Melville
auszulassen!”
Was
willst du? Was kann ich tun?
„Du
weißt im Grunde genau, was von dir erwartet wird, Melville. Aber wir
beide wissen, dass du nicht anders kannst. Die klassische schwere
Kindheit gepaart mit einem ausgeprägten Machtbestreben... bei
einigen geht es gut und bei anderen... nun ja, du erkennst ja selber,
was du bist.“.
Was
bin ich denn? Warum bin ich am Ende immer der Dumme?
„Ich
glaube, Marlene sieht das anders, Melville.”
Ich,
ich...
„Vielleicht
bin ich auch nur dein Gewissen, das versucht dich aufzuhalten, bevor
man dich nicht mehr retten kann. Bevor du mit dem Kopf auf dem
Richtblock endest.”
Das
glaube ich nicht!
„Nein,
ich auch nicht. Du hast kein Gewissen!”
Ich
bin kein Monster!
„Der
Weg dorthin ist nicht mehr weit. Sieh dich doch an, das Tier springt
förmlich aus deinen Augen. Du kannst dir meiner Verachtung sicher
sein, Melville.“.
Ich
werde einfach nicht mehr mit dir reden!
„Ach
ja, willst du aufhören zu denken?“.
Ich versuche
innerlich alle Unternehmen des NASDAQ aufzuzählen.
Apple,
Adobe System, Automatic Data Processing, Autodesk...
„Netter
Versuch, Melville, ich kann deine hintergründigen Gedanken trotzdem
hören! Du hast Angst! Unkontrollierbare Angst vor dir selbst!“.
...Biogen
Idec, BMC Software, Broadcom...
”Wie
langweilig. Wir hören uns.“.
Ich zähle noch fünf
Minuten weiter die Namen auf, bis ich mir sicher bin, in meinem Kopf
wieder ‘ich’ zu sein... vielleicht. Ich atme laut durch und öffne
wieder die Augen. Immer noch der leere Verschlag, immer noch Marlenes
Asche und immer noch die Gewissheit, im Grunde wieder allein zu sein.
Ich
erhebe mich langsam, schließe so gut es geht die Tür und begebe
mich in mein Schlafzimmer. Ich bin mir nicht sicher, ob Liam
überhaupt noch im Haus ist, sicher sucht er sich eine andere
Möglichkeit zum Übertagen. Aus seinem Zimmer jedenfalls dringt kein
Ton.
Und
kaum bin ich oben angekommen, überkommt mich eine bleierne
Müdigkeit.
Ist
es schon so spät?
Doch
ich kann nicht anders, schwer falle ich auf das Bett, lege mein Haupt
auf das Kissen, als mich auch schon der ‚Schlaf‘ übermannt.
Ich
stehe im Wohnzimmer.
Habe
ich mich nicht gerade ins Bett gelegt?
Ich
sehe mich irritiert um, erkenne gleich meine Aktentasche auf dem Ess-
und die aktuelle Financial Times auf dem Couchtisch. Es ist, als wäre
ich gerade erst nach Hause gekommen. Da klingelt es an der Tür.
„James?”,
rufe ich, doch er ist nicht zu hören. Ich drehe mich noch einmal
kurz, das Haus begutachtend, im Kreis, da klingelt es wieder.
„Ja
doch.“, ich gehe zur Tür.
Kaum
habe ich sie geöffnet, stolpere ich nach hinten. Meine ungläubigen
Augen heften sich an sein Gesicht: Benedict! In Lebensgröße,
würdevoll und charismatisch wie er war.
„Nein,
nein, du bist tot! Das weiß ich.”. Er steht ganz ruhig da, sieht
mich an. Ich taumele weiter nach hinten, stoße an das Geländer und
da höre ich seine Stimme, ja, seine Stimme.
„Melville...”,
ich lache hysterisch.
„Nein,
verschwinde...“ und stoße mich mit den Händen an der Wand von ihm
weg. Er betritt mein Haus. Er sieht so echt aus, vielleicht...
Nein!
„Ich
muss dringend mit dir reden, Melville, nur einen kurzen Augenblick.“.
Ich schlage meine Hände vor das Gesicht, ich verstehe die Welt nicht
mehr.
„Warum...?”.
„Es
geht um dich, Melville, hörst du?”, seine Stimme dringt so sanft
an meine Ohren, dass es sich anfühlt, als würde gleich mein Kopf
zerspringen. Ich ertrage es nicht, es ist alles zu viel, viel zu
viel.
„Lehman
hat dich getötet, du kannst nicht mit mir reden!”, seine Antwort
spricht er ganz dicht und leise an mein Ohr.
„Lehman
war ein Stümper. Ich bin untergetaucht und habe die Dinge von außen
gesteuert.“.
„Nein,
das ist nicht wahr...“, ein weinerlicher Ton schwingt in meiner
Stimme mit.
„Du
hättest mich nicht einfach so verlassen. Nicht du!”.
„Ich
habe dich nie verlassen, Melville, das weißt du doch.”. Ich
versuche gar nicht erst meine Tränen aufzuhalten oder meinen
kläglichen Jammerlaut zu unterdrücken.
„Ich
bin durch die Hölle gegangen ohne dich und jetzt kommst du und
willst mir sagen, dass du nie weg warst?”.
„Melville...”,
ich öffne die Augen. Immer wenn er meinen Namen sagt, zieht sich
alles in mir zusammen, fast als müsste ich mich gleich erbrechen,
doch gleichzeitig ist es wie elektrisierend. Und mein Widerstand
bricht, meine Logik fließt dahin und ich
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