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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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sind die Geräusche von Tieren zu hören. Geheul. Ein vogelartiges Krächzen. »Ich denke, wir waren schon krank. Die Menschen starben an Superseuchen. Die Krankenhäuser waren voll. Gefängnisse wurden umgebaut, um die Kranken aufzunehmen. Das Wasser war mit Öl verseucht. Und wenn nicht das, dann gab es massenhaft Munition und Aufstände in den Städten. Die Luft war vergiftet, überall Strahlung. Wären wir uns selbst überlassen gewesen, wir hätten uns gegenseitig niedergeschossen und abgeschlachtet. Auch ohne die Explosionen wären wir immer weniger geworden, und schließlich hätten sich die letzten Überlebenden mit Keulen totgeschlagen. Also haben sie diesen Niedergang letztendlich nur beschleunigt, richtig? Das ist alles.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Nein«, erwidert Bradwell. »Wenn ich optimistischer drauf bin, denke ich, wir hätten das Blatt noch wenden können. Es gab eine Menge Leute wie meine Eltern, die für das Gute gekämpft haben. Am Ende ist ihnen die Zeit davongelaufen.«
    »Ich schätze, das könnte man Optimismus nennen.«
    »Es war nicht schlecht, von Feinden des Staates aufgezogen zu werden. Ich bin abgestumpft. Nachdem die Bomben gefallen waren, wusste ich, dass es keinen Sinn hatte, zu den Supermärkten zu rennen wie alle anderen. Ich wusste auch, dass keine Hilfe kommen würde, womit alle rechneten, worauf alle warteten. Wasser und Decken und Nahrungsmittel und erste Hilfe von der Armee. Ich hatte von meinen Eltern genug gehört, um zu wissen, dass ich niemandem trauen konnte. Dass es besser war, offiziell als tot zu gelten. Deswegen bin ich tot – und es ist gar nicht so schlecht, als Toter.«
    »Es ist schwieriger zu sterben, wenn man schon tot ist.«
    »Weißt du, was mich seitdem immer beschäftigt hat?«
    »Was?«
    »Ich fand einen Brief von Walrond zwischen den Sachen meiner Eltern. Betrunkenes Gekritzel: Die Sache ist die – sie könnten alle retten, aber sie wollen nicht . Die Worte sind mir nie aus dem Kopf gegangen. Und dann gibt es noch einen Artikel, wo ein Reporter Willux nach der Widerstandsfähigkeit des Kuppelbaus gegen Strahlung fragte. Willux antwortet, dass die Strahlenresistenz unbegrenztes Potenzial für uns alle böte.«
    »Aber so war es nicht. Nicht für alle.«
    »Dein Vater wollte die nahezu vollständige Vernichtung, damit er noch mal von vorne anfangen konnte. War es ein Rennen gegen andere, die näher dran waren als er? Oder gegen jene, die Strahlungssicherheit für alle entwickelten? War er wie der Erfinder der Rüstungen, der die Armbrust entwickelte, als alle anderen auch Rüstungen hatten – die Steigerung von Waffe, Abwehr, bessere Waffe, bessere Abwehr?«
    »Ich weiß es nicht. Er ist mir fremd geworden.« Für einen kurzen Augenblick wünscht Partridge sich, sein Vater wäre tot. Böse, denkt er. Sein Vater ist nicht einfach nur zu Bösem fähig, er hat etwas Böses getan, mit voller Absicht. Warum? »Es tut mir leid wegen deinen Eltern«, sagt er. Er blickt sich um, mustert die Zerstörung, so weit das Auge reicht. Er wankt unsicher, als er das Ausmaß der Verluste zu begreifen versucht. Dann verfängt sich sein Fuß in etwas, er stolpert.
    Als er das Gleichgewicht wiedergefunden hat, bückt er sich und findet einen metallenen Gegenstand, der aussieht wie ein überdimensionaler Dartpfeil. Bradwell kommt zu ihm und starrt auf das Ding in Partridges Hand.
    »Ist das ein Dartpfeil?«, fragt Partridge. »Ich erinnere mich an ein Spiel, bei dem mit Pfeilen auf eine Zielscheibe geworfen wurde, aber sie waren viel kleiner.«
    »Es ist ein Pfeil für Rasendarts«, sagt Bradwell.
    Partridge hört das Geräusch, bevor er etwas sieht – ein Surren, fast ein Brummen. Er stößt Bradwell zur Seite. Beide landen unsanft auf dem Boden, nach Luft ringend, als ein weiterer Dartpfeil hinter Bradwell in den Boden schlägt. Bradwell rappelt sich hoch. »Hier lang!«, ruft er. Beide rennen in Richtung eines blau-roten Haufens aus geschmolzenem Plastik und gehen dahinter in Deckung.
    In schneller Folge surren weitere Pfeile heran. Zwei der schweren Wurfgeschosse bohren sich in das Plastik auf der anderen Seite. Dann ist alles ruhig.
    Partridge späht um den Plastikhaufen herum und entdeckt eine einfache Behausung aus Steinen und noch mehr Plastik, das aus anderen Gärten herangeschleppt wurde. »Ein Haus«, sagt er. »Mit einem kleinen Zaun davor.« Partridge erinnert sich an die Jägerzäune mit kleinen aufschwingenden Törchen und an Hunde, die auf den

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