Melville
trete nach draußen und setze mich in den Wagen. Obwohl ich
darüber nachdenke, beide mit dem Taxi fahren zu lassen, warte ich
auf sie. Der Form halber, sollten wir gemeinsam eintreffen. Der erste
Eindruck zählt und ich werde heute Nacht auf Primogene treffen, von
deren Einschätzung meine weitere Entwicklung abhängt. Also werde
ich die Sache so professionell und innerlich distanziert abhandeln,
wie es mir nur möglich ist.
Ich
betrete den Saal, flankiert von meinen beiden Begleitern, und sofort
erkenne ich die Veränderungen. Ein großer Besprechungstisch und
sechs schwere, schwarze Stühle mit rotem Samtbezug wurden
bereitgestellt. Ein Mitarbeiter des Brujah Clanshauses füllt gerade
Kristallgläser mit Blut und mir fällt auf, dass der Platz ohne Glas
wohl für mich bestimmt ist. Ms Goldbaum, die in der Nähe des
Tisches steht und gerade die Tasche mit den Unterlagen abgestellt
hat, wendet sich zu uns um und geht sogleich zielstrebig auf uns zu.
„Sie
sind überpünktlich, sehr gut.“, sagt sie und reicht uns allen die
Hand. Wieder verbeuge ich mich angemessen und sage
„Ms
Goldbaum, Unpünktlichkeit wäre für ein solches Treffen mehr als
unangebracht.”. Meinem Eindruck nach, stammt sie aus einer Zeit, in
der solche Tugenden besonders beachtet wurden und zufrieden erkenne
ich ihre Wertschätzung.
„Nehmen
sie doch Platz, Mr Summers und Ms Manister sind auch bereits im Hause
und werden gleich zu uns stoßen.“, sagt sie und deutet auf drei
Stühle an der einen Seite des Tisches. Wir folgen ihrem Angebot und
setzen uns. Vanessa und Daniel wirken betont zurückhaltend, ich
begrüße diese Eigenschaft gerade sehr. Schließlich bin ich
Klüngelsprecher und meine Hauptaufgabe besteht darin, mit
Vorgesetzten zu interagieren. Genauer gesagt, ist es nur mir
gestattet zu antworten, solange nicht explizit einer der beiden
angesprochen wird. Ms Goldbaum greift dann in die Tasche und legt die
Unterlagen geordnet auf den Tisch, in der Nähe der Stuhlreihe, auf
der die drei Primogene sitzen werden.
„Wir
werden noch einige Fragen haben, um nicht unvorbereitet zur Tat zu
schreiten.”, ich nicke ihr höflich zu und antworte
„Natürlich,
wir werden Ihnen gerne alle Fragen beantworten.”.
Da
öffnet sich die Tür und ich erkenne Ms Manister wieder, die heute,
zum Glück, auf extravagante Accessoires verzichtet hat. Hinter ihr
betritt ein großer Mann den Raum. Er ist an die zwei Meter groß und
seine Frisur macht einen leicht verwegenen Eindruck, ebenso seine
Kleidung. Jeans und Pullover wirken doch etwas fehl am Platze, doch
er wird Mr Summers sein. Vanessas Primogen, ein Gangrel, was habe ich
anderes erwartet als gewöhnliche Straßenkleidung. Ich erhebe mich
umgehend, um die Etikette zu wahren und Daniel und schließlich auch
Vanessa tun es mir gleich.
Die
beiden treten zu uns an den Tisch und wirken angespannt. Ernst blickt
Mr Summers uns an und sein Blick bleibt vor allem an Vanessa hängen.
Sie hebt kurz die Hand zum Gruß und seine Miene erhellt sich
freundlich, nur um dann wieder umgehend der Thematik angepasst seriös
zu werden.
„Ms
Manister, Mr Summers. Es ist mir eine Ehre.“, sage ich.
„Nehmen
sie drei ruhig wieder Platz, wir sollten schleunigst mit dem Gespräch
beginnen. Die Zeit drängt.”, antwortet Ms Manister und wir alle
setzen uns. Mir ist durchaus bewusst, dass, im Gegensatz zu Daniel
und Vanessa, mein Primogen nicht am Tisch sitzt. Und auch wenn es
hier ja mitunter um ihn geht, fühle ich mich leicht unterlegen.
„Ich
habe die Dokumente gestern bereits gesichtet und ich muss sagen, ich
bin schockiert von diesen Informationen.“, fängt Ms Goldbaum an
und sie sagt weiter
„Wenn
wir diese Fakten an die Justitiare weiterleiten, wird es zu einem
Umschwung und sicher auch zur Abstrafung der Hälfte der Mitglieder
des Clans der Ventrue kommen. Und Ms Youngfield wird unter ihnen
sein. Ich möchte, dass wir uns alle über diesen Umstand im Klaren
sind.“ und sie blickt ihre Amtskollegen an, die nickend zustimmen.
Mr Summers greift nach einigen Ordnern, beginnt oberflächlich in
ihnen zu lesen und mir fallen seine behaarten Handrücken auf.
„Sagen
Sie doch noch einmal, wo genau Sie diese Dokumente gefunden haben, Mr
Lancaster.“, sagt er mit tiefer Stimme, den Blick nicht von den
Texten hebend.
„In
einem noch nicht fertiggestellten Braunkohlekraftwerk, etwa fünf
Meilen von der Grenze unserer Domäne entfernt. Diese Baustelle ist
uns aufgefallen, nachdem Visionen von Mr De
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