Melville
dieses Druckmittel anbringt, halte ich fast schon für übertrieben
und auch lähmend für meine Argumentation. Aber das war sicher auch
seine Absicht. Er erkennt meine leichten Zweifel und fährt plötzlich
lächelnd und mit einer unangemessenen Ruhe in der Stimme fort
„Sie
verstehen doch, dass Angelegenheiten außerhalb der Domäne eher in
das Aufgabengebiet der Geißel fallen. Ungern setze ich meine Leute
außerhalb geschützter Territorien ein. Ihnen fehlt dafür einfach
die Erfahrung.”.
„Die
Geißel?”.
„Sie
werden doch wohl wissen, welche Institution das ist?”. An meinem
Gesichtsausdruck erkennt er, dass eine Antwort von meiner Seite
unnötig ist.
„Die
Geißel ist eine speziell ausgebildete Sondereinheit, die sich ganz
besonders in der Auseinandersetzung mit camarillazersetzenden
Individuen auskennt. Sollte es sich um eine Bedrohung von außerhalb
handeln, so werden diese Kainiten am ehesten wissen, was zu tun ist.
Wenn Ihnen die Akzeptanz dadurch leichter fällt, fühlen Sie sich
für Ihre bisher erbrachte Leistung gelobt. Dies gilt natürlich für
das gesamte Klüngel. Doch es wird Zeit, weiter zu arbeiten.”.
„Ich
verstehe, Mr von Hohentannen. Verzeihen Sie meine anmaßende
Nachfrage.”.
„Keine
Sorge, Mr Lancaster, aber lassen Sie sich nicht noch einmal dazu
verleiten, meine Kompetenz in Frage zu stellen.”. Ich senke als
Zeichen für meine Demut mein Haupt.
„Wie
können ich und mein Klüngel der Domäne dienlich sein?”.
Zufrieden blickt er mich an.
„Gut,
dann können wir ja fortfahren. Es ist aufgefallen, dass die
Datensätze des Senegals und die tatsächlichen Begebenheiten nicht
ganz übereinstimmen. Viele Adressen der Neonati sind veraltet und
einige Mitglieder unserer geliebten Gemeinschaft hielten es wohl
nicht für nötig, ihre neuen Adressen auch zu melden. Sie werden
sich darum kümmern, diese Daten zu aktualisieren. Ancillae sind
hiervon natürlich ausgenommen! Wir wollen ja unsere geehrten
Mitglieder nicht in den Verruf bringen, schlampig im Umgang mit ihren
Informationen zu sein. Haben Sie verstanden, Mr Lancaster?”.
„Ja,
das habe ich.”. Diese Aufgabe ist so sinnentleert wie
fadenscheinig. Eine Aufgabe, die man einfach per Anfrage über die
Clanshäuser durch den Senegal klären könnte. Doch ich wage keine
Widerworte.
„Wenden
Sie sich an Mr Matherson, er ist bereits informiert. Auch wenn Sie
die Notwendigkeit dieser Aufgabe möglicherweise nicht wirklich
erkennen, aber eine gut gepflegte Verwaltung ist das ‘A und O’
einer einwandfrei funktionierenden Regierung.”.
„Das
verstehe ich natürlich, Primogen. Wir werden uns gleich an die
Aufgabe setzen und die Liste abgleichen, sowie neue Erkenntnisse
direkt an Mr Matherson weiterleiten.”.
„Sehr
gut. Ich verlasse mich auf Sie, Mr Lancaster. Enttäuschen Sie mich
nicht, wenn Sie auch weiterhin blendende Aussichten in unseren Reihen
anstreben.”. Schmerzlich wird mir klar, welcher Führungsstil Mr
von Hohentannen für sein Amt so geeignet macht.
„Ich
werde mich ganz an Ihre Weisungen halten. Ich danke Ihnen für diese
Möglichkeit.”. Und mit diesen Worten erhebe ich mich.
„Einen
schönen guten Abend noch, Sir.”. Er nickt nur, dann verlasse ich
sein Büro. Die Erkenntnis, wie unbedeutend meine Position und auch
mein Bündnis zu Benedict eigentlich sind, lässt mich gänzlich
niedergeschlagen fühlen. Wie soll ich das meinem Klüngel erklären,
ohne vor ihnen mein Gesicht zu verlieren?
„Was?“,
fragt Andrew ungläubig nach. Ich habe mit der Verkündung der Hiobs
Botschaft gewartet, bis wir wieder im Haus sind.
„Die
Geißel, Andrew. Sie werden sich jetzt weiter darum kümmern. Unser
Anteil an dieser Aufgabe ist damit beendet und wir haben auch bereits
eine neue erhalten. Akzeptiere das!”, muss ich leider harscher
antworten als mir recht ist. Aber er muss es einfach hinnehmen, sowie
die anderen auch.
„Das
ist doch Schwachsinn, Melville! Klopfen die jetzt da an und wenn man
ihnen eine saubere Baustelle präsentieren kann, hauen die wieder
ab?”.
„Hast
du schon mal darüber nachgedacht, Vanessa, dass unser Klüngel für
eine echte Konfrontation nicht gewappnet ist? Du bist die einzige
hier, die sich vielleicht zu helfen weiß... und der Rest von uns?
Bist du bereit, für ein bisschen Aufmüpfigkeit unser Blut an deinen
Händen kleben zu haben?”. Darauf weiß sie keine Antwort, sondern
beißt sich nur auf die Unterlippe, um jetzt nichts Falsches zu
sagen.
„Das
habe ich
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