Melodie des Südens
wenigsten beleidigt sein. Er hatte Gabriels Mutter, die selbst ein Mischling war, zwanzig Jahre lang innig geliebt, bevor sie ihn wegen Pierre LaFitte verlassen hatte. Papa würde mehr als jeder andere verstehen, dass das Herz nicht immer nach Bequemlichkeit und förmlichem Anstand fragte.
Simone bewegte sich. Das gelbe Kerzenlicht schimmerte auf ihrer weichen Haut und über ihren nackten Brüsten. Er streichelte ihren Arm, und sie öffnete die Augen.
»Muss ich gehen?«
»Bald.« Er küsste sie aufs Ohr, und sie drehte sich zu ihm um, die Hände nach ihm ausgestreckt.
Er schmeckte das Salz in der Höhlung unten an ihrem Hals. »Ich möchte dich heiraten«, sagte er.
»Ja, aber nicht mehr heute Nacht.« Sie legte den Kopf zurück und bot ihm ihren langen, weißen Hals dar. »Küss mich, Gabriel.«
Eine träge, befriedigte Weile später hob er sich auf einen Ellbogen und streichelte ihr Gesicht.
»Worüber lächelst du?«, fragte sie.
»Über dich. Wer hätte gedacht, dass du so unersättlich bist?«
Sie lachte. »Ich habe es immer schon vermutet.«
Jetzt musste sie ihm zuhören. Er griff nach ihrer Hand und legte sie an seine Lippen. »Du wirst so viel aufgeben müssen«, sagte er und küsste jeden ihrer Fingerknöchel. »Gesellschaft, Stellung, Reichtum, Freunde. Weißt du das?«
»Heirate mich, Gabriel, mehr brauche ich nicht.«
Die Kerze ging aus. »Küss mich im Dunkeln, Gabriel.«
»Frau, du machst mich fertig.« Er griff nach ihr und küsste sie leidenschaftlich. Dann lachte er. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals sagen würde. Zieh dich an, Frau.«
Arm in Arm gingen sie die Straße hinunter, Sternenlicht spiegelte sich auf dem Fluss, und die feuchte Luft umschmeichelte sie, ließ Simones Haar in Kräuseln um ihr Gesicht stehen. Als sie bei der Magnolie ankamen, blieb Gabriel stehen. »Ich kümmere mich heute noch um einen Pfarrer, wenn du willst.«
»Das habe ich immer schon gewollt.«
»Dann erzählen wir es der Familie und gehen nach Baton Rouge oder Vicksburg, bis ich irgendwo weiter weg eine Stelle finde, vielleicht in Jackson. Simone, es muss dir klar sein, dass wir eine ganze Weile ziemlich arm sein werden.«
»Ich habe etwas Geld«, sagte sie. »Papa hat es immer mein Nadelgeld genannt, und das meiste davon habe ich gespart. Wenn wir sparsam leben, reicht es wochenlang.«
»Ich habe nicht die Absicht, von deinem Geld zu leben.«
»Hör auf, Gabriel. Ich hätte einen wohlhabenden Mann heiraten können, als du fort warst. Zwei wohlhabende Männer. Aber ich habe auf dich gewartet. Mach dir keine Gedanken wegen des Geldes. Wir werden ein wunderbares Leben haben.«
Sie küssten sich, zögerten den Abschied noch ein wenig hinaus. Endlich trat Simone einen Schritt zurück und drehte sich um, um ins Haus zu gehen, wobei sie immer noch Gabriels Hand hielt.
Plötzlich blieb sie erschrocken stehen. Da war jemand, auf der Straße beim Tor. Sie wurden beobachtet.
»Das ist Maman«, hauchte Simone.
Tante Josephines Schritte kamen ihnen entgegen. »Ich möchte euch drinnen sprechen. Beide.«
Gabriel folgte den Frauen die Verandatreppe hinauf und in den Salon, wo seine Tante eine Lampe hatte brennen lassen. Niemals in seinem ganzen Leben hatte er sich schuldiger oder schäbiger gefühlt als jetzt. Er hatte seine geliebte Tante Josie betrogen, ihr Vertrauen und ihre Liebe missbraucht. Aber sie konnte ihn und Simone nicht aufhalten, nicht mehr. Sie würden heiraten, komme, was da wolle.
»Setzt euch bitte«, sagte Tante Josephine.
Die beiden Liebenden setzten sich aufs Sofa. Simone griff nach Gabriels Hand und hob das Kinn. »Ich werde Gabriel heiraten«, erklärte sie ihrer Mutter.
»Ja, Simone, das wirst du.« Josephine richtete ihren brennendem Blick tief in Gabriels Gewissen. »Und wovon werdet ihr leben? Wo werdet ihr leben? Nirgendwo in Louisiana könnt ihr in Sicherheit sein, das wisst ihr.«
Gabriel nickte. »Ja, Tante. Ich werde mir eine Stelle in einem Krankenhaus suchen oder eine eigene Praxis aufmachen, irgendwo weit weg von hier. Abseits des Mississippi kennt mich niemand. Oder in Alabama. Mobile ist eine große Stadt. Oder Montgomery.«
Simone erinnerte ihre Mutter: »Papa war ein armer Cajun und du ein reiches creolisches Mädchen, Maman. Und du hast ihn geheiratet.«
»Und ich bin jeden Tag dankbar für die Jahre, die ich mit deinem Vater hatte.« Josephine starrte in die Schatten, als könnte Phanor daraus auftauchen und sie noch einmal in die Arme nehmen. Auch
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