Melville
können.”. Er
nickt nur kurz stumm und erhebt sich dann schließlich.
„Auch
wenn es erst einen ganz anderen Eindruck gemacht hat, bin ich sehr
stolz und auch glücklich, dass mein Zögling so früh als
eigenständiges Individuum in diese Gesellschaft entlassen wird. Du
wirst deinen Weg gehen, Melville, dass weiß ich.“ und er geht auf
mich zu und öffnet seine Arme zu einer väterlichen Umarmung, die
ich nur zu gerne erwidere. Ich habe ihm so viel zu verdanken. So
viel.
Ich
betrete den Festsaal im Elysium. Reich geschmückt und erhaben
ausgeleuchtet, wirkt er fast wie ein Operngebäude zu seiner
feierlichsten Stunde. Viele Kainiten drängen sich durch den
Eingangsbereich. Mehr als ich jemals auf einem Fleck gesehen habe.
Sicher an die hundert Personen sind anwesend. Einige wirken ganz
flatterhaft und aufgeregt, andere stehen stumm abseits und
beobachten, wie ich, den Rest der Menge. Viele sind gut gekleidet und
herausgeputzt, doch manche scheinen auch ganz bewusst unpassend
gekleidet zu sein.
Da
erblicken meine Augen eine Kreatur, die mich erschauern lässt. Er
läuft, genau wie die anderen, einfach mit dem Strom, doch die
Blasen, die seine Haut wirft und die Haarbüschel, die ihm überall
aus dem Körper wachsen, sind abstoßend und verstörend. Ich fühle
Benedicts Hände auf meiner Schulter und wie er sich, hinter mir
laufend, etwas zu mir beugt und sagt
„Das
ist ein Nosferatu, keine Bange, es ist ihm gestattet im Elysium seine
Tarnung fallen zu lassen. Aber starre ihn am besten nicht so an,
damit du ihn nicht verärgerst.”. Schnell drehe ich meinen Kopf
wieder nach vorne und lasse mich weiter von Benedict zu den anderen
baldigen Neonati führen. Nosferatu,
grauenhaft.
Ich
stelle mich zu den anderen vier Anwärtern. Jeder ist ganz in ein
Gespräch mit seinem Erzeuger vertieft und auch ich bin sehr dankbar,
dass Benedict bei mir ist. Meine erste Großveranstaltung, ich fühle
mich etwas unsicher zwischen all diesen verschiedenen Clans.
Da
kommt auch schon eine Art Organisator auf uns zu und bittet uns
Noch-Küken auf die Bühne. Benedict schüttelt mir noch einmal
zwinkernd die Hand und dann sehe ich, wie er sich zu den anderen ins
Publikum setzt. Ich folge, mit leicht weichen Knien, den anderen auf
die Bühne. Auch wenn ich doch so sicher bin im Präsentieren und
Überzeugen, ist es jetzt eine wirklich aufregende Situation für
mich.
Die
Lichter im Raum werden gedimmt und das Publikum stellt folgsam
sämtliche Gespräche ein. Von der Seite der Bühne betreten vier
Personen die Auftrittsfläche und machen allesamt sehr konzentrierte
und ernste Gesichter. Ich erkenne meinen Primogen unter ihnen, Rudolf
Freiherr von Hohentannen, ein Deutscher. Ich weiß noch, wie
verwundert ich war, als mir Benedict das erste Mal seinen Namen
nannte. Er ist wohl bereits seit Ende des Ersten Weltkrieges in
England und seitdem auch nie nach Deutschland zurückgekehrt. Ich
habe ihn aber noch nie persönlich kennengelernt. Ich erkenne sein
Gesicht nur von Fotos, die Benedict mir gezeigt hat. Ein sehniger,
streng blickender Mann, die Hände meist hinter dem Rücken und
stramm in der Haltung. Ich vermutete gleich, dass er nicht nur ein
Flüchtling des Ersten Weltkrieges war, sondern vielleicht ein
britisches Mitbringsel, ein Kriegsgefangener. Doch darüber konnte
oder wollte Benedict nicht berichten.
Jedenfalls
steigt mein Primogen mit drei anderen auf die Bühne und sie alle
positionieren sich etwas abseits und blicken uns an. Ich bin der
einzige Ventrue dieser Ernennungsrunde und ich habe das Gefühl, dass
er mich besonders fixiert. Was eigentlich nicht weiter verwunderlich
ist.
Dann
tritt Mr Matherson, der Senegal der Domäne, in das Rampenlicht und
er hat einige Zettel in der Hand. Er geht in die Mitte zu einem Pult
und beginnt zu sprechen.
„Ich
freue mich, dass Sie alle so zahlreich erschienen sind. Heute ist mal
wieder eine große Nacht für unsere Gesellschaft und ich freue mich,
dass es mir heute möglich ist fünf unserer jüngsten Mitglieder in
den höheren Rang zu erheben. Unsere verehrte Prinzregentin, Ms
Youngfield, ist leider geschäftlich verhindert, also werde ich, als
Vertreter in bürokratischen Belangen, die Zeremonie abhalten.”.
Ich höre, wie ein leichtes Stimmengewirr sich im Publikum erhebt und
wohl einige der Anwesenden nicht begeistert sind, dass wir nicht von
der Prinzregentin ernannt werden. Mir ist es eigentlich gleich,
solange der Rang am Ende derselbe ist.
„Fangen
wir also an...”,
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