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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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»Guten Morgen. Und auch dir einen guten Morgen, Adam.«
    »Morgen«, sagte er und blickte kaum von seiner Hafergrütze auf. Das Frühstück war eine informelle Mahlzeit, zu der jedes Mitglied des Haushalts kam, wann immer es so weit war. Yves stieß erst zu ihnen, als Marianne ihren Teller mit Obst und Schinken fast leer gegessen hatte. Sie und Marcel hatten eine lebhafte Unterhaltung über die Wissenschaftler in Frankreich und Deutschland, nicht zuletzt über Mariannes Briefpartner Monsieur Vibert, und ihre aufregenden Entdeckungen geführt.
    Als Yves das Zimmer betrat, bemerkte Marianne den forschenden Blick, den Marcel seinem Bruder zuwarf. Yves war ebenfalls frisch rasiert, und sein Leinenhemd war so gut gestärkt, wie man es sich nur wünschen konnte. Sein braunes Haar wallte in einer perfekten Tolle über seine Stirn. Aber er hatte dunkle Schatten unter den Augen. Schon gestern früh hatte er schlecht ausgesehen, erinnerte sie sich. Und seine Augen waren ganz rot. Vermutlich hatte er wieder die ganze Nacht getrunken, dachte sie voller Abscheu.
    »Guten Morgen, Mr Chamard«, sagte sie förmlich. Sie hatte ihm sein ungebührliches Benehmen im Garten nicht verziehen.
    Er antwortete mit einer kleinen, förmlichen Verbeugung und griff nach der Kaffeekanne. Adam stellte seine Tasse ab und sagte: »Lieber Himmel, Chamard, haben Sie die ganze Nacht nicht geschlafen?«
    »Natürlich habe ich geschlafen«, antwortete Yves. »Warum sollte ich denn nicht?« Jedes seiner Worte klang grantig wie von einem Mann, der die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte.
    Marianne entschuldigte sich und ging. Yves Chamards Anwesenheit bereitete ihr keine Freude. Sie nahm den Weg durch das Pekanwäldchen zu Peters Hütte.
    Obwohl es noch früher Morgen war, trug die warme, feuchte Luft schon alle Gerüche der Sklavenunterkünfte mit sich: die Hühner, die Latrinen, der Staub, das Geißblatt und die Gardenien. Es war still, nur ein paar ältere Frauen waren zu sehen, und die kleinsten Kinder spielten ruhig im Schatten einer Stieleiche.
    Die Türen und Fenster der Hütte waren geöffnet, um Luft hereinzulassen. »Guten Morgen, Peter«, sagte Marianne.
    Als er versuchte, sich zu erheben, legte sie ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich will wieder nach deinen Wunden sehen, Peter.«
    »Ja, Ma’am.«
    Sie schnupperte an den Schnittwunden und betastete sie, wie Dr. Chamard es ihr beigebracht hatte, aber es war kein Verwesungsgeruch wahrzunehmen. Die Schwellungen waren nicht mehr heiß, und die Haut unter ihren Fingern war fest. Peters Wunden heilten bemerkenswert gut, aber er würde noch Zeit brauchen, bis er wieder gesund war.
    »Hast du gefrühstückt?«
    Peter antwortete nicht gleich. Sie sah ihn an. »Ich hab keinen Hunger, Miss.«
    »Hat Pearl dir noch nichts gebracht?«
    Er sah verlegen zur Seite. »Sie kommt sicher gleich.«
    Es sah Pearl gar nicht ähnlich, Peter zu vernachlässigen. »Joseph hat deine Krücke fertig, habe ich gesehen. Hast du sie schon ausprobiert?«
    Er griff nach der Krücke und zog sich hoch, um mit der grob geschnitzten Stütze aufrecht zu stehen. Mit seinem geschwächten Bein und dem verstümmelten Fuß musste er vorsichtig sein. Aber er lachte. »Damit kann ich laufen, Miss.«
    Marianne klatschte in die Hände und legte sie an die Lippen. Ihre Augen funkelten vor Stolz. »Ja, das glaube ich auch.« Er würde nicht sehr gut gehen können, aber immerhin. »Aber lass dir Zeit. Jetzt leg dich wieder hin. In ein paar Tagen kannst du auf die Veranda gehen und dich hinsetzen. Aber nichts überstürzen, Peter!«
    Sie ging weiter zur Sommerküche, in der glühende Hitze herrschte, obwohl sie nur zwei Wände hatte. Dort traf sie Evette an, die die zwei Helferinnen überwachte, die das Mittagessen für die Feldarbeiter zubereiteten. In großen Schüsseln brutzelte der Speck, der Reis dampfte, und rote Bohnen kochten vor sich hin. Die Frauen waren schweißgebadet, und die Kleider klebten ihnen auf der Haut.
    »Miss Marianne, hier ist es zu heiß für Sie«, Evette wedelte mit ihrer Schürze, als könnte sie damit für etwas Kühlung sorgen.
    »Wo ist Pearl, Evette?«
    Marianne sah den nervösen Blick, den Evette den anderen beiden Frauen zuwarf. »Sie muss bei Peter in der Hütte sein. Soll ich sie Ihnen ins Haus schicken?«
    Die Köchin hatte etwas zu verbergen, keine Frage. War Pearl irgendwo draußen? Die Sklaven taten das manchmal, gingen für ein paar Tage in die Wälder und kamen dann zurück, bereit, den Zorn des

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