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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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sich eine Weile vormachen, dass sein Leben ihm gehört. Und wenn er nicht unter Beobachtung steht, kann er vielleicht klarer denken. »Okay«, sagt er. »Schalten wir sie ab.«
    Iralene stellt sich dicht vor ihn und beugt sich vor, bis er die Hitze ihres Körpers spürt. »Wenn ich einen guten Grund habe«, flüstert sie. Ihre Lippen streichen über sein Ohr.
    Den Kameras zuliebe nickt er.
    Sie greift in die Handtasche und zieht das kugelförmige Gerät heraus. Als sie den Bildschirm berührt, verabschiedet sich eine Kamera nach der anderen mit einem leisen Klicken. Seufzend hockt Partridge sich auf die Bettkante. Arvin hat ihn aufgefordert, sich mental vorzubereiten. Aber wie? Er sieht Iralene an. »Ich muss dich was fragen.«
    Sie setzt sich neben ihn und zeichnet ihm eine verschlungene Acht auf den Oberschenkel. »Alles, was du willst.«
    Partridge nimmt ihre Hand und legt sie auf ihren eigenen Oberschenkel. »Du hast gesagt, du gehörst zu den Glücklichen … was hast du damit gemeint?« Aus irgendeinem Grund haben sich ihre Worte in seinen Gedanken verhakt.
    »Dass Willux uns anhält, weil er es gut meint. Wie die Menschen, die von bestimmten Krankheiten befallen sind. Sie werden auf seinen Befehl hin angehalten, damit die Wissenschaft aufholen und eine Heilung finden kann.«
    »Von Krankheiten befallen? Was für Krankheiten?«
    »Die Leute denken, wir hätten genügend Ressourcen, um uns um die ganzen Menschen zu kümmern, die nicht aus den Therapiezentren in die Gesellschaft zurückkehren können, und um die Babys, die mit einer leichten Abweichung zur Welt kommen. Aber warum sollte man Ressourcen verschwenden, wenn man die Patienten genauso gut anhalten kann?«
    Partridge denkt an den kleinen Jarv. Liegt er in einem Krankenhaus oder irgendwo in einer eisigen Kapsel? »Wer hat dir das erzählt?«
    »Mir erzählt man überhaupt nichts. Sie reden mit mir wie mit einer Minderbemittelten, aber auf manches mache ich mir eben einen Reim.«
    »Soll das heißen, dass …«
    »Wir haben keine Nachbarn, Partridge, sondern nur Eisfächer, die Menschen vor dem Altern bewahren. Oder das Altern zumindest abbremsen.«
    Mein Gott. Weiß Glassings davon?
    »Aber es ist nur zu unserem Besten«, sagt Iralene. »Daddy hilft den Leuten.«
    »Nenn ihn nicht Daddy.«
    »Aber dein Vater ist mein Stiefvater, und eines Tages wird er auch mein Schwiegervater sein. Stimmt doch, oder?«
    »Eins nach dem anderen, okay? Erklär mir erst mal, inwiefern mein Vater den Leuten hilft.«
    »Ich bin da unten aufgewachsen, mal gefroren, mal nicht. Die Flure sind meine Heimat.«
    »Sag das nicht, Iralene. Bitte.«
    »Aber es ist die Wahrheit. Und es macht mir gar nichts aus. Ich kenne es ja nicht anders.«
    »Es tut mir leid, Iralene.« Will er sich für seinen Vater entschuldigen?
    »Schon gut. Eigentlich wollte ich dir sagen, dass ich noch andere gefunden habe. Kapseln, die anders sind, in einem Flur einen Stock unter uns.«
    »Wie, anders ?«
    »Daddys kleine Erinnerungsstücke.« Kleine Erinnerungsstücke . Das hat Partridge schon mal gehört – Ingership hat den Ausdruck kurz vor seinem Tod benutzt. Er hat gesagt, Willux hätte nichts dagegen, Bradwell zu seiner Sammlung zu stecken, zu seinen kleinen Erinnerungsstücken. »Ich glaube, dein Vater sammelt Leute, die er nicht töten, aber auch nicht am Leben lassen will. Er will sie einfach aufheben.«
    »Du gehörst nicht zu den Glücklichen, Iralene. Das ist kein Leben.«
    Sie legt die Hände an seine Wangen. »Dann rette mich aus diesem Leben. Rette mich.« Sie küsst ihn, doch er zuckt von ihren weichen Lippen zurück und hält sie behutsam an den Handgelenken fest.
    »Wir schaffen das«, sagt er. »Aber nicht, wie sie es wollen. Wir verlieben uns nicht.«
    Sie starrt ihn bloß an.
    »Ich werde mich nicht in dich verlieben, aber ich lasse dich auch nicht im Stich. Ich bringe uns da beide durch. Verstehst du das?«
    Sie nickt, doch ihre Augen blicken wie versteinert in die Ferne, durch ihn hindurch.
    Er schnappt sich ein paar überflüssige Kissen und stapelt sie in der Mitte des Betts zu einer Trennwand. »So. Du schläfst auf dieser Seite.«
    Iralene legt sich steif auf den Rücken und lässt den Kopf auf das Kissen sinken.
    »Und träum heute Nacht mal was«, sagt Partridge.
    Sie schließt die Augen. »Ich glaube, ich hab vergessen, wie das geht.«
    Als Partridge auf seine Bettseite läuft, denkt er an den kleinen Jarv, an sein steifgefrorenes Gesicht in einer Kapsel in Kindergröße.

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