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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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seinen
eigenen Gedanken, der Musik aus dem Radio und sagen kein Wort. Ich
überlege, ob es möglich ist, sich so umzusetzen, dass Vanessa nicht
gleich neben mir sitzen wird? Da Andrew aber fährt und ich nicht
mehr vorne sitzen kann, wird es wohl auf eine anstrengende Rückfahrt
hinauslaufen. Dann ist mir Daniel eigentlich sogar noch lieber. Ich
kann sie und ihre Stimmung mir gegenüber jetzt überhaupt nicht
einschätzen. Aber wenn ich Glück habe, weiß sie nicht einmal, wem
sie die extra grobe Behandlung zu verdanken hat.

    Sie
steht vor dem Elysium im strömenden Regen. Ihre grüne Armeejacke
hängt schwer an ihr herunter, doch sie macht keine Anstalten sich in
irgendeiner Weise vor dem Nass schützen zu wollen. Sie blickt nach
unten und wartet einfach nur.
    „Oh
je, warum wartet sie denn nicht drinnen?“, fragt Daniel. Da sie
nicht schnell auf unseren Wagen zugeht, sie scheint uns eh nicht
wirklich wahrzunehmen, muss Andrew auf den Parkplatz einbiegen. Kaum
stehen wir, steigen die beiden aus und machen sich auf den Weg, sie
zu holen. Ich bleibe sitzen. Es regnet.
    Und
es gibt mehr als einen Grund, sie nicht freudig in die Arme schließen
zu wollen.
    Die
Tür neben mir wird plötzlich geöffnet und Andrew blickt zu mir. Er
ist bereits durch diese wenigen Meter klatschnass geworden.
    „Kommst
du?”.
    „Nein.”.
    „Warum
nicht?”.
    „Das
wäre nicht passend.”.
    „Aber
es wäre... nett.”.
    „Ich
bin hier, oder?”. Er atmet kurz laut ein.
    „Ja,
du bist hier. Na gut, wir sind gleich zurück.“ und auch er blickt
auf die freie Fläche neben mir und macht sich wohl Sorgen, wer neben
mir sitzen wird. Dann schließt er die Tür wieder.
Melville, der
Unfähige, neben dem niemand sitzen will!
    Ich
senke meinen Kopf und genieße noch etwas die Stille im leeren Auto.
Gleich werden sie reden und alle werden nach nassem Hund riechen von
dem vielen Regen. Und ich werde da sitzen und mir wünschen, ich wäre
gar nicht erst mitgekommen.

    „Kannst
du dich bitte vorne hinsetzen, damit ich mit Vanessa hinten sitzen
kann? Es geht ihr nicht gut.”. Daniel hat die Tür neben mir
geöffnet und sieht mich fragend, aber auch herausfordernd an. Ich
kann jetzt ja schlecht antworten, dass ich eine Abneigung entwickelt
habe, die mir Personen im Rücken verbietet.
    „Hallo?
Es regnet!”. Ich sehe ihn noch einmal an, steige dann aber aus. Da
sehe ich sie, doch sie beachtet mich nicht. Ihre Augen wirken leer
und ihre Bewegungen sind ganz steif. Sie zuckt leicht, als Daniel sie
berührt und ihr in den Wagen helfen möchte. Ja, es sind die
Brandwunden, die ihr so zu schaffen machen. Feuer und Hitze,
unsägliche Pein und schwer heilbar. Und kurz hallen süß ihre
Schreie in meinem Kopf wider, ihre Haut wurde für meine Rache
geopfert.
    Als
beide hinten sitzen und Andrew auch gerade einsteigen will, fragt er
leicht irritiert
    „Willst
du nicht wieder einsteigen?”.
    „Ich
werde… essen… gehen.”. Er sieht mich etwas fassungslos an.
    „Jetzt?”.
    „Das
gestern ist nicht spurlos, Andrew.”. Er senkt kurz sein Gesicht und
ich kann die Last der Schuld auf seinem Rücken förmlich sehen.
    „Ich
bin in etwa einer Stunde bei euch.”. Er sieht mich wieder an.
    „Pass
auf dich auf... ich meine wirklich.”. Im ersten Moment möchte ich
etwas Zynisches antworten, doch ich sollte seine Sorgen lieber
achten.
    „Das
werde ich, Andrew. Bis nachher.”. Er nickt langsam und steigt dann
schließlich in den Wagen. Während er wendet und dann vom Parkplatz
fährt, sehe ich wie Daniel Vanessa in den Arm nimmt. Sie scheint zu
weinen.

    Ohne
Rücksicht tauchen meine Zähne in ihren Hals. Sie schreit nicht, sie
wehrt sich nicht. Freudige Erregung in ihrem Seufzen. Es ist immer
dasselbe verführerische Szenario. Eine Fremde. Ich kenne ihre
Geschichte und ihre Pläne nicht, selbst wenn, wäre es mir egal. Ich
nehme ihr, was sie mir niemals freiwillig geben würde und dennoch
scheint sie dankbar. Eine trügerische, durch Hormone und
übernatürlichen Willen erschaffene Illusion. Sie entgleitet meinen
Armen, irgendwo zwischen Leben und Tod, irgendwo zwischen
Zivilisation und Rinnstein. Ich mache einen großen Schritt über sie
hinweg, richte meine Krawatte und trete zurück unter die anderen
blinden Menschen. Ein Wolf im Schafspelz. Mit einem letzten
Fingerwisch entferne ich die roten Reste dieser Frau aus meinen
Mundwinkeln.
    Ein
Raubtier... oh ja, ein Raubtier.
    Ich
liebe es.

    Sogar
früher als angekündigt kehre ich zurück. Ich

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