Melville
Noah
verschränkt zwar die Arme, antwortet aber mürrisch mit
„Ja.“
und Laura blickt mir nur in die Augen. Ich bleibe standhaft und
blicke fest zurück.
„Ich
habe verstanden, Chef.“, sagt sie dann sichtlich unwillig.
„Wenn
du Probleme damit hast, Laura, kannst du dich auch gerne an deinen
Primogen wenden, ich denke er wird nichts anderes sagen. Besonders,
da er sich, neben meiner Primogenin natürlich, für meine Rolle als
Sprecher eingesetzt hat.”. Sie sieht mich kurz mit großen Augen an
und versucht eine Lüge in meiner Aussage zu erkennen, doch ich sage
die Wahrheit.
„Ja,
ja, schon verstanden.“, sagt sie dann etwas kleinlauter.
„Ich
werde mich dann den Rest des Abends mit den anderen Sprechern in
Kontakt setzen und ich würde euch bitten, auch einigen Aufgaben
nachzugehen. Katharina?“, sie setzt sich überrascht auf.
„Ja?”.
„Ich
denke zu wissen, dass dein Talent uns noch sehr nützlich sein wird
und ich bitte dich, zu sämtlichen Opfern Informationen zu
erarbeiten. Teilten sie gemeinsame Hobbies, hatten sie vielleicht
eine gemeinsame Vergangenheit oder gemeinsame Feinde? Vielleicht gibt
es aber auch Zusammenhänge zwischen ihren Erzeugern. Einfach alles
könnte wichtig sein. Würdest du das tun?“, ich lächle sie an.
Sie wirkt erst etwas geschmeichelt, dann sagt sie
„Ich
werde mein Bestes versuchen.“.
„Das
freut mich, Katharina.”, ich höre sie kurz ganz leise kichern und
sehe wie sie an ihrer übergroßen Armbanduhr spielt. Noah verdreht
die Augen. Ich wende mich ihm zu.
„Noah?“.
„Jupp?”.
„Laut
den Unterlagen hast du einen ausgeprägten Instinkt, einen Sinn fürs
Spurenlesen. Würdest du mit Laura und Alex zusammen noch einmal die
möglichen Tatorte aufsuchen, um festzustellen, ob du vielleicht
einen gemeinsamen... nun ja... Duft oder dergleichen ausmachen
kannst? Damit wir einen einzelnen Täter wirklich ausschließen
können? Vielleicht erhält ja Laura auch noch einige Hinweise
darauf.“, Noah erhebt zustimmend den Daumen seiner rechten Hand.
„Und
Alex?“, er nickt mir zu.
„Du
könntest noch einmal eventuelle Mitbewohner befragen und alles
notieren. Ich finde zu ihren Aussagen keine Hinweise in den
Unterlagen. Wir müssen die Tatzeiten möglichst genau eingrenzen,
damit wir wissen, ob wir es überhaupt mit kainitischen Gegnern zu
tun haben.”. „Natürlich.”.
„Ich
denke in diesem Zusammenhang können wir auch folgendes Opfer...”,
ich tue so, als müsste ich in die Unterlagen blicken, um ihren Namen
zu wissen.
„Marlene
Kolbhöfer ausschließen. Sie ist zwar auch verschwunden, aber sie
fällt aus dem Muster, konzentrieren wir uns erst einmal auf die, die
anscheinend wirklich zusammenhängen. Den Fall ‘Kolbhöfer’ werde
ich an ein anderes Klüngel übergeben. Damit sie sich darum kümmern,
wir sind so schon ausgelastet genug.”. Es nicken mir alle zu, dass
ich niemanden weiter von Marlene erzählen werde, wissen sie ja
nicht.
Bevor
wir gemeinsam das Elysium verlassen können, bitte ich die anderen
noch unten zu warten und Laura kurz noch bei mir zu bleiben. Es
scheint ihr sichtlich unangenehm zu sein, doch die anderen gehen
schon voraus. Bis auf Laura scheine ich bereits von jedem eine
gewisse Menge Vertrauen und Respekt zu genießen, natürlich auch
nur, weil mein Vorgänger so stümperhaft war.
Ich
setze mich ihr gegenüber.
„Anscheinend
liegt dir etwas auf dem Herzen, Laura, möchtest du mir vielleicht
etwas sagen?“.
„Eigentlich
nicht”, sagt sie und weicht meinem Blick aus.
„Ich
merke durchaus, dass es einen Moment gab, in dem du irgendetwas
gesehen haben musst. Etwas, das mich betrifft und jetzt deine Meinung
mir gegenüber trübt. Vielleicht sollten wir darüber sprechen?“,
ich hebe die Augenbrauen. Sie verschränkt die Arme vor der Brust und
sieht mich etwas feindselig an.
„Ich
weiß aber nicht, ob ich über solche Sachen überhaupt reden will!“,
sagt sie laut.
„Was
denn für Sachen, Laura?”, sie seufzt kurz laut und genervt. Ich
beobachte sie schweigend und sie scheint innerlich etwas mit sich zu
kämpfen.
„Du
hast jemandem Gewalt angetan, Melville, das habe ich gesehen. Der
Schmerz des Opfers und deine Lust stecken in deiner scheiß
Armbanduhr und ich habe sie berührt, verdammt! Und es ist ekelhaft
und pervers, wenn du mich fragst!”. Ich lächle kurz dünn, sie hat
wohl kein Gesicht gesehen, keines meiner Opfer wirklich erkannt. Ich
überlege, wann ich die Armbanduhr überhaupt trug. Bei
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