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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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ausufern. Anfangs ist
es nur die Erinnerung an die hübschen Jungen und Mädchen meiner
College- und Studienzeit, die mich in Tagträumereien verfallen
lassen. Doch schnell reichen meine Vorstellungen weiter. Und bald
schon bin ich nicht mehr gewillt, es mir andauernd nur vorzustellen.
Dieser kainitisch angefeuerte Menschenkörper sehnt sich nach
Erfüllung seiner Wünsche. Aber ich habe keinerlei Interesse, mich
an eine Frau zu binden. Eine ‘Freundin’ erscheint mir vollkommen
sinnlos. Will ich doch nicht mehr, als für ein paar Stunden ihr
Eroberer zu sein, ohne das ganze Drumherum. Also fahre ich in die
Rotlichtviertel und kaufe mir die Frauen, die mir augenscheinlich
gefallen.
    Mein
sogenanntes ‚Erstes Mal‘ ist also ein Erlebnis mit ausgeprägter
Kälte und penibler Planung. Ich bestimme genau, was sie zu tun hat
und was nicht. Ertrage zärtliche Spielereien nicht, will ihre Hände
nicht auf meinem Körper spüren, nur das Abreagieren des
hemmungslosen Triebes in mir, genährt von ihrem Stöhnen, ihrem sich
rhythmisch bewegenden Leib. Ich bin bereits neunundzwanzig Jahre alt,
als ich diese Errungenschaft in meinem Leben endlich abhaken kann.
    Die
ersten Monate reicht das auch, bis ich beim Wegrennen einer dieser
Huren merke, was genau ich eigentlich mit ihnen mache. Meine
Behandlungen immer gröber werdend und meine Bedürfnisse immer
dunkler, ist es nicht mehr der reine Sextrieb, der mich zu ihnen
führt, sondern das Verlangen meine Macht an ihnen zu demonstrieren,
sie zu erniedrigen und auch zu schlagen. Wie im Wahn, und die ersten
roten Tropfen ihrer teils zarten Leiber erblickend, kann ich mich
meinem Sadismus nicht erwehren. Ihr Leid ist meine Lust. Doch was
erwarte ich von billigen Prostituierten? Ich muss in anderen
Bereichen meine Spielpartner suchen, Orte, an denen sie aus dem
gleichen Grund da sind wie ich. Meine Neugierde auf die Londoner SM-
und Fetischclubszene ist geboren. Und es gibt reichlich Auswahl,
trotz der restriktiven Gesetze.

Meine neue Familie

    Es
gibt immer wieder gesellschaftliche Abende, an denen Benedict mich
dem Clan der Ventrue näher bringt. Ich lerne Geschäftspartner von
ihm kennen und vor allem auch andere Ghule. Doch jeder für sich ist
seinem Meister oder seiner Meisterin so ergeben, dass er kaum
Gedanken für andere Dinge findet. Zu meinem Vorteil besitzt Benedict
aber getrennte Ghule für den Service und erst das zweite Mal einen
Ghul wie mich; ein geplantes baldiges Kind des Clans der Könige.
    Alle
sind sie äußerst zuvorkommend und höflich, wobei immer ganz
deutlich der Wert der Hierarchiestufen zum Vorschein kommt. Ähnlich
muss es sicher auch im Königshaus gehandhabt werden, so stelle ich
es mir jedenfalls vor, denn wirklich höfisches Gebaren habe ich nie
erlebt. Und im Grunde befinde ich mich auf der untersten Stufe der
Anerkennung. Benedict hat mir deutlich zu verstehen gegeben, wie ich
mich Mitgliedern seines Clans gegenüber zu verhalten habe. Kein
direkter Augenkontakt, nur reden, wenn man angesprochen wird. Keine
Widerworte und keine abwertenden Aussagen. Es wäre sonst Selbstmord
an meinem eigenen Ruf, was laut seiner Aussage schade wäre, wo ich
doch schon einen dezent positiven Eindruck vermittelt habe. Ich
verstehe es natürlich, Benedict allein hat nicht das Recht mich zu
Seinesgleichen zu machen. Es ist eine besondere Ehre, diesen Status
durch eine Direktive der Prinzregentin zu erhalten und es gibt immer
nur eine limitierte Anzahl von sogenannten ‘Zeugungsrechten’ pro
Zeitraum.

    Und
so ist es für mich ein ganz besonderer Augenblick, als ich Benedicts
Erzeuger kennenlernen soll. Ein Ahn, ein hochgeachteter Mann, er hat
großen Einfluss auf die Entwicklungen im Clan der Ventrue und ich
weiß, dass gerade Benedict viel Wert auf seine Meinung legt.
Gleichzeitig trägt er den Titel des Ancilla, eine Würdigung seiner
hervorragenden Taten und eine Betonung seiner Wichtigkeit für die
Domäne.
    Meine
Hände zittern und kleine Schweißperlen tropfen mir von der Stirn,
als ich verzweifelt versuche meine Krawatte zu binden. Doch bereits
an den Manschettenknöpfen scheine ich wieder zu scheitern. Das
letzte Mal war ich so nervös, als ich um einen offiziellen Termin
bei meinem Vater gebeten hatte. Nur ist der erdrückende Eindruck,
dass alles von diesem einen Moment abhängen könnte, nun noch
stärker. Ich seufze laut auf, während ich weiter an meinen
Hemdsärmeln nestele.
    „Brauchst
du Hilfe?”. Benedict steht im Türrahmen und wieder

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