Melville
trete leise in den
Hausflur und sehe Andrew bereits von der Couch aufstehen und auf mich
zu gehen. Er lächelt warm, so herzlich, dass es mir unangenehm ist.
„Schön,
dass du schon zurück bist.”.
„Wo
sind denn die anderen beiden?”, warum ich bei der Frage fast
flüstere, irritiert mich selbst. Doch auch er senkt dadurch die
Stimme etwas und antwortet
„Daniel
ist bei ihr und versucht ihr zu helfen. Es muss wirklich schrecklich
für sie gewesen sein... warum flüsterst du?”.
„Ich
habe keine Ahnung.”. Und dann grinst er leicht über meine Antwort
und greift nach mir.
„Ist
es dir eigentlich unangenehm, wenn ich dir sagen würde, dass du süß
bist?”.
„Süß?“
und ich denke über mein eigentliches Äußeres nach, das draußen
auf der Straße sogar einige empfindliche Menschen gerade erschreckt
hat.
„Ja,
so zornig und mächtig... und sexy süß.”. Ich lege meine Stirn in
Falten, doch daraufhin küsst er sie nur. Er muss sich etwas
strecken, denn ich komme ihm dabei nicht entgegen. Er sagt dann
„Ich
denke nicht, dass wir uns heute noch zusammensetzen sollten. Sie
braucht ihre Ruhe und Daniel ist der Richtige an ihrer Seite.”.
„Kann
mir nur recht sein.”. Leicht tadelnd schnalzt er mit der Zunge,
legt seine große starke Hand an meine eingefallene Wange und zieht
mich zu sich heran. Und dieser Kuss hat etwas Forderndes,
Begehrendes. Anders als die lieblichen Küsse gestern. Ich verstehe
Andrews Drängen durchaus, aber ich mache mir darum auch etwas
Sorgen. Meine spezielle Neigung, meine Wünsche... wie kann ich das
mit ihm vereinbaren? Sicherlich nicht ohne darüber reden zu müssen.
Immer diese lästigen Beichten.
Er
scheint zu merken, dass ich zögerlicher werde und immer noch
flüsternd fragt er
„Alles in Ordnung? Bin ich zu
aufdringlich?”.
„Können
wir erst noch kurz reden?”.
„Natürlich,
Melville.”. Sanft streichelt er erneut über meine Wange. Ich
schließe kurz die Augen und recke mich nach ihm, weniger aus Willen,
mehr aus Instinkt heraus. Er nimmt meine Hand und geht mit mir die
Treppen hinauf. Er zögert erst kurz, beschließt dann aber doch in
mein Schlafzimmer zu gehen. Ich halte ihn nicht auf.
Vorsichtig
drückt er die Türklinke herunter und betritt bedächtig den Raum.
Wie lange er sich diesen Moment wohl schon vorgestellt hat? Ich an
seiner Hand, ein großes Bett...
Er
übernimmt ein wenig die führende Rolle, meine Schüchternheit in
partnerschaftlichen Belangen ist sicher nicht zu übersehen. Er setzt
mich auf mein Bett und greift sich selbst einen Stuhl, den er dicht
bei mir abstellt. Unsere Knie berühren sich fast und er beugt sich
weit zu mir. Es ist alles so ungewohnt.
„Worüber
möchtest du reden?”. Ich seufze kurz leise und sehe ihm nicht in
die Augen.
„Andrew,
ich hab das so noch nie gemacht...”. Er sieht mich plötzlich ganz
ernst und auch leicht erschrocken an.
„Melville,
du willst mir doch nicht sagen, dass...”, ich sehe ihn an. Was
meint er?
„Naja,
dass du noch Jungfrau bist?”. Ich verdrehe kurz die Augen und
schlage ihm auf die Knie.
„Nein,
herrje, nein, Andrew.”. Ich muss sogar lachen. Während ich
versuche ihm zu erklären, dass ich ohne Gewalt schwer Lust empfinden
kann, hält er mich für ein naives Mauerblümchen.
In
mein Lachen hinein fragt er plötzlich, nicht minder ernst
„Du
hast gestern nicht darauf geantwortet. Bist du wirklich schwul? Ich
will dir ja nichts aufdrängen.”.
„Ich
bin bisexuell, Andrew. Mach dir da mal keine Sorgen.”.
„Gut.”.
Er lächelt zufrieden, sicher haben sich seine größten
Befürchtungen damit erledigt. Sein Anblick lässt mich über meinen
Plan, ihm jetzt von meinen Vorlieben zu berichten, abrücken. Er
sollte es nicht wissen. Seine Vorstellung, ich könnte tatsächlich
noch Jungfrau sein, war so unschuldig, ich bringe es nicht übers
Herz, ihm genau vom Gegenteil zu berichten. Ich will es ihm nicht
antun und somit wieder für meine Sexualität Enttäuschung von
meinen engsten Vertrauten ernten. Nicht, wie damals bei Benedict.
„Ich
kenne das verliebte Spiel nicht, Andrew. Ich bin es gewohnt, die
Sache mit fast unbekannten Partnern schnell hinter mich zu bringen
und zur Nachtordnung zurückzukehren. Es war eher eine
Lustverpflichtung als Hingabe.”.
„Die
Sache?”.
„Du
weißt schon...”. Der Gebrauch anzüglicher Wörter scheint mir in
seiner Gegenwart schwer.
„Ja,
ich weiß.“, sagt er verständnisvoll sanft und greift nach
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