Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
Vom Netzwerk:
Aufregung.
    Er blickte sich um nach ihrer Einwilligung, als hoffte er, dass niemand seine Frage gehört hatte – als wollte er sie zurückziehen, sollte es anders sein. »Also gut, dann«, sagte er. »Wir treffen uns dort.«
    Und hier sind sie nun, sitzen nebeneinander an einem der die Tanzfläche säumenden Tische. Partridge sieht fantastisch aus. Seine Augen sind von einem so umwerfenden Grau, dass sie jedes Mal meint, ihr müsse das Herz zerspringen, wenn er sie nur ansieht. Trotzdem hat er sie kaum eines Blickes gewürdigt, seit sie hier sind. Von oben rieselt Musik herab, die uralten Songs von der zugelassenen Liste. Der aktuelle ist ein ebenso trauriges wie gruseliges Lied von jemandem, der jeden Schritt und jeden Atemzug einer anderen Person beobachtet. Sie wird ein bisschen paranoid, als würde sie selbst verfolgt, und ist unsicher wegen dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides.
    Partridges Mitbewohner lehnt an der gegenüberliegenden Wand und unterhält sich mit einem Mädchen. Er blickt herüber und bemerkt Partridge, der ihm zunickt. Hastings grinst dümmlich und wendet sich wieder dem Mädchen zu.
    »Hastings heißt er, nicht wahr?«, sagt Lyda. Sie versucht eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber sie hat auch nichts dagegen, Hastings zu beobachten und vielleicht damit anzudeuten, dass sie und Partridge näher zusammenrücken könnten und miteinander tuscheln.
    »Das ist ein kleines Wunder«, sagt Partridge. »Er hat keine Ahnung von Frauen, weißt du?« Lyda fragt sich, ob Partridge Ahnung von Frauen hat und seinen Charme aus einem bestimmten Grund Lyda gegenüber nicht spielen lässt.
    Weil es ein besonderer Anlass ist, gibt es statt der üblichen Nahrungspillen – Kugeln nennen die Jungen sie – Napfküchlein auf kleinen blauen Tellern. Lyda sieht Partridge dabei zu, wie er sich mit einer Gabel große Bissen in den Mund schiebt. Sie stellt sich vor, dass es sich anfühlen muss, als würde er fast am Essen ersticken. Eine Seltenheit. Lyda hingegen knabbert nur an ihrem Kuchen, genießt jeden Bissen, dehnt das Essen aus, solange es geht.
    Sie versucht wieder, eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Diesmal spricht sie über den Kunstunterricht, ihr Lieblingsfach. »Mein Drahtvogel wurde für die nächste Ausstellung in der Gründerhalle ausgewählt, wo Schüler ihre Kunstwerke zeigen dürfen. Nimmst du Kunstunterricht? Ich habe gehört, sie lassen die Jungs nicht in den Kunstunterricht, nur zu Sachen, die im richtigen Leben nützlich sind, wie Wissenschaften. Stimmt das?«
    »Ich habe Kunstgeschichte gehabt«, sagt er mürrisch. »Auch wir dürfen ein bisschen Kultur haben. Aber was nützt es uns, zu wissen, wie man einen Drahtvogel macht?« Er lehnt sich mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück.
    »Was ist los?«, fragt sie. »Habe ich etwas Falsches gesagt?« Er scheint sauer auf sie zu sein, geradezu angewidert – warum hat er sie dann überhaupt gefragt, ob sie mit ihm zum Ball geht?
    »Spielt jetzt keine Rolle mehr«, antwortet er, als hätte sie tatsächlich etwas Falsches gesagt und als wollte er sie dafür bestrafen.
    Sie stochert mit der Gabel in ihrem Kuchen. »Hör mal«, sagt sie. »Ich weiß nicht, was dein Problem ist. Wenn was nicht stimmt, dann sag es mir.«
    »Ist das dein Ding, ja? Suchst du nach den Problemen anderer Leute? Um neue Patienten für deine Mutter zu finden?« Lydas Mutter arbeitet im Therapiezentrum. Manchmal werden Schüler zu ihr geschickt, wenn sie Anpassungsprobleme haben. Hin und wieder kommt einer zurück, aber die meisten bleiben für immer verschwunden.
    Die Anschuldigung sitzt. »Ich hab keine Ahnung, warum du dich so benimmst. Ich dachte, du wärst anständig.« Sie will nicht davonstürmen, aber sie hat keine andere Wahl mehr. Sie hat ihm gesagt, dass sie ihn nicht für anständig hält. Wohin kann sie von hier aus noch? Sie wirft ihre Serviette vor sich auf den Tisch und steht auf. Dann geht sie zum Punsch, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.

PARTRIDGE
    Messer
    Partridge fühlt sich schuldig, bevor Lyda geht, ist aber erleichtert, als sie weg ist. Das ist Teil seines Plans. Er will den Schlüssel, der in ihrer Handtasche ist. Er hat sich wie ein Arschloch aufgeführt in der Hoffnung, dass sie weggehen und die Tasche vergessen würde. Ein paarmal hätte er sich fast bei ihr entschuldigt. Es war schwieriger, als er gedacht hätte. Sie ist viel hübscher als in seiner Erinnerung – die kleine spitze Nase, die Sommersprossen, die blauen

Weitere Kostenlose Bücher