Melville
Jedem Abend meinem Primogen und dem Senegal mitzuteilen,
dass wir nur zwei bis drei Adressen geschafft haben, wirkt nicht
besonders eifrig.”.
„Du
teilst deinem Primogen jede Nacht mit, was wir tun?”.
„Natürlich.
Er muss über alle Schritte informiert sein. Ich würde das von einem
Klüngel, welches ich beauftragt habe, auch erwarten.”. Sie sehen
mich etwas überrascht an. Merkwürdig, das hätte ihnen doch klar
sein müssen.
„Auch
als du weg warst?”, fragt Vanessa neugierig.
„Nein,
an diesen Nächten nicht.“, muss ich eingestehen.
„Ich
dachte schon, dein Primo weiß, wo du bist und lässt uns umsonst
suchen.”.
„Er
ist ein politischer Geschäftsmann mit viel Erfahrung und Würde und
kein Idiot, wie du vielleicht denkst.”, kommentiere ich. Darauf
bedacht, mich möglichst nicht aufzuregen und die Worte ‘vielleicht
denkst’ nicht wegzulassen, um meiner Antwort eine ganz andere
Aussage zu vermitteln.
„Wir
wissen, dass dein Primogen kein Idiot ist, Melville.“, versucht
Andrew mich zu beschwichtigen und sagt weiter
„Also
jeder kümmert sich jetzt um seinen Clan auf der Liste. Müssen wir
sie aufsuchen oder ist anrufen auch akzeptabel?“, fragt er. Ich bin
froh, dass er genug Anstand hat, dieses Treffen nicht als
Grundsatzdiskussion zu verstehen.
„Anrufen
ist auch akzeptabel. Aber bitte keine Aussagen von Freunden und
Bekannten. Die betreffende Person selbst, soll es euch bestätigen.”.
„Na
super. Dann sind Andrew und ich nächtelang beschäftigt. Daniel hat
seine fünf Leute auf der Liste und du?”, mault Vanessa.
„Ich
werde meine Fähigkeiten dazu verwenden, sämtliche Daten, die ihr
mir umgehend weiterreicht, zu verarbeiten und für den Senegal
aufzubereiten, damit er sie in seine Datenbank einpflegen kann.”.
„Also
machst du die Sekretärin?“ und wieder ist es Vanessa.
„Wenn
du es so nennen möchtest, bitte.”. Dieses rotzfreche Gör geht mir
wirklich auf die Nerven. Reizt sie mich mit Absicht so, damit ich
mich vor den Anwesenden vergesse?
„Dann
nehme ich aber dein Telefon, das wird mir sonst zu teuer... Ach ja,
was ist mit den letzten Nächten, als du weg warst? Du hast gesagt,
für dein ‘Privatvergnügen’ bezahlst du uns.”. Andrew sieht
sie strafend an und auch Daniel scheint von dieser Frage nicht
begeistert und antwortet noch vor mir
„Ich
will dafür nicht bezahlt werden. Wir haben uns Sorgen gemacht und
ihn gesucht. Das war keine Aufgabe, das war... Hilfsbereitschaft. Ich
will kein Geld von dir.“ und blickt dann zu mir. Auch Andrew
pflichtet ihm bei
„Nein,
ich auch nicht.”.
„Aber
ich!”, stampft Vanessa schon fast mit den Füßen auf.
„Mein
privates Vergnügen soll dir natürlich kein Nachteil sein, Vanessa.“
- oder deinem Bruder - „Du erhältst dein Geld. Wie wäre es noch
mit einer kleinen Prämie, damit du diesen unerträglichen Zustand
meiner Freude und deiner Langeweile besser erträgst?”. Sie wirkt
doch etwas betroffen. Sicher hat sie nicht daran gedacht, obwohl sie
nur meine eigenen Worte wiederholt hat, dass es jetzt so wirkt, als
ob der Tod meines Erzeugers in ihren Augen eine Freude für mich sein
muss.
„Melville,
ich meinte nicht, das...”.
„Schon
gut, Vanessa. Ich habe genau verstanden. Sind dir zweitausend Pfund
recht für deine Hilfsbereitschaft?“ und ich greife in mein
Jackett, um mein Scheckbuch herauszuholen. Auch um Daniel zu
demonstrieren, was ich von ‘Hilfsbereitschaft’ halte. Jeder hilft
nur so weit, wie er bezahlt wird. Ist es im Grunde nicht so? Alle
sind käuflich. Alle.
Und
in unangenehmer Stille, fülle ich genüßlich die nötigen Felder
aus und besonders schwungvoll unterschreibe ich das nun ziemlich
wertvolle Papier. Ich reiche ihr den Scheck und sie sagt leise
„Danke.”.
Das fiel ihr sicher nicht leicht und gönnerhaft antworte ich
„Gerne,
Vanessa.”. Jetzt habe ich sie gekauft.
Eine
angenehme Art der Aufgabenbewältigung, die mir da eingefallen ist.
Ohne mich weiter groß im Haus zu stören oder meine Anwesenheit
einzufordern, tragen sie nach und nach die Daten zusammen. Ich kann
jagen gehen, ohne mich zu rechtfertigen, denn mein Trieb scheint
dringender geworden zu sein. Mein Abstand zur Auffrischung meiner
Reserven hat sich verkürzt, mein Drang zu jagen ist gieriger und
auch ungnädiger. Um aber angemessener in Notsituationen reagieren zu
können, lagere ich zwei Liter meines Beuteblutes im Kühlschrank
ein. Viele in der Camarilla tun das.
Und
auch in den
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