Melville
ist
grundsätzlich falsch, Melville. Ich habe das nie getan und werde es
auch nie tun.”.
„Ich
fühle mich so schlecht, Benedict...“, ich muss innehalten und
meine langsam aufkeimende Verzweiflung herunterschlucken.
„.Ich
will nicht das sein,
was Rufus gerne hätte. Ich will frei entscheiden und
leben können, ohne diesen Situationen ausgesetzt zu sein. Ich weiß,
dass etwas mit mir auch anscheinend nicht stimmt... aber ich kann
mich ändern, Benedict, ich kann jemand sein, der in deinen Augen
auch Respekt und Anerkennung verdient hat. Aber wenn ich nicht mehr
dein Küken bin, dann bin ich dieser Abmachung vollkommen
ausgeliefert...“ und die ersten Tränen rollen mir vom Gesicht. Ich
beachte sie gar nicht und wische sie auch nicht verschämt weg.
„Melville,
ich...”.
„Ich
bin schlecht, Benedict, eine Gefahr, aber ich bin nicht ohne
Kontrolle. Ich bitte dich um deine Hilfe... Hilfe, um... um…”,
ich schluchze etwas lauter auf.
Es ist erbärmlich.
„Und
diese Schmerzen in der Brust, dieses Herzstechen... ich weiß genau,
woher das kommt... ich muss quälen, dem Alltag entfliehen...ich
brauche das Leid anderer, um selbst glücklich zu sein... ich
muss...”.
„Wovon
sprichst du, Melville? Beruhige dich doch erst einmal.”. Ich höre
in seiner Stimme, dass ihn mein emotionaler Ausbruch für den Moment
vollkommen überfordert, er weiß nicht, wie er damit umgehen soll.
Ich kann mich aber einfach nicht beruhigen.
„Vielleicht
ist es wirklich besser, wenn du deine Zeugung
revidierst, solange du noch kannst...”, ich bin immer
noch nicht in der Lage meinen Kopf zu heben. Tropfen um Tropfen,
färbe ich den Sitzbereich mit meinen Tränen unter mir rot, während
ich seine Hand auf meiner Schulter fühle. Deutlich muss er mein
Zittern spüren, meine Hoffnungslosigkeit.
„Melville,
hör mich an.”. Mit viel Mühe kann ich mich ein wenig
zusammenreißen und das Schluchzen ganz einstellen.
„Ich
beobachte dich jetzt schon, seit dem du als frischer
Universitätsabsolvent nach London gekommen bist. Deine
hervorragenden Noten und die Geschwindigkeit, mit der du durch dein
Leben gerannt bist, haben mich aufmerksam werden lassen. Seit sieben
Jahren habe ich dieses Zeugungsrecht schon, Jahre bevor du mich
überhaupt kennengelernt hast. Ich habe dich studiert und es tut mir
leid, dass mir dabei ein wichtiger Aspekt deiner Person wohl
entgangen ist. Sonst hätte ich mich besser darauf einstellen können,
dich vielleicht gar nicht erst mit dieser Welt konfrontiert. Aber ich
werde jetzt bestimmt nicht einfach meine Wahl revidieren. Und es gibt
immer noch Möglichkeiten, wie du aus dieser Situation herauskommen
kannst. Es ist nicht endgültig und wenn du mich darum bittest, kann
ich auch nach deiner Ernennung noch für dich da sein. Dich beraten
und unterstützen. Doch versprich mir eins, Melville...”. Ich
wische jetzt doch die Spuren in meinem Gesicht mit meinen Hemdsärmeln
fort und sehe ihn fragend an.
„Wenn
du meine Hilfe willst, dann darfst du niemanden mehr töten oder
foltern! Hast du das verstanden?”.
„Ja,
Benedict...”.
„Du
magst ein Sadist sein, aber das bedeutet nicht, dass du nicht auch
ein normales Kainitenleben führen kannst. Das Nicht-Überschreiten
einiger Grenzen musst du erlernen und dir immer wieder vor Augen
halten, dass es einfach falsch ist, andere zu quälen. Was manche
Menschen im Einvernehmen tun ist mir dabei egal, ich rede von deinen
Opfern, die sicher alle nicht mit
deinen Handlungen einverstanden waren.”. Ich nicke
zaghaft mit dem Kopf und blicke ein wenig ins Leere. Kann
ich das überhaupt? Diesem Wesen in mir entsagen?
„Wahrscheinlich
kannst du jetzt keine direkte Aussage dazu treffen... so erschüttert
wie du wirkst, scheint es ein sehr tiefsitzendes und weitreichendes
Problem zu sein. Doch du musst dich darum kümmern, Melville. Sonst
kann ich dir auch nicht wirklich helfen.”. Ich blicke zu ihm,
erkenne sein mildes Gesicht und wie viel Verständnis plötzlich in
seiner Mimik liegt.
„Ich
danke dir, Benedict. Sicher habe ich diese Zuwendung nicht
verdient... ich danke dir.”. Dann ist er es plötzlich, denn ich
würde mich nicht trauen, der seine Arme um mich legt und mich
umarmt. Dankbar erwidere ich diese Umarmung und bin froh, dass er
mich nicht von sich stoßen will.
Selbstversuch
Ich
habe nur noch einige Nächte. Wenig Zeit, um herauszufinden, ob es
mit meiner speziellen Sehnsucht nicht auch anders geht. Ich habe
Benedict gebeten, mich für
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