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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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Hinterkopf schmerzt. Über ihm rotiert ein Deckenventilator. Er ist nicht in Glassings’ Weltgeschichtekurs. Er ist nicht in seinem Wohnheimzimmer.
    Das Gesicht eines Mädchens taucht über ihm auf. Zuerst sieht er es etwas verschwommen, dann glasklar. »Oh Gott. Du bist wach!«, sagt sie und dreht sich um. »Er ist wach!« Sie hantiert mit einem kleinen Handheld-Computer. »Ich muss deinen Vater benachrichtigen! Er wird ja so erleichtert sein.« Sie sieht ihn an und berührt ihn am Arm. » Alle werden so erleichtert sein, Partridge. Alle!«
    Er versucht, sich zu erinnern, wie er hierhergekommen ist. Hat er sich nach dem Lichtlöschen ins Mädchenwohnheim geschlichen? Aber er hat es sich immer ganz anders vorgestellt, nicht so geräumig, nicht mit solchen wallenden Vorhängen … Blinzelnd betrachtet er das Mädchen. Ohne dass er sagen könnte warum, schweben drei Worte durch seinen Kopf. Er spricht sie aus. Vielleicht weiß das Mädchen, was sie bedeuten? »Eine großartige Barbarei.«
    »Wie bitte?«, fragt das Mädchen.
    »Glassings’ Vorlesung über alte Kulturen. Er hat einen Vortrag über …« Partridge erinnert sich nur an Glassings’ Blazer.
    »Bist du nicht froh, dass du das hinter dir hast? Vorlesungen, Kurse, Lehrer … Dadurch hat so eine schlimme Verletzung auch ihr Gutes. Du bist frei!«
    »Frei?« Partridge fragt sich, was das bedeuten soll. Er würde ihr gern glauben, aber er kann nicht. Als er versucht, den Kopf zu heben, setzt der scharfe Kopfschmerz wieder ein. Er fährt sich über den Kopf – der schlimmste Schmerz sitzt tief im Gehirn unter zwei kahlrasierten Stellen am Schädelansatz. »Wo bin ich?«
    »In unserem Zuhause, Partridge. Hast du das etwa vergessen?« Sie hält die Hand hoch und wackelt mit den Fingern, um ihm einen Verlobungsring mit einem riesigen Diamanten zu zeigen. »Sie haben mich schon davor gewarnt, dass du ein paar Sachen vergessen haben könntest. Eine Amnesie durch den Schlag auf den Kopf. Aber an mich erinnert er sich ganz bestimmt, hab ich ihnen gesagt.«
    Ein Schlag auf den Kopf. Daher kommt der Schmerz also. Gedächtnisverlust. Er starrt das Mädchen an und versucht, ihr Gesicht einzuordnen. »Äh … ja, du bist …«
    »Deine Verlobte. Wir werden heiraten. Dein Vater hat uns die Wohnung spendiert. Wir haben uns auf dem Ball kennengelernt.«
    »Auf dem Herbstball?«
    »Genau!«
    »Du hast mich zum Herbstball begleitet?« Er kann sich nicht erinnern, dieses Mädchen schon mal gesehen zu haben. Er erinnert sich an Mädchen, die Gymnastik machen oder im Chor singen.
    »Na ja, eigentlich bist du mit einer anderen hingegangen, aber später am Abend hast du mich kennengelernt, und da war die andere sofort vergessen.« Sie greift nach seiner Hand, hebt sie hoch, schmiegt sie an ihre Wange.
    Da sieht er, dass sein halber kleiner Finger fehlt – er wurde über dem mittleren Gelenk abgetrennt. »Verdammt, was ist denn mit meiner Hand passiert?«
    »Ruhig, Partridge. Du sollst dich nicht aufregen.«
    »Was ist mit mir passiert?« Seine Stimme hallt laut und schrill durch seinen Kopf, wie eine ferne Radiosendung.
    »Du hast im Koma gelegen. Du bist immer mal wieder aufgewacht und wieder eingeschlafen. Jetzt ist Winter. Und bald ist Weihnachten!«
    »Hatte ich einen Unfall? Sag schon!« Er tippt den Stummel an, der von seinem kleinen Finger geblieben ist, und stellt sich vor, wie ein Messer mit einem seltsamen Knirschen durchs Fleisch fährt. Das Messer erinnert ihn an altmodische Küchen. Ist in der Gründerhalle nicht gerade eine Ausstellung des Häuslichen Lebens aufgebaut?
    »Ja. Einen schrecklichen Unfall. An die Eisbahn erinnerst du dich doch?«
    Er schüttelt den Kopf. Hinter dem Mädchen fängt der Raum an zu flimmern. Panik fährt ihm durch den Körper, doch gleichzeitig ist er todmüde. »Eine Eisbahn?« Er spürt sie fast – die Leerstelle in seinem Gedächtnis, den blinden Fleck. Doch wann immer er versucht, die Lücke genauer zu begutachten, entwischt sie aus seinem Blickfeld. »Was für eine Eisbahn?«
    »Sie hatten eine aufgebaut, in der Turnhalle. Eine gefrorene Plastikplane, nur so zum Spaß. Du und Hastings, ihr seid spätabends hingegangen, als die Halle längst geschlossen hatte. Ihr habt eure Schlittschuhe geschnürt und seid Rennen gelaufen, und dabei habt ihr euch irgendwie ineinander verhakt. Du bist gestürzt, dein Kopf ist aufs Eis aufgeschlagen, und Hastings ist aus Versehen über deinen Finger gefahren. Ein glatter Schnitt.«
    Die Leere,

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