Melville
Belehrung, sollte ich ja nicht direkt fragen, welche
Eigenschaften für ihn entscheidend sind.
„Ja,
von dir könnte ich.”. Dabei drängt sich mir gleich die nächste
Frage auf.
„Wenn
man sein späteres
Küken nicht trinken kann, wie macht man dann einen
Vampir aus ihm? Ich meine, sicherlich muss doch auch...”, er
unterbricht mich sanft.
„Es
ist nötig, dass zur erfolgreichen Zeugung sämtliches altes Blut des
Gezeugten entfernt wird. Ist der Erzeuger selbst dazu nicht in der
Lage, muss es gegebenenfalls jemand anderes übernehmen und sollte
sich niemand mit passendem Schema finden, muss das baldige Küken
ausbluten. Obwohl es fast eine Schande ist, es so zu tun.”. Er
schnalzt kurz mit der Zunge. Die Vorstellung einer Zeugung dieser
Art, lässt mich kurz erschauern. Es ist wie das Schächten von
Tieren, dass langsame Sterben durch Aufschlitzen und Ausbluten.
Grauenhaft.
„Aber
lass mich dir weiter unsere innere Hierarchie erklären.”. Ich
setze mich wieder etwas aufrechter hin und höre seinen Worten zu.
„Nach
der Kükenphase wird man als Neonatus bezeichnet, als Neugeborener.
Dies ist die Grundform des kainitisch gesellschaftlichen Zustandes.
Die Neonati bilden die größte Gruppe der Domäne. Sie haben das
Recht auf Selbstbestimmung und Gerichtbarkeit im Elysium. Das Elysium
ist vergleichbar mit dem britischen Parlament. Neonati werden bei
Bedarf von Primogenen angehört und können eigenen Berufen
nachgehen. Alles Rechte, die Küken nicht haben. Nach den Neonati
folgen die Ancillae. Sie haben sich durch besonderes Verhalten oder
durch wichtige Errungenschaften diesen Titel verdient und haben das
Recht Neonati zu befehligen. Im normalen Umfang jedenfalls. Als einen
Ahn bezeichnet man besonders ehrwürdige und auch alte Vampire in der
Domäne. Diese Bezeichnung hängt nicht zwangsläufig mit dem Titel
des Ancilla zusammen, aber selten ist ein Ahn nur Neugeborener. Hast
du das alles verstanden, Melville?”. Ich versuche ihm wirklich
aufmerksam zuzuhören, doch die ganzen neuen Begriffe machen es mir
schwer zu folgen.
„Ich
gehe davon aus, dass du Ancillae bist, oder Benedict?”.
„Ancillae
ist der Plural, Melville. Aber ja, ich bin Ancilla und auch sehr
stolz darauf.”. Die Begriffe fangen an sich langsam in meinem Kopf
zu vermischen und ich muss mir kurz die Augen reiben, um meine
Aufnahmefähigkeit möglichst aufrechterhalten zu können.
„Kannst
du dich noch konzentrieren, Melville?“, fragt er sanft.
„Oder
sollen wir es fürs Erste dabei belassen?”.
„Ich
denke, ich habe alles verstanden, doch muss ich die ganzen Namen und
Fakten erst einmal in meinem Kopf sortieren. Ich hoffe du verzeihst
mir, aber ich denke, ich sollte wohl lieber eine Unterbrechung
einlegen.”.
„Natürlich
verzeihe ich dir. Ein Wunder, dass du nicht schon früher um eine
Pause gebeten hast.”. Sein Lächeln ist so warm und seine Nähe so
herrlich, dass ich mich beherrschen muss, nicht seine Hand zu
ergreifen.
„Du
hast ja schließlich auch noch einiges zu tun. Wie laufen denn die
Geschäfte?”.
„Sehr
gut, Benedict. Ich habe das mir zugeteilte Vermögen gewinnbringend
reinvestiert und werde demnächst weiter in Technologie- und
Rohstoff- Fonds investieren. Von Hedgefonds lasse ich lieber die
Finger, ich denke, dass in naher Zukunft eine Rezession über Europa
und vielleicht auch den gesamten globalen Markt hereinbrechen wird.
Also meide ich allzu spekulative Geldflüsse lieber.”.
„Wie
groß ist der Gewinn bisher?”.
„Ich
denke, er bewegt sich in einem Rahmen zwischen fünf und sechs
Millionen Pfund.”.
Benedict
nickt anerkennend und sagt
„Das
ist doch eine ansehnliche Summe. Ich denke, du bereitest dir jetzt
schon einen guten Ruf. Ich bin stolz auf dich, Melville.”. Und es
bricht mir fast das Herz, weil ich weiß, dass mein Vater nie etwas
Derartiges zu mir gesagt hat und erst ein untoter Rechtsanwalt, der
mich von seinem Blut trinken und an seinem Wissen und seiner Macht
teilhaben lässt, mich in meiner Person bestätigt. Doch ich
respektiere und schätze Benedicts Wort bereits jetzt mehr, als ich
es jemals bei meinem Vater getan habe.
Doch
es gibt auch noch die anderen Momente, Momente in denen ich froh bin,
dass Benedict mich nicht sehen kann und nicht Zeuge meiner Taten und
Gedanken ist.
Das
pulsierende, berauschende Blut Benedicts und auch meine teilweise
neue Freizeit, lassen meine Gedanken schweifen und meine Sehnsüchte
nach gewissen sexuellen Taten und Erlebnissen
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