Melville
sagt weiter
„Bis
dahin habe ich noch nie einen toten Menschen gesehen. Und noch nie
war mir so schlecht. Ich musste mich zwar nicht übergeben, aber ich
wusste, dass ich etwas anderes brauche.“. Wieder eine kleine Pause.
Er sammelt sich etwas und fährt fort
„Jedenfalls
holte mich Herr Walters bald zu sich und versuchte mir alles zu
erklären. Ich wusste damals gleich, dass er sicher auch als Vampir
ein Stümper war. Er hatte anscheinend ein älteres Recht auf ein
Küken für mich verwendet, somit war ich wenigstens nicht Gejagter
der Camarilla. Er versuchte ein festes Blutsband zu mir aufzubauen,
doch als ich bereits nach dem ersten Versuch merkte, dass dies zu
einer festen emotionalen Bindung zu ihm führen würde, spuckte ich
es heimlich wieder aus. Er war zu naiv, um es zu bemerken. Ich
spielte ihm eine Beziehung vor, auch wenn es manchmal sehr viel
Selbstbeherrschung gekostet hat, alles zu ertragen...“, er räuspert
sich wieder. Was für eine furchtbare Zeit muss das für ihn gewesen
sein. Ich würdige seine Willenskraft und Fähigkeit, für ein
höheres Ziel derlei Opfer zu bringen.
„Zum
Glück war er viel unterwegs, so dass ich nicht die gesamte Zeit über
für ihn da sein musste. Mehr aus Neugier gestattete ich mir etwas
Einsicht in seine Geschäftsunterlagen und es sah nicht gut aus. Ich
versuchte vorsichtig mit ihm zu reden, er hatte mir ja deutlich
klargemacht, wie minderwertig ich als Küken eigentlich war, sicher
um mich davon abzuhalten mit irgendjemanden, vielleicht am Ende sogar
über ihn, zu reden. Er lachte mich aus. Was ich mir als kleiner
Bankmitarbeiter erlaube, seine Geschäfte in Frage zu stellen. Er war
nicht nur anmaßend und dumm, sondern auch absolut von sich selbst
überzeugt. Eine ganze Weile dümpelte ich so in meinem elenden
Untotenleben vor mich hin. Ab und zu durfte ich mit ihm zu Ventrue
Veranstaltungen, aber sicher auch, weil er es musste. Nach zwei
Monaten Ziellosigkeit und Gedanken darüber, dass sogar der Tod
besser wäre als mein Dasein, sah ich Sie. Im Ventrue-Clanshaus, Sie
wurden als neues Mitglied der Domäne vorgestellt. Ich war im ersten
Moment sehr verwirrt. Es war damals kaum zwei Jahre her, dass wir das
letzte Mal geschäftlich miteinander zu tun hatten. Sie waren damals
ein Vorbild für meine eigene berufliche Entwicklung und ich schätzte
Ihre sachliche, höfliche Art mit anderen zu reden, egal ob es
Gleichrangige waren oder nicht.“. Er sieht mir wieder in die Augen
und lächelt kurz.
„Ich
hatte also ein Ziel. Wenn jemand wie Sie zu den Ventrue gehörte,
dann könnte mein Vampirdasein vielleicht mehr Möglichkeiten und
Chancen bieten als es mir Herr Walters weiß machen wollte. Ich fing
schon bald darauf an, ihn zu manipulieren. Ich setzte alles auf eine
Karte, sollte er mich doch umbringen, falls er es bemerken sollte.
Ich testete erst mit kleinen Dingen, ob ich es überhaupt konnte.
Habe ihn an Termine erinnert, die er nie angenommen hatte, damit ich
das Haus für mich alleine habe. Oder habe ihm eingeprägt, dass er
heute Nacht keine Lust auf mich hat, denn ich hatte das nie. Je mehr
ich es versuchte, desto einfacher wurde es. Und so haben Sie heute
Abend miterlebt, wie Herr Walters und ich Ihr Büro betreten
haben...und das war in groben Zügen meine Geschichte.“.
Ich
stelle mein leeres Glas auf den Tisch und betrachte ihn wieder.
„Es
schockiert mich, wie Herr Walters dich in diese Welt eingeführt hat.
Glaube mir, es ist eigentlich ein Geschenk, den Kainskuss zu
erhalten. Normalerweise gibt es bei den Ventrue eine Ghulphase, die
einen auf das neue Leben vorbereitet. Man wird unterrichtet und in
alles eingeführt. Der eigene Erzeuger ist eine Stütze, ein
Ratgeber...so war es jedenfalls bei mir. Und es sollte dich mit
tiefgreifendem Stolz erfüllen, ein Ventrue sein zu dürfen. Und eine
Ehre der Camarilla dienen zu können.“, er nickt ernst.
„Es
ist somit also fast schon meine Pflicht, dich von ihm wegzuholen und
besser zu unterweisen und deine Eigenschaften und Vorzüge für die
Camarilla dienbar zu machen. Doch einige Fragen habe ich noch.“.
„Alles
was Sie wissen wollen, Herr Lancaster.“.
„Du
bist ein Ventrue, dein Nährblut ist also bestimmten Bedingungen
unterworfen...“, er blickt kurz betreten zur Seite.
„...also
sage mir doch bitte, welche Beute du im Allgemeinen bevorzugst.“.
„Es
beschämt mich sehr und ich weiß auch gar nicht warum, doch ich
scheine eine abartige Beutevorstellung zu
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