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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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hinunter in ein Tal – Ackerland, umgeben von mehr totem Land. Die Felder sind üppig – nicht gerade goldener Weizen, sondern schwerere, dunklere Pflanzen mit kleinen gelben Blüten zwischen Reihen kahler Stängel und weiteres Grünzeug mit seltsamen rötlichen Früchten. Zwischen den Pflanzenreihen bewegen sich Rekruten in grünen Uniformen. Einige rollen kleine Tanks aus Plastik vor sich her und besprühen die Pflanzen mit irgendwas. Andere scheinen Proben einzusammeln. Sie humpeln und schleppen sich dahin mit ihren entstellten, geschädigten Körpern im Licht der aschenen Sonne.
    Es gibt Wiesen, auf denen wuchtige Tiere mit zotteligem Fell und langen Schnauzen weiden. Sie sind so groß wie Kühe, aber ohne Hörner, und bewegen sich schaukelnd auf Hufen vorwärts. Hinter den Weiden erstrecken sich Treibhäuser. Die Straße windet sich zwischen alldem hindurch und führt schließlich zu einem gelben Nurdachhaus und einer roten Scheune etwas abseits der Straße, die aussieht, als wäre nie irgendetwas schiefgegangen. Der Anblick ist so erstaunlich, dass Pressia ihren Augen nicht traut.
    Sie erinnert sich an Gebäude wie diese aus den Zeitungsausschnitten, die sie bei Bradwell gesehen hat, und vielleicht auch aus ihrer eigenen frühen Kindheit.
    Ihr Großvater jedenfalls kannte noch Farmer. »Der Ackerbau ist relativ jung, wenn man die gesamte Entwicklungszeit des Homo sapiens betrachtet«, hat er ihr erzählt. »Wenn es uns gelingt, den Ackerbau wieder aufzunehmen und mehr Nahrung zu produzieren, als wir brauchen, dann können wir auch unsere alte Lebensart wiederherstellen.« Doch die Erde ist verbrannt und lebensfeindlich, das Saatgut mutiert, die Sonne immer noch von Staub und Ruß verdunkelt. Die Menschen sind besser beraten mit kleinen Fenstergärten oder Ähnlichem, mit Pflanzen aus Samen, die verträglich sind. Sie können sie im Auge behalten und nachts reinholen, damit sie nicht gestohlen werden. Außerdem jagen die meisten lieber. Die Bürde, ein Tier zu füttern und am Leben zu halten, ist viel zu viel verlangt für jemanden, der alle Hände voll zu tun hat, um sich selbst durchzubringen. Und jede Tiergeneration hat ihre eigenen neuen, genetisch bedingten Verformungen. Die eine macht dich krank, die nächste nicht. Besser, eine Hybride lebend in Augenschein zu nehmen – sich zu überzeugen, dass sie tatsächlich gesund ist – bevor man sie isst.
    »So viel Essen«, sagt Pressia. »Bekommen die Pflanzen überhaupt genug Sonne?«
    »Wir haben die genetische Codierung angepasst«, erwidert Ingership. »Wie viel Sonnenlicht braucht eine Pflanze? Können wir dieses Bedürfnis ändern? Die Treibhäuser nutzen außerdem eine Mechanik: spiegelnde Oberflächen, die das Licht umleiten, konservieren und zu den Blättern der Pflanzen lenken.«
    »Was ist mit Frischwasser?«
    »Genauso.«
    »Was sind das für Pflanzen?«
    »Hybride.«
    »Weißt du, wie viele Menschen man mit dieser Menge Lebensmittel versorgen kann?« Pressia meint es als Ausdruck ihres Staunens, doch Ingership betrachtet es als ernsthafte Frage.
    »Wäre alles essbar – wir könnten expandieren und ein Achtel der Bevölkerung ernähren.«
    »Es ist nicht essbar?«
    »Wir haben vereinzelte Erfolge. Recht magere Erfolge. Meistens Mutationen – nicht unsere absichtlich veränderten.«
    »Ein Achtel der Bevölkerung würde dieses Zeug essen, genießbar oder nicht«, sagt Pressia.
    »Oh nein, nicht ein Achtel der Unglückseligen. Ich meinte ein Achtel der Bewohner des Kapitols. Wir könnten ihre Nahrungsmittel ergänzen und sie schließlich ganz ernähren, wenn sie eines Tages zu uns nach draußen zurückkehren«, erklärt Ingership.
    Nach draußen, zu uns? Die Leute aus dem Kapitol? Ingership ist OSR. Er ist der Vorgesetzte von El Capitán. Die OSR plant, das Kapitol eines Tages zu erobern. Sie errichtet eine Armee. »Was ist mit der OSR?«, stößt Pressia verwirrt hervor.
    Ingership sieht sie an und lächelt mit einer Hälfte seines Gesichts. »Alles wird sich aufklären.«
    »Weiß El Capitán davon?«
    »Er weiß es, ohne zu wissen, dass er es weiß. Warum erzählst du ihm nicht einfach, dass ich hier draußen in einem Zelt lebe … wie die Araber in den alten Zeiten in der Wüste?«
    Sie weiß nicht, ob er einen Scherz macht oder nicht.
    »Die Araber«, wiederholt Pressia, als hätte sie die Rolle von Helmud übernommen. Sie denkt an die Hochzeitsfeier ihrer Eltern, die weißen Zelte und weißen Tischdecken und den weißen Kuchen aus

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