Melville
über das, was passiert ist sprechen. Über deinen
letzten Abend bei uns, bevor du abgehauen bist. Du erinnerst dich
sicherlich.”. Ich seufze kurz schwer, wende meinen Blick von ihm ab
und falte die Hände auf dem Schreibtisch.
„Muss
das jetzt sein?”.
„Ja,
Melville, das muss es. Du hast dich mir gegenüber sehr aggressiv
verhalten. Ich hätte dir auch freiwillig geholfen, wenn du mich
gefragt hättest. Aber du hast mich mitgeschliffen wie dein Eigentum.
Und das bin ich nicht, Melville, keiner von uns ist das.”. Seine
überzeugte Art verunsichert mich etwas und ich überlege, dass ich
ihn auch einfach meines Zimmers verweisen könnte. Ich muss mich
nicht rechtfertigen! Doch um einigermaßen den Schein zu wahren,
antworte ich
„Es
tut mir leid, Daniel. Ich war sicher etwas grob, aber versteh
doch...“ und die Worte wollen mit nicht so zufliegen wie sonst.
Andere Sätze würden mir jetzt leichter fallen, aber diese bringen
mich sicher nicht ans Ziel, Daniel zu beschwichtigen und meiner
Aufgabe weiter nachzukommen.
„Ich
weiß, dass dein Erzeuger gestorben ist. Und wohl auch auf eine Art
und Weise, die erschütternd ist, doch du kannst dich jetzt nicht
einfach in Selbstmitleid baden und alle zum Teufel schicken!”. Und
während ich merke, dass der Zorn wieder beginnt in mir zu brodeln,
antworte ich mit gefährlicher ruhiger Stimme
„Tue
ich das denn? Sitze ich nicht hier und plane unser weiteres Vorgehen?
Bin ich nicht in diesem Augenblick für dich da, um dich anzuhören?”.
„Du
sitzt hier, aber irgendwie auch nicht.”.
„Was
soll das jetzt wieder heißen?”.
„Ich
will nur sagen, dass ich auf dich Acht geben werde. Du hast dich
verändert, das ist nicht zu übersehen und es ist sicher nur eine
Frage der Zeit, bis du dich gegen dein eigenes Klüngel wendest.”.
„Wie
bitte?”, frage ich laut und empört.
„Du
hast mich richtig verstanden. Und ich will kein Opfer von dir werden,
wenn du unbemerkt Messer in unsere Rücken rammst. Und das meine ich
nicht nur metaphorisch.”.
„Ich
glaube eher, du hast den Verstand verloren, Daniel. Jedenfalls der
Teil, der für dein logisches Denken noch übrig war.”, beleidige
ich ihn. Ich kann meine Worte im Affekt nicht bremsen.
„Zum
Glück schläfst du länger als wir alle, dann braucht man sich nicht
um deine Taten sorgen, wenn wir selbst schlafen.”, sagt er als
Antwort und steht bereits auf. Und ich stehe auch auf, weil ich eine
herabgesetzte Position ihm gegenüber jetzt nicht ertrage.
„Ich
verbitte mir solche Worte in meinem Haus, Daniel! Du bist mein Gast
und ich kann nicht glauben, wie du diese Tradition mit Füßen
trittst.”.
„‘Freundschaft’
und ‘Vertrauen’ sind demnach für dich also keine achtbaren
Traditionen.”.
„Verschwinde
aus meinem Arbeitszimmer! Und tritt mir nicht noch einmal allein vor
die Augen. Ich warne dich!”. Und er wendet sich bereits zum Gehen
und in der Tür fügt er als Letztes an
„Ich
kann in deiner Aura sehen, was du getan hast, Melville. Ich
verabscheue es und kein Verlust auf der Welt rechtfertigt deinen
Abstieg. Dein Erzeuger wäre sicher enttäuscht dich so zu sehen.”.
Er schließt bereits die Tür, als ich ihm hinterher schreie
„Was
weißt du schon von meinem Erzeuger? Du malkavianische Missgeburt!”.
„Ich
habe euch zusammengerufen, damit wir über unsere weiter anstehende
Aufgabe reden können. Ich bin der Überzeugung, dass wir diese
umfangreiche Aufgabe auch effektiver hinter uns bringen können.”.
Sie sitzen da. Jeder schweigend und jeder auf seine Art wütend auf
mich. Doch meine Position im Klüngel ist nicht zu hinterfragen und
sie haben sich eigentlich mit meiner Führung abzufinden.
„Also
bleibt es weiter bei dieser verblödenden Arbeit mit den Adressen?”,
fragt Vanessa.
„Das
ist keine verblödende Arbeit, sondern eine Pflicht, die wir gerne
bereit sind zu erledigen.”.
„Du
vielleicht.“, antwortet sie leiser, ich überhöre sie lieber.
„Wie
soll es denn besser gehen?”, fragt Andrew. Wenigstens hört er mir
anscheinend noch aufmerksam zu.
„Ich
denke, jeder von uns hat seine Kontakte und Möglichkeiten, innerhalb
seines Clans an die benötigten Daten zu gelangen. Anstatt das wir
jedes Mal persönlich auftauchen, sollte die Abfrage durch einen von
uns auch genügen.”.
„Wolltest
du nicht, dass wir das nicht so machen?“, wirft Vanessa wieder ein.
„Ja,
das stimmt. Aber ich bin davon abgerückt, um schneller an Ergebnisse
zu kommen.
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