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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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dass sie immer noch wütend war.
    »Der Mensch braucht eine Hoffnung«, sagte er. Sie sah ihn immer noch nicht an, und seine Stimme klang erschöpft. »Sie verteilen jetzt Land, Frau, im Westen, hat Joseph gesagt. Ich versuche die ganze Zeit, dir davon zu erzählen, warum hörst du mir nicht zu?«
    Ihre Stimme zitterte. »Was nützt mir Land im Westen, wenn du so endest wie Petie?«
    »Ich bin nicht Petie.« Luke sprach langsam und versuchte, sie zu überzeugen. »Ich bin ein erwachsener Mann, und ich werde es schaffen.«
    Pearl hörte die Entschlossenheit, die absolute Sicherheit in seiner Stimme, und lehnte sich mit der Stirn an die Wand. »Wenn du weggehst, sehe ich dich nie wieder.«
    Seine Stimme wurde leiser. »Joseph hat gesagt, es gibt eine neue Untergrundstation, nur dreißig Meilen von hier. Das schaffe ich, und von da aus komme ich Station um Station weiter. Es gibt gute Menschen da draußen, bis in die freien Staaten, sogar bis nach Kanada.«
    »Und Kanada liegt im Westen? Du kennst dich doch da draußen überhaupt nicht aus, wie willst du denn Kanada finden?«
    Jetzt ließ sie sich von ihm in die Arme nehmen und festhalten. »Wenn wir ein Baby hätten, würdest du nicht weglaufen«, flüsterte sie gegen seine Brust.
    »Glaubst du, ich will, dass mein Kind ein Sklave wird?«
    »Lass mich hier nicht allein, Luke.« Sie blickte ihn an, gab sich geschlagen. »Schenk mir ein Kind, bevor du gehst.«
    Luke küsste sie auf die Lider, auf die Lippen, auf den Hals. Dann ließ er sie auf die Matratze aus Maisblättern sinken und zeigte ihr einmal mehr, wie sehr er sie liebte. Zitternd hielt sie sich an ihm fest.
    Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass ich hier allein bleibe.

6
    Die tiefroten Rosen sahen im Abendlicht fast schwarz aus, als Marianne in den Garten ging, die Hände an ihrem bronzefarbenen Taftrock gedrückt, damit er nicht an den Dornen hängenblieb. Freddie lief neben ihr und beschnüffelte hier und da die warme, fruchtbare Erde.
    Es würde nicht mehr lange dauern, bis Annie sie zum Abendessen mit Adam und den Chamard-Brüdern rief. Was für ein ungleiches Paar diese Brüder doch waren. Ob Adam und sie auch so unterschiedlich wirkten wie Yves und Marcel?
    Allerdings hatten die beiden Männer auch verschiedene Mütter. Marcel, der tatsächlich ihr Cousin ersten Grades war, hatte das gute Aussehen seines Vaters geerbt, die sanftbraunen Augen und das angenehme Verhalten. Sein Mund, so erinnerte sie sich und errötete ein wenig, lud zum Küssen ein. Nicht dass sie ihn jemals geküsst hätte; die einzigen Küsse, die sie bisher erlebt hatte, waren mit Martin Milkstone und Albert Prud’homme gewesen. Martins Kuss war höchst unangenehm gewesen, er hatte die Zähne heftig an ihre Lippen gedrückt, sich aber immerhin hinterher wortreich entschuldigt, sehr zu recht. Und der bedauernswerte Albert war nach einem sehr angenehmen Kuss einfach davongelaufen. Kein Mann für sie.
    Überhaupt hatte sie inzwischen beschlossen, dass es offenbar keinen Mann für sie gab. Keiner der jungen Männer aus ihren Kreisen wirkte anziehend auf sie. Sie waren alle ziemlich albern und flach. Keiner von ihnen hatte sie jemals nach ihrer Meinung über irgendetwas gefragt, was wichtiger gewesen wäre als die Wetteraussichten. Keiner von ihnen hatte jemals Anstalten gemacht, mit ihr darüber zu sprechen, was sie gelesen hatte oder was sie dachte. Solange sie sich zurückerinnern konnte, hatte ihre Mutter in jedem Punkt nachgegeben, der zwischen ihr und Vater Meinungsverschiedenheiten hätte mit sich bringen können. Aber diese Art damenhafter Nachgiebigkeit war nicht das Leben, das Marianne sich für sich selbst vorstellen konnte.
    Sie würde nicht heiraten, Vater würde damit wohl leben müssen.
    Und Yves Chamard war auch nicht anders als alle anderen. Er war als oberflächlicher Schürzenjäger bekannt, hatte aber sicher noch nie eine der Schönen gefragt, was sie beispielsweise von der Kandidatur von Stephen Douglas hielt. Ihr lieber Cousin Marcel war wenigstens höflich und freundlich, und außerdem hatte er die schönsten Augen weit und breit. Sie kannte keinen Mann und auch keine Frau, der oder die sich in dieser Hinsicht mit ihm vergleichen konnte. Yves, mit dem sie überhaupt nicht verwandt war, hatte eine scharf gezeichnete Nase, stechende haselnussbraune Augen und ein Benehmen, das in höchstem Maße seinen wechselnden Launen unterworfen war. Marcel wirkte immer entspannt und schien sich überall zu Hause zu fühlen. Yves

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