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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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wehmütig blickt ihm der Bildhauer hinterher. Sicher
ist es Mr Artineau zu verdanken, dass er dieses Kostüm tragen muss.
    „Auf
die Kunst!”, prostet er den anderen zu und sie heben pflichtbewusst
ihre Gläser und nippen dann vorsichtig.
    „Sie
und Henri würden ein schönes Paar abgeben!“, sagt der Toreador
provokativ und auch vollkommen unangemessen. Andrew verschluckt sich
und prustet etwas von dem Blut, das er gerade trinken wollte, vor
sich auf den Boden. Mit zutiefst beschämtem Gesichtsausdruck
versucht er nach einem Taschentuch zu suchen. Aber das ist ein
Utensil, welches in unserer Gesellschaft wohl kaum jemand dabei hat.
Somit tupft er sich mit dem unteren Rand vom T-Shirt, das er unter
seinem Pullover trägt, die Spuren aus dem Gesicht. Hauptsache, er
ist draußen nicht zu auffällig mit diesen Flecken.
    „Verzeihung.“,
sagt er dann kleinlaut und stellt sein Glas lieber auf dem Tisch ab.
    „Ich
denke, Mr Artineau, dass das nicht unser Thema sein soll. Wenn Sie
doch bitte auf meine Frage antworten könnten, wo sich ihr jetziges
Küken zurzeit aufhält.”.
    „Ich
könnte sie beide, engumschlungen, in italienischem Marmor verewigen.
‘Der Staatsdiener und der Reiter.’.
    Vanessa
kann sich vor Lachen nicht mehr halten und bedrohlich höre ich
wieder die Federn unter uns knacken. Ich blicke ihn finster an. Ist
er noch ganz bei Trost?
    „Ist
Ihnen bewusst, mit wem Sie reden? Ich bin Klüngelsprecher eines vom
Primogen des Clans der Könige ernannten Klüngels. Sie sind zu
Mitarbeit verpflichtet, Mr Artineau. Oder soll ich vermerken, dass
Sie die Aussage verweigern und Sie erhalten dann eine offizielle
Vorladung in das Elysium?”. Er deutet an, nach Luft schnappen zu
müssen, eine vollkommen unangebrachte Geste.
    „Jetzt
regen Sie sich doch nicht so auf, herrje.”. Wieder riecht er an
seinem Tuch. Wenigstens hat Daniel es geschafft, Vanessa wieder zu
beruhigen. Dann fährt diese überzeichnete Karikatur eines Künstlers
fort
    „Ich
wollte Ihnen nur das Angebot machen, Ihr Antlitz auf ewig mit meinem
Talent zu verbinden. Aber Sie wollen ja wohl nicht, Ihre Schuld.”.
Ich erhebe eine Augenbraue, da er immer noch eine Aussage zu meiner
Frage verweigert.
    „Schon
gut, schon gut... ich weiß ehrlich gesagt nicht, was die ganze
Aufregung soll. Ich habe mein Zeugungsrecht vor einem Jahr doch gar
nicht in Anspruch genommen. Es hat sich herausgestellt, dass
Jean-Baptiste ein Stümper war und ein Lügner noch dazu. Seine
Skizzen waren das Werk eines anderen... dieser Gauner.”.
    „Das
heißt, Sie verantworten zurzeit gar kein Küken? Verstehe ich Sie
richtig?”.
    „Hören
Sie mir überhaupt zu? Ich - habe - kein - Küken.“, wiederholt er
überbetont, als wäre ich zu dumm, um seine Sätze zu verstehen.
    „Wer
ist dann Henri?“, frage ich, doch irritiert, da ich angenommen
hatte, dass er sein Küken sein wird.
    „Henri
ist schon seit Jahren bei mir. Schon seit der Zeit, als die Domäne
wirkliche Kunst noch erkannt hat... nicht wie diese modernen
Effektehascher, diese Banausen...”, da ich keine weitere Lust habe,
mich mit seinen privaten Ausführungen zu befassen, erhebe ich mich
demonstrativ und unterbreche somit seinen beginnenden Redeschwall.
    „Dann
ist alles geklärt und wir können gehen.”. Und erfreulicherweise
tut mein Klüngel es mir gleich. Aus meiner Sicht besteht keine
Notwendigkeit, mich höflich und angemessen zu verabschieden. Mit
schnellem Schritt wende ich mich zum Gehen und es dauert keine
Minute, bis wir alle endlich wieder an der Haustür sind. Ich will
gerade die Tür selbst öffnen, da steht er plötzlich dicht neben
mir und flüstert zutraulicher als mir lieb ist
    „Wenn
Sie es sich anders überlegen, rufen Sie mich an... meine Werkstatt
ist bereit.”. Dann steckt er mir anzüglich seine Visitenkarte in
die Brusttasche meines Sakkos und grinst zweideutig. Ich weiß darauf
nicht wirklich eine passende Antwort, drehe mich herum und verlasse
sein Haus. Noch auf dem Kiesweg zum Auto, nehme ich die Karte heraus,
zerknülle sie wortlos in meiner Hand und lasse sie zu Boden fallen.
Ekelhaft.

    „Das
war doch echt lustig. Findet ihr nicht?”, fragt Vanessa im Auto.
    „Ich
habe von solchen Toreador gehört, aber ich dachte, das sind nur
Klischees. Aber es gibt sie wirklich.”, kommentiert Andrew.
    „Mir
war auch nicht bewusst, dass unsere Gesellschaft mit solchen
Individuen belastet wird.“, sage ich nur barsch.
    „Ach,
jetzt sei nicht so streng mit ihm. Er versucht

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