Melville
du wirst es gleich sehen.”. Die Flutlichtanlage schaltet sich
ein und ich erschrecke erst etwas. Dann sehe ich seinen Wachmann, wir
er mit einem Golfwagen auf das Grün fährt, jemand sitzt bei ihm.
Etwa dreihundert Meter entfernt bleibt er stehen. Er nimmt einen
großen Stuhl von der hinteren Ablage und hievt dann seinen Mitfahrer
auf den Stuhl. Und jetzt erst begreife ich, der Mann ist geknebelt
und gefesselt. Conrad nimmt sich noch die Zeit, ihn auch an den Stuhl
zu fesseln und macht sich dann wieder auf den Rückweg.
„Du
willst doch nicht...”.
„Oh
doch, Melville. Erhöhen wir ein bißchen den Nervenkitzel.”.
„Das
ist krank.”.
„Wie
du meinst, aber ich wette tausend Pfund, dass ich seinen Kopf treffen
kann.”.
Seinen
Kopf?
Ich
blicke zu seinem Opfer und obwohl ich auch so etwas wie Mitleid
empfinde, jedenfalls glaube ich das, schätze ich die
Wahrscheinlichkeit ab, ihn mit einem Golfball am Kopf treffen zu
können.
„Mal
abgesehen davon, dass es sehr perfide und abstoßend ist, denke ich
nicht, dass du das kannst.”.
„Gut,
die Wette steht.”. Und er bückt sich bereits nach einem neuen
Ball. Ich überlege, ob ich versuchen sollte ihn aufzuhalten. Doch
eigentlich bin ich gespannt, ob es klappt. Aber ich weiß, dass ich
mich wirklich abgestoßen fühlen sollte. Doch da ist nichts... außer
das kleine kribbelnde Gefühl, hier dabei sein zu dürfen.
Alfred
stellt sich wieder bereit, er lässt sich Zeit. Er holt aus und...
„Daneben.“,
sage ich trocken. Er tritt kurz zornig auf den Boden auf. Er ist
wütender als ich erwartet habe. Interessant. Er hasst es zu
verlieren, kommt mir bekannt vor. Er nimmt einen neuen Golfball. Und
sein Zorn scheint mit in den Schwung einzufließen. Ich sehe den Ball
nicht wirklich, aber dafür die Reaktion des gefesselten Mannes. Ein
voller Treffer - in die Bauchgegend.
„Verdammt!”,
schreit er laut. Ich verschränke die Arme hinter meinem Rücken. Wie
lange will er es versuchen? Und während ich leicht erheitert
dastehe, erkenne ich plötzlich etwas Merkwürdiges. Die Schatten,
die wir beide ja bei der Beleuchtung werfen, scheinen sich im Bereich
seiner Füße zu kräuseln. Sie bewegen sich, obwohl er diese
Bewegungen nicht macht. Sie brodeln ebenso wie seine Emotionen. Ich
gehe vorsichtig einige Schritte weiter von ihm weg, es ist verstörend
und erst zweifle ich an meinen eigenen Sinnen, doch es ist deutlich
zu sehen. Ich beschließe ihn lieber nicht mit Kommentaren zu reizen,
während er wieder einen Golfball drapiert. Es dauert sehr lange.
Ausgiebig sieht er den Mann an, der gekrümmt in den Seilen hängt.
Sicher hat ihm der Treffer eben einige Rippen gebrochen oder
Innereien zerrissen. Es herrscht Totenstille, selbst das leise
Wimmern im Hintergrund hat aufgehört. Und dann, vermutlich mit einem
perfekten Abschlag, zieht Alfred den Schläger durch die Luft. Erst
das laute Geräusch des Golfschlägers, dann das leisere, aber
ähnlich klingende Geräusch, als er den Mann am Kopf trifft. Ein
Geräusch, das ich so schnell nicht vergessen werde. Sein Opfer sinkt
bewusstlos... oder auch tot, ich kann es nicht sagen... zusammen und
Alfred macht kleine Freudensprünge.
„Ja!
Ja! Ich habe es doch gesagt!“ und reckt triumphierend die Faust in
die Luft. Erst überlege ich, ob ich ihm gratulieren sollte. Doch das
scheint mir nicht richtig.
„Das
erwartest du jetzt aber nicht von mir, oder?”.
„Nein,
mach dich nicht lächerlich. Aber er kann ja da sitzen bleiben,
vielleicht triffst du ausversehen.”. Seine Stimme klingt so erfreut
und innerlich wird er seine Leistung sicher immer noch feiern. Er
macht mir wieder Platz. Und einfach, um ihn zufriedenzustellen,
versuche ich noch einige Abschläge, aber nur zweimal treffe ich den
Ball überhaupt. Der Mann hat sich kein einziges Mal mehr bewegt.
„Ich
finde wir kommen ganz gut zurecht. Denkst du nicht auch, Melville?”.
Wir sitzen wieder in dem Haus, ich auf der Couch, er auf seinem
Sessel, wobei er sich selbst etwas zu trinken gönnt. Und zu meiner
Schande muss ich sagen
„Ja,...
irgendwie schon.”.
„Ich
will ganz offen sein. Wir haben uns dazu entschlossen, dich zu
kontaktieren, weil du einen guten Einstieg nach London bieten
würdest. Du bist nicht der Einzige, bilde dir jetzt nicht zu viel
darauf ein, aber dein Geld und dein internes Wissen sind auch nicht
zu verachten. Und ganz nebenbei denke ich, dass du dich gut bei uns
machen würdest.”.
„Ich
denke nicht, dass es gut für mich ist
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