Melodie des Südens
machte er sich an die Arbeit.
Durch den Druck der Schwellung hatten sich die Bisswunden fast alle geschlossen. Gabriel suchte einen Punkt ganz nahe an Sylvies Nabel und setzte das Skalpell auf die Haut. Eine dünne rote Linie zeigte sich, und er drückte ein wenig fester auf.
Die Klinge drang durch die Haut, durch den Muskel, und dann strömte der Eiter an der Klinge vorbei, fast schäumend, um dem Hohlraum zu entkommen, der schon zu klein geworden war.
Er ließ den Eiter abfließen und wischte die Flüssigkeit so schnell weg, wie sie kam. Als aus dem Strom ein Rinnsal wurde, drückte er vorsichtig, um so viel wie möglich zu entfernen.
Kein schöner Anblick. Sylvies Mutter Irene hatte seinen Rat angenommen und starrte angestrengt aus dem Fenster. Miss Johnston jedoch, stellte er bewundernd fest, hielt sich tapfer, obwohl ihre Hände inzwischen genauso vom Eiter verschmiert waren wie die seinen.
Aus seiner Tasche zog er ein Glasröhrchen hervor, etwa fünfundzwanzig Zentimeter lang, eine Art Strohhalm. Er wischte das Glas mit einem sauberen Tuch ab und führte das eine Ende dann in die Wunde ein. Vorsichtig, einen Finger immer bereit, die obere Öffnung zu verschließen, saugte er den verbliebenen Eiter heraus.
Als er das Röhrchen herauszog und seinen Inhalt in ein anderes Tuch entleerte, warf er wieder einen Blick auf Mariannes Gesicht. Jetzt war sie ein wenig blass um die Nase. »Sie müssen dabei nicht zusehen, Miss Johnston. Vielleicht möchten Sie sich die Hände säubern? Wir sind gleich soweit, dass wir die Wunde auswaschen und schließen können.«
»Alles in Ordnung«, murmelte sie.
Gabriel beendete sein Tun, und Marianne assistierte ihm weiterhin. Dann verschlossen und verbanden sie gemeinsam die Wunde.
»Irene?«, sagte Marianne. Sylvies Mutter saß stocksteif da und blickte immer noch aus dem Fenster. »Es ist vorbei.«
Mit heftigem Seufzen beugte sich Irene über ihre Tochter, und Gabriel berührte sie an der Schulter. »Die Schmerzen werden jetzt nachlassen«, sagte er.
»Wird sie wieder gesund, Doktor?«, fragte Irene unter Tränen. »Machen Sie sie wieder gesund?«
Gabriel sah Marianne an, hoffte, dass sie verstanden hatte, wie es um die Kleine stand. Der Körper war durch und durch infiziert, das hatte sie selbst sehen können. »Sie wird bis zum Spätnachmittag schlafen, denke ich«, antwortete Gabriel der Mutter.
»Ich schicke dir Pearl, damit sie abwechselnd mit dir Wache hält, Irene. Wir kommen später wieder. Dr. Chamard, kommen Sie bitte, ich zeige Ihnen, wo Sie sich waschen können.«
Gabriel begleitete Marianne zum Haus, wo sie ihn in die Obhut von Charles übergab, dem sie befahl, dem Doktor jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
Zurück in ihrem Zimmer, bewegte sich Marianne wie im Halbschlaf. Sie band die Schürze ab und rollte sie zusammen, damit sie nichts beschmutzte. »Nein, Freddie«, sagte sie zu ihrem Hund, der daran schnüffeln wollte, hob ihn auf den Schoß und ließ sich von ihm küssen, bis sie wenigstens ein bisschen lächeln konnte. Er war ihr einziger Trost, wenn sie sich einsam fühlte oder wenn sie sich fürchtete. Und jetzt fürchtete sie sich sehr. Wie konnte Sylvie diese schreckliche Verletzung überleben?
Hannah kam hereingestürmt und holte Marianne aus ihrer Lethargie. Sie half ihr beim Ausziehen, ließ ihr ein Bad ein und gab eine Handvoll Rosenblütenblätter ins Wasser, um es zu parfümieren. Sobald Marianne ganz ins Wasser eingetaucht war, begann Hannah sie zu schrubben, bis die Haut ganz rosig war. Aber auch das Bad brachte keine Entspannung, nur die lähmende Kraft der Müdigkeit und der gesehenen Schrecken verschwand, und die Energie kehrte zurück. Wenn sie doch nur irgendetwas tun könnte!
Dr. Chamard hatte alles Menschenmögliche für Sylvie und Peter getan. Sie konnte nur noch dafür sorgen, dass etwas Derartiges nicht noch einmal passierte.
Hannah hielt zwei Kleider vor ihr in die Höhe. »Gehen Sie noch mal da runter?«, fragte sie. Marianne nickte. »Dann ziehen Sie das hier an«, beschloss Hannah kurzerhand, und ihrer Herrin war es wirklich vollkommen gleichgültig. Sie drängte Hannah zur Eile mit den Knöpfen, bürstete sich das Haar selbst und steckte es ohne große Sorgfalt hoch, damit es sie nicht behinderte. Unten angekommen, fragte sie, ob Dr. Chamard schon bereit zum Frühstück war.
»Er sitzt auf der Veranda, Miss Marianne«, antwortete Charles. »Ich habe ihn erst mal mit einem Glas Limonade versorgt.«
»Und Mr Adam und
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