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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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wachen
Augen. Er macht auf mich einen eingeschüchterten Eindruck, nun ja,
er ist ein Küken. Herr Walters trägt einen übertrieben bemüht
farbigen Anzug mit breiter Krawatte, im Gegensatz zu seinem Küken in
schwarzen Hosen, weißem Hemd und schwarzen Jackett ohne Krawatte.
Sie treten ein und Nora schließt die Tür von außen.Demonstrativ
klicke ich mit meinem Kugelschreiber und lege ihn beiseite. Dann
erhebe ich mich, jedoch nicht zu schnell, aus meinem Sitz und gehe
auf Herr Walters zu. An die neuen Anreden musste ich mich noch
gewöhnen. Ab und an nenne ich noch jemanden ‚Mister‘ oder
‚Miss‘, doch es wird seltener. „ Herr Walters, was
kann ich für Sie oder Frau Schirmer tun?“. Ich gebe ihm die Hand,
doch sein Küken würdige ich keines weiteren Blickes, so wie es sich
gehört. Er versteckt sich auch förmlich hinter Herrn Walters, es
wirkt fast, als hätte er Angst. Ein Umstand, der mich noch mehr
erheitert. „ Herr Lancaster, bitte verzeihen Sie die
unangemeldete Störung. Ich bin ganz aus privaten Gründen hier. Frau
Schirmer braucht davon nichts zu erfahren…“. Ich verziehe kaum
merklich eine Augenbraue, privat, so ist das. Er gerät kurz aus
seiner Rede, doch findet den Faden wieder.
    „Ich
wende mich an Sie, um Ihnen ein Angebot zu machen. Man hört ja viel
über Ihre großartigen Leistungen in London und Ihr Ruf eilt Ihnen
voraus.“. Ich lächele sanft und frage mit vollkommen ruhiger
Stimme
    „Mein
Ruf? Wie ist denn mein Ruf in Frankfurt, von dem Sie sprechen, Herr
Walters? Das würde mich interessieren.“. Er scheint kurz zu
überlegen. Sicher wird er mir nicht alle Details erzählen,
schließlich möchte er mich ja nicht zornig stimmen, bevor er seine
Verhandlung abgeschlossen hat. Mir ist durchaus nicht entgangen, dass
einige Ventrue meine Taten in London nicht als achtenswert, sondern
als Verrat empfinden. Für einen Ventrue, der sich gegen seinen Clan
stellt, egal wie begründet die Entscheidung ist, bleibt doch der
Beigeschmack als Denunziant betrachtet zu werden. „ Frau
Goldbaums Empfehlung erreichte uns, bevor Sie überhaupt eintrafen.
Sie lobte Sie in den höchsten Tönen, ihr Geschick in politischem
Verhandeln wird wohl nur von Ihrem wirtschaftlichen Verständnis
übertroffen…und Sie haben wohl einen Sinn für die schönen Dinge
im Leben, wie ich aus Toreadorkreisen erfahren habe.“. Bei diesen
Worten wendet sein Küken den Blick noch tiefer zu Boden. Sein
Angebot muss wirklich delikat sein, wenn er mich so sehr mit seinen
Worten umschmeichelt. Sein Lächeln wirkt wie einstudiert, wächsern
und falsch. „ Also, was wünschen Sie genau, Herr
Walters?“. „ Ich werde demnächst zurück nach Amerika
ziehen. Meine Geschäfte hier in Deutschland sind abgeschlossen…und
im Vertrauen, Herr Lancaster, sie liefen nicht besonders erfolgreich.
Das Krisenjahr in meiner Branche habe ich nicht wirklich überwunden.
Nun habe ich folgendes Dilemma, meine Erzeugerin in Washington wird
nicht besonders erfreut sein, wenn ich auf ihre finanziellen Mittel
gleich nach meiner Ankunft angewiesen sein werde.“. Ich höre ihm
aufmerksam zu. Wenn jemand so auf Mitleid aus ist, möchte er
meistens Geld von mir. Was auch sonst? Aber was könnte er mir als
Gegenleistung bieten? „ Nun, Herr Lancaster, habe ich mir
gedacht, wo Sie doch neu in unserer Domäne sind und sich vielleicht
nach etwas Unterhaltung sehnen…“, er räuspert sich kurz,
    „Nun
ja, ich würde Ihnen gerne mein Küken verkaufen!“. Ich sehe ihn
fragend an. Meint er das wirklich ernst? „ Herr Walters,
erstens erkenne ich keine Notwendigkeit, Ihre Pflichten zu
übernehmen, zweitens, was bringt Sie auf den Gedanken, dass ich für
die Übernahme Ihrer Erzeugerverpflichtungen auch noch Geld bezahlen
würde?“, aus den Augenwinkeln sehe ich sein Küken, dem es
sichtlich unangenehm ist. „ Vielleicht war meine
Ausdrucksweise nicht ganz korrekt, Herr Lancaster, bitte verzeihen
Sie mir.“. Er neigt kurz sein Haupt und fährt fort
    „Ich
biete Ihnen ja nicht nur Pflichten, sondern ein Küken, welches viel
mehr ist als nur ein Anhängsel.“. „ Was kann er denn so
Besonderes?“, frage ich und blicke, seit ihrem Eintreten in mein
Büro, wieder auf den verschüchterten jungen Mann. Er ist nur ein
wenig kleiner als ich, doch er steht leicht gebeugt im Raum. Seine
Hände hält er gefaltet hinter seinem Rücken zusammen und er hat
sich noch nicht wirklich bewegt, seitdem er sich hinter seinem
Erzeuger positioniert hat. „ Er

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