Melodie des Südens
Wagen saßen. Sie sah, wie Monroe sein Gewehr auf der Seite des Wagens auflegte und in den Wald zielte, auf irgendjemanden da draußen. Irgendjemanden, der ihren Namen kannte.
Der Wagen bewegte sich. Wilson war neben ihr auf dem Kutschbock, griff nach ihr und der Schrotflinte. Sie drehte sich weg, er durfte die Waffe nicht in die Hand bekommen. Er trat nach ihrem Kopf, und sie fuhr zurück, hielt das Gewehr aber fest. Er trat ihr in den Bauch, dann gegen die Brust, und endlich ließ sie los.
Wilson riss ihr die Waffe aus den Händen, aber bevor er sie auf Marianne richten konnte, hatte Pearl ihn von hinten angesprungen. Sie kratzte und riss mit den Fingernägeln durchs Gesicht, biss ihm ins Ohr, und Marianne warf sich gegen seine Kniekehlen. Er fuchtelte mit den Armen, kämpfte um sein Gleichgewicht, während Pearl ihm immer noch am Rücken hing und Marianne direkt vor seinen Füßen lag.
Marianne hörte, dass Monroe noch einmal schoss, und sie sah Pearls mondbleiches Gesicht, als sie mit ihren Fingernägeln auf die Augen ihres Peinigers losging.
Kreischend griff Wilson über seinen Kopf und packte Pearl. Es gelang ihm, sie über seine Schulter zu ziehen. Sie versuchte noch einmal, mit den Fingern sein Gesicht zu erreichen, aber jetzt hatte er ihr die Hände um den Hals gelegt. Er drückte zu, quetschte das Leben aus ihr heraus.
Marianne fand die Flinte zu ihren Füßen, schob dem Mann die Mündung zwischen die Rippen und drückte ab.
Aus Wilsons Brust kam ein lang gezogenes, endloses Keuchen. Er ließ Pearl los, sodass sie zurück in den Wagen fiel, auf Joseph, der genau in dem Augenblick, als die Flinte losgegangen war, nach den Beinen des Mannes gegriffen hatte.
Wilson brach mit zerfetztem Brustkorb über Marianne zusammen. Es wurde weiter geschossen. Monroe feuerte immer noch in die Dunkelheit. Dann hörte man ganz in der Nähe ein anderes Gewehr mit einem anderen Ladegeräusch. Jemand feuerte jetzt auf Monroe.
»Joseph?« Mit dem Toten über sich bekam Marianne kaum Luft. Plötzlich war es still. Keine Schüsse mehr, gar kein Geräusch mehr. »Joseph?« Was, wenn Monroe jetzt Joseph erschossen hatte? Der Wagen bewegte sich. Sie kämpfte mit der Panik, kreischte noch einmal: »Joseph!«
»Alles in Ordnung, ich bin da.«
Der Tote wurde weggezogen, und sie atmete tief die Nachtluft ein. Blut bedeckte ihr Gesicht, sodass sie nichts sah.
Hände hoben sie hoch, setzten sie auf den Kutschbock. Der metallische Geruch von Blut und etwas anderem … Sandelholz? Daumen strichen sanft über ihre Lider, wischten das Blut weg, und sie legte den Kopf zurück. Zwei Hände umfassten ihr Gesicht, süßer Atem berührte zärtlich ihrem Mund. »Bist du verletzt?«, fragte er.
Sie schlug die Augen auf. Es war Yves, und das schien für sie vollkommen in Ordnung zu sein. Dann kehrte ihr Denkvermögen zurück, und sie fragte: »Was tust du hier?«
»Ich rette eine Jungfrau, die in Gefahr ist. Unter anderem.«
Yves Chamard zog sein Taschentuch heraus und wischte ihr die Augen und die Nase ab. Dann säuberte er so sanft, als wäre sie ein Kind, ihre Lippen. Sie saß still wie eine Porzellanpuppe, auch wenn sie innerlich in völligem Aufruhr war. Ihr Herz schlug heftig, und ihr Atem ging immer noch stoßweise. Als er mit dem Taschentuch fertig war, ließ er seinen Daumen über ihre Unterlippe gleiten, leicht und vorsichtig. Benommen dachte sie, er würde sie küssen, aber als sie ihre Lippen öffnete, stand Yves auf und beugte sich über die Wand in den Wagen.
»Wie geht es dem Mädchen?«
»Sie atmet«, antwortete Joseph.
Marianne kletterte an Yves vorbei in den Wagen. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
Pearl schluckte und konnte mit ihrem verletzten Hals nur flüstern. »Ich lebe, Miss Marianne.«
Sonny stöhnte und erhob sich auf die Knie. Yves sprang zu Boden und schlug ihm die Faust gegen die Schläfe, sodass er wieder zusammenbrach.
»Joseph, könntest du wohl mal die Laterne anmachen?«, fragte Yves.
»Warte«, sagte Marianne. »Wo sind die anderen Männer?«
Joseph kletterte vom Wagen und stieß mit der Fußspitze den toten Monroe an, der ein schwarzes Loch in der Stirn hatte, das sogar im Mondschein zu sehen war. »Das war der Schlanke«, sagte er.
»Es waren aber vier«, beharrte Marianne.
»Der vierte ist tot«, erklärte Yves. »Mach die Laterne an, damit ich den hier fesseln kann.«
Er nahm Sonnys Hosenträger und schlang sie ihm um die Fußgelenke. Die Handgelenke band er mit den Schnürsenkeln aus
Weitere Kostenlose Bücher