Melville
in
meinen Aktenkoffer. Und rufen Sie den Fahrer an, ich muss in
spätestens vierzig Minuten auf dem Weg zu meinem Firmensitz sein.
Haben Sie verstanden?”.
„Gewiss,
Sir. Ich werde alles veranlassen.”. Er war wirklich eine gute Wahl.
Am Ende der Nacht sollte ich unser Band noch einmal intensivieren.
Im
Erdgeschoss angekommen reicht mir James bereits meinen Aktenkoffer
und den Mantel. Vanessa sitzt am großen Konferenztisch und scheint
Cornflakes zu essen. Ein Anblick, der mich fast aus dem Takt bringt.
„Wo
willst du denn hin?”, fragt sie, aber ohne Vorwurf in der Stimme.
„Ich
habe einen wichtigen Termin übersehen, den ich nicht verschieben
kann. Sagst du bitte den anderen Bescheid? Heute wird der
Klüngeldienst leider ausfallen müssen.”.
„Wird
das jetzt vom Geld abgezogen?”, fragt sie fast erschüttert.
Richtig, ihre familiären Verpflichtungen.
„Ich
habe dafür jetzt keine Zeit. Ich zahle euch die Differenz, es ist im
Grunde mein Versäumnis.”.
„Okay,
dann viel Spaß.”.
„Dir
auch.“ und dann bin ich auch schon aus der Tür. Schwungvoll setze
ich mich in den Wagen. Ich freue mich darauf, meinen Finanztempel
wieder zu sehen. Meine selbsterwählte Arbeit macht mir Spaß und wer
kann das schon so eindeutig sagen?
Das
Meeting ist ein ausgelassenes Treffen. Es fühlt sich gut an, mehr
unter Meinesgleichen zu sein. Es wird immer wieder gelacht und auf
den gemeinsamen Erfolg angestoßen, wobei ich mein Glas stets erhebe,
aber nur andeutungsweise von dem Champagner nippe. Ich bin gerade in
ein Gespräch mit einer aufstrebenden jungen Mitarbeiterin vertieft,
als meine Sekretärin mich anspricht.
„Verzeihen
Sie, Mr Safford ist am Telefon und wünscht Sie zu sprechen.”.
„Natürlich.
Ich werde den Anruf in meinem Büro entgegennehmen. Danke.“ und an
meine Gesprächspartnerin gewandt sage ich
„Verzeihen
Sie.”. Dann gehe ich in mein Büro. Rufus. Warum will er mich jetzt
sprechen? Das letzte Mal habe ich bei meiner Ernennung zum
Neugeborenen mit ihm gesprochen und seine Worte waren nicht gerade
erbaulich.
„Mr
Safford, was kann ich für Sie tun.”.
„Melville,
wir waren doch schon per Du. Wie geht es dir?”.
„Ich
bin eigentlich gerade sehr beschäftigt, Rufus. Was gibt es denn?”.
„Immer
bei der Arbeit. Das lobe ich mir, aber ich fürchte, du wirst dir die
Zeit nehmen müssen.”. Er lässt eine kurze Pause folgen und sagt
dann
„Ich
habe schlechte Neuigkeiten, Melville. Benedict ist heute Nacht leider
von uns gegangen.”.
„Was?“,
frage ich nach, ich muss mich verhört haben.
„Ein
feiger Anschlag, Melville. Sicher eine dieser fanatischen
Hacker-Gruppen. Er war auf dem Weg in sein Büro, ist dort aber nie
angekommen.”. Meine Gedanken rasen, er will mir doch nicht sagen,
das...
„Was
heißt ‘nie angekommen’?”. Meine Stimme überschlägt sich
leicht.
„Eine
Autobombe, Melville. Das Feuer hat ihn uns entrissen. Es ist so
furchtbar.”. Seine Stimme klingt aber nicht gerade, als ob er
trauern würde.
„Ich
kann das nicht glauben! Wo? Wann?”.
„Gegen
einundzwanzig Uhr, keine fünfzig Meter von seinem Haus entfernt. Wir
müssen uns treffen und den Nachlass klären.”. Ich kann nicht, ich
kann einfach nicht. Ich lasse den Telefonhörer sinken und habe das
Gefühl, in einer Blase aus unendlicher Zeit gefangen zu sein.
„Melville?
Melville, bist du noch dran?“, höre ich ihn leise im Hintergrund.
Er
muss sich irren! Ich lege den Hörer auf und renne aus dem Büro. Ich
weise meinen Fahrer an, sofort nach Hause zu fahren.
Während
die Nacht draußen, von mir unbemerkt, am Fenster vorbeirauscht,
versuche ich mich an das letzte Gespräch mit Benedict zu erinnern.
Nein,
nein! Es darf einfach nicht wahr sein!
Kaum
hält der Wagen vor meinem Haus, stürme ich heraus und wie durch
einen Tunnelblick, sehe ich mich selbst durch die Tür preschen. Ich
sehe mich um, erkenne Andrew, der auf dem Sofa sitzt und Fernsehen
schaut.
„Melville?”,
fragt er besorgt, doch ich habe keine Zeit. Ich renne die Treppe nach
oben in das Gästezimmer von Daniel. Ich reiße die Tür auf und da
sitzt er und hört seelenruhig Musik über seine Kopfhörer. Grob
greife ich seinen Oberarm und zerre ihn vom Bett. Er erschrickt
fürchterlich, doch das ist mir vollkommen egal.
„Komm!”.
„Was
ist denn los?”, aber ich antworte nicht. Ich brauche meine Gedanken
für etwas anderes. Ich schleife ihn hinter mir her, die Treppe
hinunter und hinaus zu meinem Wagen.
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