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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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fuhr. Sie wollten sich in den Mülltonnen eines Minimarkts umschauen, und Helmud hatte vorgeschlagen, die Leute abzulenken, indem er ein Lied sang. Helmud hatte nämlich eine wunderschöne Stimme. In dieser Stimme wohnt Gott , hatte ihre Mutter immer gesagt, aber damals war sie schon weg. Sie fehlte ihnen sehr.
    Und jetzt? Jetzt ist Helmud ein gottverdammter Idiot. El Capitán hat ihn jahrelang am Leben erhalten, sich und ihn. Aber das wird bald ein Ende haben – in fünf Stunden, dreiundzwanzig Minuten und fünfzehn Sekunden. Das stand zumindest auf der Anzeige, als er das letzte Mal nachgesehen hat. Schon komisch, auf die Sekunde genau zu wissen, wann man stirbt. Und wieder ist das Leben ein bisschen weniger geheimnisvoll.
    In ein paar Stunden werden sie sich davonmachen, Helmud und er. Wie Hunde, die sich zum Sterben verkriechen.
    Die Mutter bleibt stehen und winkt sie zu sich. »Die Luft ist unruhig.«
    Ein handgeschnitzter Pfeil bohrt sich zu ihren Füßen in den Boden, ein weiterer prallt von einer Betonplatte ab.
    »Kellerjungs!«, schreit die Mutter. »Rennt!«
    Kellerjungs? Was zur Hölle ist ein Kellerjunge? Und bitte , denkt El Capitán, bitte nicht rennen. Sein Bein brennt bereits wie Feuer. Verdammt. Kann gut sein, dass er das nicht schafft. Pressia reißt Wilda hoch und läuft mit ihr davon, Bradwell hält sich dicht neben ihr, und El Capitán humpelt so sehr, dass sie ihn rasch abhängen. Er spürt die Überreste von Helmuds Oberschenkeln – sie spannen sich an, als wäre El Capitán ein Pferd, das angetrieben werden muss. »Lass das, Helmud! Um Himmels willen!«
    »Himmels willen!«, wiederholt Helmud.
    Weiter vorne ist die Mutter hinter einem rostigen Wassertank in Deckung gegangen, der neben einer niedrigen Mauer umgestürzt ist. Pfeile surren durch die Luft. Die Mutter holt ein kurzes Metallrohr und eine Kiste mit dünnen Dartpfeilen hervor – wahrscheinlich Giftpfeile – und zielt auf die andere Straßenseite, auf den aufgestellten Deckel einer Mülltonne neben einem zerbröselten Haus.
    El Capitán wirft sich mit dem Rücken zum Wassertank neben sie. »Was zur Hölle ist ein Kellerjunge?« Er fasst sich an die Wade und verzieht das Gesicht.
    »Als die Bomben fielen, waren sie Teenager«, erklärt die Mutter. »Sie waren schon von der Schule zu Hause, ihre Eltern waren noch arbeiten. Sie hatten sich in den Kellern verkrochen und Videospiele gespielt, und so haben sie überlebt. Wir wollten uns um sie kümmern, doch sie legen Wert auf ihre Unabhängigkeit. Ihre Hände sind teils mit den Controllern verschmolzen. Sie haben die Ränder abgehackt, aber der Rest steckt noch in ihren Handflächen. Sie haben sich Waffen gebastelt.«
    »Aha.«
    »Sie sind blasse Heckenschützen, die sich in den Untergrund graben. Angeblich hat eine einzelne Bande eine Todesschwadron getötet und ihre Leichen geplündert, sodass sie nun schwer bewaffnet sind.«
    »Todesschwadron? Du meinst die Spezialkräfte? Nicht schlecht.« Er lächelt sie an. »Wie schade, dass wir unsere Waffen zurücklassen mussten.«
    Sie beäugt ihn misstrauisch.
    »Was soll ich sagen? Ich würde halt gerne helfen«, sagt El Capitán und macht ihr weiter schöne Augen.
    Sie gräbt in den unsichtbaren Halftern unter ihren schweren Röcken. »Weißt du, wie man ein Blasrohr benutzt?«
    »Tja, das ist eine Kunst für sich.« El Capitán hat sich mal daran versucht, in einer seiner frühen Jagdphasen. »Ich bin wahrscheinlich etwas eingerostet.«
    Die Mutter gibt ihm ein Rohr samt Munition. »Aber Vorsicht, die Spitze ist vergiftet.« Ihr Kind mustert ihn aus blauen Augen.
    »Ich bin vorsichtig.«
    »Vorsichtig!«, warnt Helmud.
    El Capitán späht über den Rand des Tanks. Auf dem Betonfundament an der anderen Straßenseite flackert ein Schatten. Als ein blasser Kopf auftaucht, nimmt er das Rohr in den Mund und bläst. Der Dart zerfetzt dem Kellerjungen das Ohr. Er fasst sich an die Schläfe, Blut rinnt ihm in den Nacken. Und schon ist er verschwunden.
    »Nicht übel«, bemerkt die Mutter.
    »Nicht übel«, wiederholt Helmud, fast wie eine Begrüßung.
    So arbeiten sie sich vor, von einem alten Whirlpool zu einer Mauer, die irgendwer aus Pflastersteinen und Bodenplatten aufgeschichtet hat, und weiter zu einem zerbeulten, halb auseinandergenommenen Minivan. Sie schießen einen Kellerjungen nach dem anderen ab, bis sie aus ihrem Revier entkommen sind. Jede einzelne Ader in El Capitáns Bein brennt wie Feuer.
    Bradwell, Pressia und das Mädchen

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