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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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gekommen, als wäre sie aus einem Fieber erwacht. Sie hat angefangen, Lyda Geschichten zu erzählen, eigenartige Geschichten ohne Namen und Schauplatz über eine Frau und einen Mann . Es könnten Mythen oder Erinnerungen sein, vielleicht aus ihrer eigenen Kindheit.
    Als Lyda Mutter Hestra von Illias Auferstehung berichtet hat, hat Mutter Hestra von einer Heilung gesprochen. Heilung . Lyda liebt dieses Wort. Im Therapiezentrum des Kapitols wurde es nie verwendet. Die Mütter sind anders als Lydas Mutter – sie sind heftige Persönlichkeiten, aber genauso heftig lieben sie auch. Bei ihnen hat Lyda seltsamerweise zum ersten Mal das Gefühl, wirklich beschützt zu sein, viel mehr als in der schützenden Blase des Kapitols.
    Seit dem Tag der Heilung hat sie bei jedem Bad gehofft, dass es weitergeht. Und es ist weitergegangen. Tagsüber ähnelt Illia einem abgedunkelten Licht. Tagsüber sitzt sie in ihrem abgeschiedenen Zimmer und hustet. Doch das Bad verwandelt sie.
    »Bei dir ist es heute Abend kein Wasser«, sagt Illia. Ihre Stimme klingt zögerlich und schüchtern, auch ein wenig heiser, da sie zuletzt so selten gebraucht wurde. »Es ist etwas anderes.«
    Eine der Mütter hat Lyda erklärt, dass sie vollständig untertauchen muss. »Das Serum muss jeden Zentimeter deiner Haut und jedes Haar auf deinem Kopf bedecken.« Ein sirupartiger Medizingeruch liegt in der Luft. Lyda streift ihren Umhang ab, legt ihn über eine Stuhllehne und taucht die Finger ein. Eine warme, schlierige Flüssigkeit, die sich glitschig anfühlt, aber rasch trocknet. Auf ihrer Haut bleibt ein seltsamer Film zurück.
    »Sie sagen, dass es den Menschenduft überdeckt«, erklärt Illia. »Das ist sicherer auf der Reise morgen.«
    »Ist es angenehm zum Baden?«
    »Bei mir ist es Wasser. Ich kann nicht mit. Ich will auch nicht.«
    »Ich doch auch nicht!« Ja, Lyda will Partridge wiedersehen, unbedingt, aber ihr gefällt es hier. Die Mütter haben angefangen, sie im Kämpfen und Jagen auszubilden. Ihre Muskeln haben zugelegt, sie hat ein gutes Auge fürs Zielen. Sie hat gelernt, sich anzupirschen und leise abzuwarten. Es ist gefährlich, aber zugleich seltsam beruhigend. Und wenn sie sich jetzt zum Baden auszieht, schämt sie sich nicht mehr wie früher in der Mädchenumkleide der Akademie. Jetzt fühlt sie sich wohl in ihrer Haut – ein gutes Gefühl. Sie legt ihre Kleidung zusammengefaltet auf den Stuhl, klettert über den hohen Rand in die Wanne und lässt sich in die merkwürdige Mixtur sinken.
    »Ich würde lieber hier sterben«, sagt Illia.
    »Du bist krank, aber du stirbst doch nicht.«
    Lyda will nicht über den Tod reden. Im Kapitol wurde der Tod kaum erwähnt. Schon das Wort Tod war verpönt. Als Lydas Vater erste Anzeichen einer Erkrankung zeigte, wurde er in den Quarantäneflügel des Medizinischen Zentrums eskortiert. Lyda hat ihn nie wiedergesehen. Für Krankheit und Tod musste man sich schämen. Heutzutage fragt sie sich, ob ihr Vater es wie Willux gemacht hatte – ob er sich Verbesserungen unterzogen hatte, die ihn später verzehrten. Dein Vater ist von uns gegangen , sagte ihre Mutter später. Gegangen.
    »Erzähl mir eine Geschichte!«, ruft Lyda. »Darauf freu ich mich schon den ganzen Tag.« Das ist nur die halbe Wahrheit. Die Geschichten jagen ihr auch Angst ein. Illias Erzählungen haben etwas Unheilvolles an sich – als könnten sie kein gutes Ende nehmen.
    »Heute Abend nicht.«
    »Letztes Mal hast du mir erzählt, dass die Frau als Hüterin des Wissens am Ort der Stille gearbeitet hat, und dass ein Mann zu ihr gekommen ist, der sie gebeten hat, den Samen der Wahrheit zu beschützen. Einen Samen, der in der nächsten Welt aufgehen sollte. Was ist dann passiert?«
    »Habe ich dir schon erzählt, dass die Frau sich in den Mann verliebt hat?«
    »Ja. Du hast gesagt, es hat sich angefühlt, als hätte ihr Herz getanzt.« Lyda weiß, was sie meint. So fühlt sie sich, wenn sie an Partridge denkt. Vor allem wenn sie sich vorstellt, wie er sie küsst.
    »Habe ich dir schon erzählt, dass er sie auch geliebt hat?«
    »Ja. Da hast du aufgehört. Er wollte sie heiraten.«
    Illia schüttelt den Kopf. »Er kann sie nicht heiraten.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er sterben wird.«
    »Sterben?«
    »Und sie kann nicht mit ihm sterben. Sie muss überleben. Weil sie die Hüterin des Wissens ist und den Samen der Wahrheit besitzt. Einen Samen, in dem Geheimnisse schlummern.«
    »Was für Geheimnisse?«
    »Geheimnisse, die alle retten

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