Memoiren 1902 - 1945
ich nur als Erwiderung über die unsinnigen Gerüchte, die über diesen Film in letzter Zeit wieder verbreitet wurden. So las ich erst vor kurzem, Hitler habe mich beauftragt, das Negativ und sämtliche Kopien vernichten zu lassen, weil in dem Film einige Aufnahmen von Ernst Röhm enthalten sind, dem damaligen Stabschef der SA, den Hitler am 30. Juni
1934 erschießen ließ. In Wahrheit lagerten diese Dupnegative und Lavendelkopien noch nach Kriegsende in Berlin und Kitzbühel in einem Bunker. Sie sind von den Alliierten beschlagnahmt oder verschleppt worden. Das Originalnegativ, auch das vom «Triumph des Willens», ist in den letzten Tagen des Krieges bei einem Transport nach Bozen, wo es vor Bombenangriffen geschützt sein sollte, verlorengegangen. Trotz aller Bemühungen, auch von seiten der Alliierten, konnten diese Original-Negative nie mehr gefunden werden.
Als ich mir den Film im Kino ansah, war ich alles andere als glücklich. Was da auf der Leinwand ablief, war für mich nur ein unvollkommenes Stückwerk, kein Film, den Zuschauern aber schien er zu gefallen, vielleicht weil er immerhin interessanter war als die üblichen Wochenschauen. Sepp Allgeier, der die meisten Aufnahmen machte, hat gut gearbeitet, und Herbert Windt, den ich erst bei dieser Arbeit kennenlernte, hat mit seiner Musik auch diesem bescheidenen Film zu einer gewissen Wirkung verholfen. Ich jedenfalls habe mir diesen Film ein zweites Mal nicht mehr angesehen. Ich muß lächeln, wenn ich gelegentlich in der Presse lese, der Film sei mit «kolossalem» technischen Aufwand gedreht worden, und ich selbst hätte seine Vorführung nach 1945 verboten.
Eine der vielen Legenden. Aber die Partei hat für den Film eine glanzvolle Premiere veranstaltet. Am 1. Dezember 1933 war im UFAPalast die Uraufführung. Hitler und die Parteigrößen waren auch von diesem nur eine Stunde laufenden Film begeistert.
Der große Ball
W enige Tage, bevor ich Berlin verließ - ich wollte mich für einige Monate von diesem unerfreulichen Leben in die Berge zurückziehen, besuchte mich noch einmal Herr Diels. Er fragte mich, ob ich zu dem großen Ball, den Dr. Goebbels in Gemeinschaft mit Frau von Dirksen veranstaltete, eine Einladung erhalten hätte. Ich verneinte. Diels berichtete mir, es handle sich um ein großes gesellschaftliches Ereignis, zu dem viele Künstler und die schönsten Frauen Deutschlands eingeladen seien. Bei dieser Gelegenheit, meinte er, sollte Hitler eine Frau zugespielt werden, da man glaube, Hitler werde sich weniger fanatisch geben, wenn er eine Frau an seiner Seite hätte. Frau von Dirksen, so Diels, bemühe sich schon seit langem darum, ihm eine Frau zuzuspielen.
An dem Tag, an dem nun der große Ball stattfand, es war ein Sonnabend, saß ich an meinem kleinen Schreibtisch und machte Tagebuchnotizen. Ich war betroffen, keine Einladung erhalten zu haben. Ich wollte gerade zu Bett gehen, da ging das Telefon. Am Apparat ein Herr Kannenberg, der sich als Hitlers Küchenchef ausgab. Seine Frage kam mir sehr merkwürdig vor: «Sind Sie noch auf, Fräulein Riefenstahl?»
«Ja», sagte ich, ohne daß ich eigentlich hätte antworten wollen.
«Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie noch so spät zur
Reichskanzlei kommen? Der Führer weiß nichts von meinem Anruf, aber ich bin sicher, er würde sich sehr freuen, wenn Sie kommen könnten.»
Völlig überrascht sagte ich: «Ich verstehe nicht, ich denke, der Führer ist auf einem Ball?»
«Ja, das stimmt, aber der Führer hat sich im letzten Augenblick geweigert, auf den Ball zu gehen. Er war schon angezogen, die Adjutanten sind ohne ihn fortgegangen. Er ist allein zurückgeblieben, und als ich ihm vorhin etwas zu Trinken brachte, sagte er, wie schön wäre es, wenn Fräulein Riefenstahl jetzt da wäre.»
Einen Augenblick schwankte ich - mir fiel die Warnung von Udet und Diels ein, aber dann sagte ich doch: «Ich komme.» In größter Eile zog ich mich an und raste mit meinem kleinen Mercedes zur Reichskanzlei.
Als ich mit dem Fahrstuhl oben ankam, stand Hitler schon auf der Treppe und begrüßte mich. Immer wieder bedankte er sich, daß ich noch so spät gekommen sei, und dann erzählte er mir, warum er im letzten Augenblick nicht auf den Ball gegangen wäre.
«Ich hatte den Eindruck», sagte er, «daß man mich verkuppeln wollte, das war mir unerträglich.» Wir setzten uns auf zwei bequeme Sessel. Kannenberg brachte Getränke, Obst und Gebäck und
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