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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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sterben, ehe sie ihren Auftrag erfüllt hat. Die Hüterin muss den Samen finden.« Jetzt ist es kein Mythos mehr und erst recht keine ausgedachte Geschichte. Jetzt ist es ein Mantra, vielleicht ein Gebet.
    Doch es ist ein dunkles, beängstigendes Gebet. Lyda schließt die Augen. Das Serum muss jeden Zentimeter der Haut, jedes Haar auf ihrem Kopf bedecken, hat die Mutter ihr erklärt. Lyda lässt sich hineingleiten, bis sie mit der Wirbelsäule gegen das Metall stößt. Unter der Oberfläche ist es still. Sie fühlt sich, als würde das Serum sie in den Armen wiegen. Selbst als ihre Lunge brennt, hält sie den Atem weiter an. Nur noch eine Sekunde Frieden , sagt sie sich. Nur noch eine Sekunde.

PARTRIDGE
Kalt
    Partridge ist abreisebereit. Er hat gepackt – die eingerollten Karten sind im Rucksack, die Spieluhr steckt in der Jackentasche, die Ampullen hat er sich mit einem Streifen seines Bettlakens fest vor den Bauch gebunden. Trotzdem erschrickt er, als frühmorgens die Tür auffliegt und staubiges Licht und ein Schwall kalter Luft in den Keller dringen.
    »Es ist Zeit!«, ruft Mutter Hestra.
    Er hat kaum geschlafen. Der Käfer hat sich eilig in eine Ecke verzogen und dort unkontrolliert gezuckt, bis er schließlich ein Rattenloch gefunden hatte, in dem er verschwinden konnte. Doch der Anblick des geschwollenen Beins hatte sich in Partridges Kopf festgesetzt. Und selbst wenn das Riesenbein nicht ständig hinter seinen Lidern pulsiert hätte – er schläft nur ungern, da er immer und immer wieder träumt, seine Mutter in der Akademie zu finden. Er entdeckt ihren blutigen, verstümmelten Körper unter der Tribüne an den Spielfeldern, in der Stille der Bibliothek oder, was am schlimmsten ist, im Labor – als müsste er sie sezieren. Jedes Mal hält er sie für tot, bis sie mit einem Auge blinzelt. Da bleibt er lieber gleich wach.
    Er geht die enge Holztreppe hinauf. Noch ein Windstoß. Dunkle, wallende Schlieren jagen über den Himmel. Die Gegend war mal ein schönes Viertel mit reihenweise cremefarbenen Häusern. Jetzt ähneln sie gebleichten Knochen.
    An der Ecke eines eingestürzten Gebäudes entdeckt er Lyda. Ihr Umhang flattert um ihre Hüfte. In der Hand hat sie einen Speer mit einem scharfen, festgeschnürten Messer als Spitze. Als sie ihn sieht, wirkt sie zunächst beinahe verängstigt, doch dann lächelt sie. Sie strahlt. Der wächserne Film des Serums lässt auch ihre Haut glänzen, und ihre blauen Augen tränen – weil sie sich freut, ihn zu sehen? Oder liegt es am Wind? Ihre Haare wachsen allmählich nach, ein zarter Flaum auf ihrem Kopf. Das kurze Haar hebt ihr hübsches Gesicht sogar noch hervor. Am liebsten würde er zu ihr rennen, sie durch die Luft wirbeln und küssen, aber das könnte Mutter Hestra als Angriff auffassen und ihrerseits attackieren. Partridge und Lyda dürfen nicht miteinander allein sein. Das war eine Bedingung der Mütter – vollständiger Schutz des Mädchens.
    Partridge lächelt und zwinkert ihr zu. Lyda zwinkert zurück. Dann läuft sie zu Mutter Hestra und verstrubbelt Syden die Haare.
    »Wir marschieren hintereinander«, sagt Mutter Hestra.
    »Kommt Illia nicht mit?«, fragt Partridge.
    »Eine Krankheit hat von der Asche in ihrer Lunge Besitz ergriffen. Sie bleibt hier. Wir hoffen auf Besserung.«
    »Hat sich schon ein Arzt um sie gekümmert?«
    »Was für einen Arzt sollen sie denn holen?«, zischt Lyda.
    »Sie ist ein weiteres Opfer der Toten«, erklärt Mutter Hestra mit einem kalten Blick auf Partridge. »Sie haben die Asche heraufbeschworen, die ihre Lunge befallen hat. Eines Tages wird sie vermutlich daran sterben. Noch ein Mord.«
    »Ich bin kein Toter«, versucht er, sich zu verteidigen. »Bei den Bombenangriffen war ich noch ein Kind. Das weißt du doch.«
    »Ein Toter ist ein Toter. Und jetzt reih dich ein.«
    Lyda geht hinter Mutter Hestra, Partridge ganz am Ende. Dadurch ist Lyda nur einen knappen Meter entfernt. Ihm wird flau im Magen. Sein Herz hämmert. »Hi«, haucht er.
    Sie schiebt die Hand hinter den Rücken und winkt ihm zu.
    »Ich hab dich vermisst«, flüstert er.
    Sie dreht sich einen Augenblick lang um und lächelt.
    »Hier wird nicht geredet!«, ruft Mutter Hestra. Wie hat sie ihn nur gehört?
    Partridge will Lyda von den Ampullen erzählen, vom Bein des Käfers, dass ihm das alles so eigenartig bekannt vorkommt. Wir brauchen einen Plan  – das will er ihr sagen. Wegen eines Plans haben sie zum ersten Mal gemeinsame Sache gemacht, damals, als

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