Gatten erleichtern möge – vielleicht konnte sie ja die Augen schließen und von seinen zärtlichen Küssen und raffinierten Liebkosungen träumen, wenn Jules ihr beiwohnte. Andererseits wäre ihr dies als eine Art Betrug an ihrer Liebe erschienen.
So weit kam es jedoch nicht. Jules de Caresse unterwarf sie so ungeduldig und brutal, dass sie gar nicht dazu kam, sich Florimonds geschickte Hände und seine weichen Lippen vorzustellen. Dabei schien der Marquis die Sache mehr zu genießen als während seiner letzten Besuche. Die mögliche Existenz eines Nebenbuhlers vermochte ihn zu beflügeln. Sabine fragte sich, wie er ihre Passivität dabei empfand – nachdem sie gestern erfahren hatte, dass wahre Lust erst aus Geben und Nehmen, Schenken und Empfangen erwuchs, verstand sie nicht, wie ihr angespannter, starrer Körper ihren Gatten erregen konnte. Dem schien das jedoch recht zu sein.
»Was auch immer du am Minnehof getrieben hast, gelernt hast du jedenfalls nichts«, brummte er, als er nach dem Beischlaf von ihr abließ. Es klang tadelnd, aber auch zufrieden. Zumindest von Sabine verlangte Jules offensichtlich nur Unterwerfung, keine Liebeskünste. Bei Barbe de Richemonde mochte es anders sein. Aber das war Sabine eigentlich gleichgültig. Sollte die Rivalin ihn haben! Solange sie nur über das schwieg, was sie zwischen Sabine und Florimond beobachtete, oder zu sehen meinte.
Barbe de Richemonde kehrte bald in die Gesellschaft der Herzogin zurück – Catherine schätzte ihren Witz und ihre scharfe Zunge zu sehr, um längere Zeit darauf zu verzichten. In Bezug auf Sabine hielt die junge Frau sich jetzt allerdings zurück. Sie hatte ihre Lektion gelernt – schließlich hatte nicht nur Catherine sie scharf gerügt, sondern ihre Intrige trieb auch Jules kurzfristig zurück in Sabines Bett. Das hielt allerdings nicht an. So viel Freude er daran fand, die prüde angehende Parfaite zu demütigen, auf Dauer befriedigte es ihn nicht. Barbe dachte im Stillen, dass Sabine sich hier ungeschickt verhielt. Sie musste doch längst wissen, dass Jules sich am Widerstand berauschte,
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