Melville
erfüllen will... noch nicht. Und
ich weiß, dass mich dieses Foltern nur weiter treibt.”. Als ich
das Wort ‘Foltern’ verwende, hebt er kurz seine Augenbrauen.
„Foltern,
schön, dass du es mal direkt benennst, Melville. Ich
dachte du hast da eine Schwäche für?”. Ich schüttele kurz etwas
müde den Kopf.
„Benedict,
bitte, ich bin keine Ausgeburt der Abartigkeit. Aber ich will ganz
ehrlich zu dir sein. Ich fühle für Menschen nicht so wie du, sicher
auch vor meiner Verwandlung schon nicht. Sie nerven mich, sie stören
mich bei der Arbeit und ihre profanen und infantilen Lebensweisen
machen mich krank!”. Er lacht etwas gehässig auf, aber lässt mich
weiter reden.
„Ich
habe nicht gelernt,
nett zu sein. Ich will mich jetzt nicht mit meiner
Kindheit rausreden, aber ich bitte dich inständig, um eine zweite
Chance. Eine Chance wieder dein Kind zu sein. Dein Vertrauen zu
gewinnen... ohne erneut dein Blut zu trinken.”. Er unterbricht
mich.
„Was
mich genau zu dem Punkt bringt. Deine Worte könnten jetzt nur davon
herrühren, dass du meinen Unwillen nicht erträgst, weil dich die
Bande dazu zwingen. Ich weiß, dass es auch meine Entscheidung war,
aber ich konnte nicht damit rechnen, dass du so früh zum Neonatus
erklärt wirst. Ich hatte auf mehrere weitere Jahre gehofft. Jahre,
in denen ich dich vielleicht umformen hätte können. Aber deine
Aussagen und dein treudummes Verhalten meinem Erzeuger gegenüber,
lassen mich an diesem Vorhaben zweifeln.”.
„Du
kennst mich doch, Benedict, meine Worte als Ghul. Mein Vertrauen, als
ich mein Leben in deine Hände legte. Ich weiß, dass mich mehr mit
dir verbindet, als diese Bande. Auch wenn sie mir das rationale
denken dir gegenüber erschweren... aber für mich bist du wie ein...
wie ein Vater. Ein Vater, den ich nie hatte.”.
„Und
was ist mit Rufus?”. Ich sehe leicht beschämt zu Boden und gestehe
ihm die Wahrheit.
„Ich
tue das alles nicht, weil ich mir erhoffe von ihm mehr
gefördert zu werden. Es ist vielmehr eine...
Dankesschuld, die ich versuche zu erfüllen.”.
„Eine
Schuld? Für was... Was hast du so frühzeitig getan, dass du ihm
schon als Küken zu Dank verpflichtet bist?”.
„Ich...”.
Er erhebt sich und beginnt zwischen den beiden Sofas hin und her zu
gehen. Er beugt die Arme hinter den Rücken und sagt
„Jetzt
spuck es schon aus, Melville. Noch bist du mein Küken, ich sollte
alles über deine Beziehungen und Geschäftsverstrickungen wissen!”.
„Ich
habe einer Frau sehr wehgetan... sie wohl eigentlich entführt
und...”.
„Hast
du sie getötet?”.
„Nein.
Aber sie musste ins Krankenhaus und er wurde über meine Tat
informiert. Er hat ihren Geist vergessen lassen und sämtliche
Beweise für meine Tat aus dem Verkehr gezogen. Und dafür hat er mir
schon als Ghul angekündigt, dass ich ihm, oder besser gesagt der
Camarilla, mit meiner gewaltbereiten Neigung zur Verfügung stehen
muss.”. Jetzt war es raus.
„Und
wann genau hat er das mit dir abgeklärt?”.
„Etwa
zwei Monate bevor du mich gezeugt hast.”. Er rauft sich durch das
Haar.
„Dazu
hatte er nicht das Recht. Du warst
mein Ghul, er hätte mich über deinen Fehltritt
informieren müssen und mir die nötigen Schritte überlassen... Was
nicht bedeutet, dass ich deine abartigen Taten gutheiße, Melville!”.
„Ich
weiß, Benedict.”, ich werde ganz leise und sage weiter
„Du
kannst mich auch gerne dafür bestrafen, Benedict. Ich würde es
verstehen, wenn du mich dafür... leiden und bluten lässt.”. Er
bleibt plötzlich in der Bewegung stehen, aber ich kann meinen Kopf
nicht heben, um ihn anzublicken.
„Ich
werde dich doch nicht körperlich dafür züchtigen, weil du andere
verletzt und misshandelst. Was wäre denn das für eine Botschaft?”.
Ich zucke nur leicht mit den Schultern. Und auch wenn ich ein
gestandener Mann bin, sechsunddreißig Jahre alt, fühle ich mich
plötzlich wieder wie zehn. Überfordert und klein, hilflos und
ungeschützt. Und dass er mich nicht schlagen will, bringt mich
eigentlich nur noch mehr zur Verzweiflung. Wie sonst kann ich mir
sicher sein, dass er mir wirklich verzeiht?
„Und
wenn ich dich darum bitte?”.
„Melville...“,
antwortet er etwas erschrocken. Er geht langsam auf mich zu, bleibt
dicht vor mir stehen und ich merke, dass er zögert. Doch er setzt
sich zu mir, aber weitere Zugeständnisse kann er mir nicht zeigen.
„Jemanden
für Fehlverhalten physisch oder auch psychisch zu misshandeln
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